Gotteshaus in Stadteigentum wird Ausstellungsort

Dominikanerkirche in Münsters City wird profaniert

Seit 18 Jahren war sie Heimat der Universitätsgemeinde: die Dominikanerkirche in Münsters Fußgängerzone in der Salzstraße. Am kommenden Sonntag wird das Gotteshaus profaniert. Und erhält ein herausragendes Geschenk des Künstlers Gerhard Richter.

Anzeige

Was wurde nicht alles über die künftige Nutzung der Dominikanerkirche in Münsters Fußgängerzone spekuliert? Die einen wollten sie an private Investoren verkaufen, die anderen zum luxuriösen Wohnobjekt in zentraler Stadtlage machen, wieder andere dort das Münster-Modell aufstellen oder das Hauptwahlamt einrichten. Jetzt hat der Rat der Stadt, Eigentümerin des Gebäudes, entschieden: Die Dominikanerkirche wird Ausstellungs- und Veranstaltungsort.

Der renommierte Kölner Künstler Gerhard Richter hat ihr ein herausragendes Kunstwerk als Geschenk angeboten: das Foucaultsche Pendel. 650 000 Euro hat die Stadt im Haushaltsplan 2018 für seine Installation bereitgestellt. Für sämtliche kirchliche Aktivitäten im Gotteshaus bedeutet dies das Ende. Am 12. November, 18 Uhr, profaniert Weihbischof Stefan Zekorn die Dominikanerkirche.

 

 Bedeutende Prediger

 

Dominikanerkirche
Blick in den Innenraum der Dominikanerkirche | Foto: Christof Haverkamp

„Es ist immer schmerzlich, wenn wir eine Kirche schließen müssen. Das werden sicherlich viele der regelmäßigen Gottesdienstbesucher der Dominikanerkirche besonders empfinden“, sagt Zekorn: „In der Innenstadt von Münster gibt es allerdings viele Kirchen, sodass die kirchlichen Aktivitäten, die in der Dominikanerkirche stattgefunden haben, gut auch an anderen Orten stattfinden können.“

Die seit 43 Jahren von der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen, Gemeinden und Gemeinschaften (ACK) organisierten ökumenischen Zehn-Minuten-Andachten  wurden bereits am 29. September eingestellt. Ab dem 1. Advent wird die katholische Universitätsgemeinde, die das Gotteshaus bislang nutzte, in die St.-Ludgeri-Kirche einziehen.

Der Abschied vom alten Standort schmerzt den Leiter der Universitätsgemeinde und Rector ecclesiae (Kirchenrektor), Klaus Müller, sehr. Der Fundamentaltheologe und Religionsphilosoph hatte lange gehofft, dass die Kirche mit ihrer offenen Architektur und der die Gläubigen einbeziehenden Altarinsel seiner Gemeinde erhalten bleibt.

 

Schwebendes Verfahren

 

Einige Gottesdienstbesucher kommen sogar aus Soest und dem Ruhrgebiet, sagt Müller. „Wir haben uns in die Tradition des Predigerordens der Dominikaner gestellt.“ Bedeutende münstersche Theologen wie der Dogmatiker Peter Hünermann, der Neutestamentler Karl Kertelge und der Kirchenhistoriker Arnold Angenendt leiteten die Universitätsgemeinde und predigten hier.

Klaus MüllerDr. Klaus Müller war 18 Jahre Rektor der Dominikanerkirche. Er ist zudem Professor für Philosophische Grundfragen der Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster. | Foto: Jens Joest

Müller ist seit 18 Jahren Rektor der Dominikanerkirche. „Der vorletzten und letzten Universitätsleitung war am Erhalt der Dominikanerkirche nicht viel gelegen“, bedauert er. 2007 habe der Rektor der Universität den Vertrag mit der Stadt gekündigt. Grund seien die Baulasten nach dem verheerenden Kyrill-Sturm gewesen, bei dem die Kuppel beschädigt worden war. „Seitdem haben wir in einem schwebenden Verfahren gelebt. Weder die Universität noch die theologische Fakultät noch das Bistum Münster haben sich um eine Lösung bemüht“, zeigt sich Müller enttäuscht.

 

Kreative Nutzung

 

Auch die ACK-Vorsitzende  Annethres Schweder hatte sich für den Erhalt eingesetzt und die Dominikanerkirche „als idealen Ort für ein multireligiöses Zentrum angeregt, das der Stadt des Westfälischen Friedens gut angestanden hätte“. Schweder: „Dazu hätte man die Kirche an einen Trägerverein verkaufen können.“

Ein Blick in die Geschichte zeigt, wie wechselvoll das Schicksal der Kirche bereits in früheren Epochen war: 1346 kamen die ersten Dominikaner-Mönche von Osnabrück aus nach Münster, berichtet Rektor Müller. Doch erst 1728  wurde die Kirche im Zentrum der Stadt geweiht.

 

Wechselvolle Geschichte

 

Nachdem Napoleon 1811 sämtliche Klöster – so auch das Dominikanerkloster – aufhoben hatte, diente das Gotteshaus von 1826 bis 1880 als Landwehrmontierungsdepot, in dem Kanonen und Haubitzen repariert wurden. 1891 kaufte die Stadt das Gebäude und nutzte es als Schulkirche für ihr Ratsgymnasium. Nachdem das Gotteshaus im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt worden war, verpflichtete sich das Land NRW 1960 zum Wiederaufbau. „Als Gegenleistung wurde dem Land die mietzahlungsfreie Nutzung eingeräumt, solange die Dominikanerkirche als katholische Universitätskirche genutzt wird“, heißt es in einer Beschlussvorlage der Stadt Münster.

„Der barocke Hochaltar von 1699 stammt aus der Gaukirche in Paderborn und ist ziemlich marode“, sagt Müller. „Er gehört der Stadt“, sagt Weihbischof Zekorn. Das Schicksal des Zelebrationsaltars scheint noch offen. Die Kirche wird mit dem Foucaultschen Pendel eine neue Rolle einnehmen.

Anzeige