Früherer Bischof fordert Entschuldigung von Missbrauchsbeauftragtem

Domspatzen: Kardinal Müller kontert Vorwürfe gegen sich

Kardinal Gerhard Ludwig Müller sieht keinen Anlass für eine Entschuldigung im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Übergriffe bei den Regensburger Domspatzen.Im Gegenteil: Er fordert den Missbrauchsbeauftragten der Bundesreregierung dazu auf.

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Kardinal Gerhard Ludwig Müller sieht keinen Anlass für eine Entschuldigung im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Übergriffe bei den Regensburger Domspatzen. Er habe, nachdem 40 bis 50 Jahre nach den Untaten „nichts geschehen war“, 2010 unmittelbar nach den ersten Meldungen über Übergriffe als damaliger Bischof von Regensburg den Aufarbeitungsprozess eingeleitet, sagte Müller am Mittwoch im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hatte am Dienstag nach der Veröffentlichung des Abschlussberichts zur Aufklärung der Vorfälle gesagt, er hoffe nun, dass sich auch Müller bei den Opfern entschuldigen werde. Dies wäre für die Betroffenen ein wichtiges Zeichen.

 

Abschlussbericht nennt „Schwächen“ des Bischofs

 

Im Interview mit der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag) forderte nun Müller seinerseits Rörig auf, sich für „Falschaussagen und falsche Informationen, die verbreitet werden“, bei ihm zu entschuldigen. „Ich weise den Vorwurf der Verschleppung zurück, weil er den Tatsachen diametral widerspricht“, erklärte der Kardinal.

Laut dem Abschlussbericht des vom Bistum Regensburg beauftragten Rechtsanwalts Ulrich Weber wurden 547 Regensburger Domspatzen seit 1945 „mit hoher Plausibilität“ Opfer von Übergriffen. Zu Müller hält Webers Bericht fest, dass der damalige Bischof 2010 die Aufarbeitung initiierte, jedoch für „strategische, organisatorische und kommunikative Schwächen“ verantwortlich sei. Diese seien erst unter seinem Nachfolger Rudolf Voderholzer behoben worden.

 

Müller weist Vorhaltungen von Anwalt Weber zurück

 

In einer eigenen Pressekonferenz hatte der Regensburger Generalvikar Michael Fuchs Fehler bei der Aufarbeitung eingeräumt. Müller sagte dazu auf Nachfrage der KNA, vonseiten der Diözesanleitung sei „alles getan“ worden, „was nach dem jeweiligen Erkenntnisstand erforderlich war“.

Der „Passauer Neuen Presse“ (PNP) sagte Müller, er könne nicht akzeptieren, wenn mit dem heutigen Wissen in der Rückschau solche Vorhaltungen wie die von Anwalt Weber gemacht würden. „Im übrigen kann nicht der Bischof in eigener Person die operative und kommunikative Seite des Gesamtprozesses verantworten, die in die Zuständigkeit der dazu Beauftragen fällt“, so Müller zur KNA.

 

Zu Gespräch mit Opfern bereit

 

Unterdessen empfahl der katholische Kinderschutzexperte Hans Zollner dem Kardinal, mit Missbrauchsopfern bei den Domspatzen zu sprechen. Die Betroffenen wünschten sich in erster Linie, gehört zu werden, sagte das Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission am Mittwoch im Interview mit Radio Vatikan. Das lege er bei Fortbildungen jedem Bischof ans Herz. Der aus Regensburg stammende Theologe und Psychologe leitet das Kinderschutzzentrum der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom.

Müller sagte der PNP, er sei „zu jedem persönlichen Gespräch über diese schlimmen Erfahrungen von Menschen aus der damaligen Zeit bereit, da habe ich nicht die geringsten Schwierigkeiten“. Er sei im gleichen Alter wie viele der Opfer und habe in seiner Schulzeit auch „so manches erlebt“, darunter Ohrfeigen und Stockschläge. Sexueller Missbrauch sei allerdings noch „eine ganz andere Kategorie als pädagogische Übergriffe“. 

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