USA

Trump-Einführung: Theologen kritisieren religiöse Narrative

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Die Einführung von US-Präsident Donald Trump war voll von christlichen Narrativen und religiösen Bezügen. Warum katholische Theologen das kritisieren.

Von jjo, KNA

Der Theologe und USA-Experte Benjamin Dahlke kritisiert die religiösen Narrative bei der Amtseinführung von Präsident Donald Trump. „Als Theologe frage ich mich, wie man auf eine solche Weise vom Handeln Gottes in der Geschichte sprechen kann“, sagt der Eichstätter Dogmatiker der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Politische Entwicklungen seien umstandslos mit Gottes Handeln identifiziert worden, so Dahlke. Das sei gefährlich in einer liberalen Demokratie, die von wechselnden Mehrheiten lebe.

Trump wähnt sich von Gott gerettet

In seiner Antrittsrede lieferte Trump etwa seine Deutung des missglückten Attentats auf ihm vom Sommer. Er sei von Gott gerettet worden, „der Amerika wieder groß werden lassen wollte“. Die religiöse Dimension seiner Präsidentschaft unterstrich Trump mit einem Versprechen: „Wir werden eine Nation sein, die sich ihres Gottes erinnert.“

Der evangelikale Prediger Franklin Graham bestärkte den Präsidenten in der Sicht, ein Auserwählter zu sein. Graham sagte bei der Amtseinführung: „Sie sind der von Gott Gesandte, um diese Nation zu retten.“

Theologe: USA kein durchgehend christliches Land

Theologe Dahlke zeigt sich verwundert, dass bei der Vereidigung fast ausschließlich christliche Würdenträger zu Wort kamen. Neben mehreren katholischen Geistlichen sprach unter anderem ein Rabbiner.

„Ich hatte nicht den Eindruck, dass Muslime, Hindus und Buddhisten, von denen es immerhin auch viele gibt, angemessen berücksichtigt wurden.“ Die USA seien als christliches, auf Gott vertrauendes Land dargestellt worden – obwohl die Zahl der Religionslosen wachse.

Dahlke, Professor für Dogmatik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, veröffentlichte 2024 eine theologische Standortbestimmung der USA im Herder-Verlag.

US-Theologe: „Kriecherei“ und „Hofchristentum“

Der in den USA tätige Theologe Massimo Faggioli spricht von „Kriecherei“ der Geistlichen bei der Vereidigung. Das erinnere ihn „an Wladimir Putins Kreml und die russisch-orthodoxe Kirche“, sagt Faggioli der KNA. Der italienischstämmige Kirchenhistoriker spricht von „Götzendienst“.

„Wir sind von einem nationalen Christentum in den USA zu einem Hofchristentum übergegangen, in dem der Wille des Kaisers Gesetz ist und der Palast voller falscher Propheten“, rügt Faggioli. Die Verzweckung von Religion habe zu Trumps „kulturellem Sieg“ beigetragen.

Kritik an Gebet von Kardinal Dolan

Der Theologe kritisiert auch das Mitwirken des New Yorker Kardinals Timothy Dolan: „In seinem Gebet bat Dolan Gott, Trumps ,Bestrebungen' zu segnen, ohne zu präzisieren, wie diese Bestrebungen aus christlicher Sicht aussehen sollten.“

In einem Antrittsgebet hätte von Demut und Mitgefühl die Rede sein können: „Davon war nicht viel zu hören.“ Faggioli gehört zu den profiliertesten katholischen Theologen der USA. Er lehrt an der katholischen Privatuniversität Villanova.

Papst: Kein Platz für Hass, Diskriminierung und Ausgrenzung

Papst Franziskus schrieb Trump, er bete um „Weisheit, Kraft und Schutz“ bei der Ausübung des Präsidentenamts. Franziskus äußert die Hoffnung, dass das amerikanische Volk unter Trumps Führung „stets danach streben wird, eine gerechtere Gesellschaft aufzubauen, in der es keinen Platz für Hass, Diskriminierung oder Ausgrenzung gibt“.

In einem italienischen TV-Interview hatte der Papst Trumps Ankündigung einer Massenausweisung von Migranten scharf kritisiert. Es wäre eine „Tragödie“, wenn Trump illegale Einwanderer und Arme „die Rechnung für die ungleiche Verteilung zahlen“ lasse.

Trump vergaß die Hand auf der Bibel

Derweil vergaß Trump, bei der Vereidigung seine Hand – wie angekündigt – auf zwei Bibeln zu legen. Vorgesehen waren die Bibel des „Sklavenbefreiers“ Abraham Lincoln aus dem Jahr 1861 und sein persönliches Exemplar, ein Geschenk seiner Mutter Mary Anne MacLeod aus dem Jahr 1955. Trumps Ehefrau Melania hielt die Bibeln in der Hand.

Dass die Linke des US-Präsidenten nicht auf einer Bibel ruhte, ist in der Geschichte der inzwischen 60 Amtseinführungen ein Novum – aber auch nicht vorgeschrieben, sagte Staatsrechtler Michael Gerhardt dem Fernsehsender ABC: „Der Amtseid ist auch ohne Handauflegen auf die Bibel gültig.“ Die Verfassung sieht die Verwendung einer Bibel nicht vor.

Ergänzungen 11.15 Uhr: US-Theologe Faggioli, Papst Franziskus, Zitate von der Vereidigung, Bibeln

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