Katholische Pfadfinder fragen nach Vertuschung von Taten

DPSG startet Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in eigenen Reihen

  • Der Bundesverband der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) will sexuellen und spirituellen Missbrauch in den eigenen Reihen aufarbeiten.
  • Dazu sollen unter anderem ein externes Expertenteam beauftragt und Betroffene angehört werden.
  • Eine zentrale Frage ist: Wurde Missbrauch vertuscht?

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Auch der Bundesverband der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) will sexuellen und spirituellen Missbrauch in den eigenen Reihen aufarbeiten. Bei einem ersten Info-Treff am Samstag konnten sich Betroffene über das Vorhaben des katholischen Verbandes informieren und Rückmeldungen zu ihrer geplanten Beteiligung geben, wie die DPSG am Mittwoch in Neuss mitteilte. Ein weiteres digitales Treffen sei für den 21. Oktober vereinbart worden.

Im vergangenen Jahr hatte die DPSG-Bundesversammlung beschlossen, einen Aufarbeitungsprozess zum Thema Machtmissbrauch mit dem Fokus auf sexualisierter Gewalt und spirituellem Missbrauch zu starten. Dazu sollen unter anderem ein externes Expertenteam beauftragt und Betroffene angehört werden.

 

Ist Missbrauch vertuscht worden?

 

Bei der Aufarbeitung geht es dem Verband nach eigenen Angaben um die Frage, in welcher Kultur Machtmissbrauch stattgefunden hat und welche Strukturen dazu beigetragen haben. Auch solle geklärt werden, ob es eine Haltung gab, die Gewalt begünstigt und Kinder und Jugendliche abgewertet hat. Zudem wollen die Pfadfinder wissen, ob Missbrauch vertuscht wurde und wenn ja aus welchen Gründen.

Der DPSG gehören nach eigenen Angaben bundesweit rund 95.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene an. Der größte katholische Pfadfinderverband in Deutschland will den jungen Menschen bei gemeinsamen Abenteuern Selbstständigkeit und die Grundsätze des christlichen Glaubens vermitteln.

 

BdP will Umgang mit Missbrauch aufklären

 

Anfang September hatte auch der überkonfessionelle Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) angekündigt, den Umgang mit Missbrauch in seinen eigenen Reihen mit unabhängiger wissenschaftlicher Hilfe aufklären zu wollen. Im Fokus stehen dabei Fälle von der Gründung des Verbands im Jahr 1976 bis zum Jahr 2006. 2013 war bekannt geworden, dass auf der Burg Balduinstein, einer freien Bildungsstätte in Rheinland-Pfalz, Minderjährige über Jahre hinweg sexuell missbraucht wurden.

In den USA hatten sich die US-Pfadfinder im Juli in einem Vergleich mit Opferanwälten auf eine Entschädigung in Höhe von 850 Millionen Dollar (rund 719 Millionen Euro) geeinigt. Mehr als 84.000 Menschen hatten sich Missbrauchsklagen gegen die vor 111 Jahren gegründeten Boy Scouts of America (BSA) angeschlossen.

2012 waren Geheimakten über Missbrauch bei den US-Pfadfindern veröffentlicht worden. Darin wurden mehr als 1.000 Betreuer und Helfer der Jugendorganisation aufgeführt, die in den Jahren 1965 bis 1985 wegen Missbrauchsvorwürfen von der Gruppe ausgeschlossen worden waren.

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