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Karneval und Wohlfahrt – wie hängt das zusammen? Und was genau hat die Säkularisation damit zu tun?
„Echte Fründe stonn zesamme.“ So singen es die Höhner in ihrem Karnevals-Evergreen. Und es stimmt – die jecken Tage lassen sich in Gemeinschaft besser feiern als allein. Ob alt oder jung, reich oder arm, die Liste kann ewig weiter geführt werden. Dass im Karneval auch diejenigen bedacht werden, die Unterstützung brauchen, hat lange Tradition.
Die Kölner Roten Funken lassen beispielsweise während der Session ihre sogenannte „Kötterbüchs“ herumgehen, mit der sie für soziale Projekte sammeln. In diesem Jahr setzen sich die Funken für den Erhalt des Schull- und Veedelszöch ein. Ein weiterer Kölner Karnevalsverein hat sich eigens zur Unterstützung des Kölner Doms gegründet. Der „Domsitzung e. V.“ spendete den Erlös der diesjährigen Karnevalssitzung für ein Tastmodell des Kölner Doms für Blinde und Sehbehinderte – mit einer karnevalistischen Summe von 11.111,11 Euro.
Spenden statt Blumen am Niederrhein
Auch am Niederrhein wird gesammelt: In Goch wünscht sich das Prinzenpaar anstelle von Blumen oder Geschenken Spenden. Der Erlös der diesjährigen Session kommt den Kindern und Jugendlichen der Stadt zugute. „Die Schlossgeister“ von Münster veranstalten auf ihre Kosten gleich mehrere Seniorensitzungen, damit auch die weniger mobilen Jecken an der Session teilnehmen können.
Wie vielfältig und inklusiv Karneval sein kann, zeigen zum Beispiel die Caritas Wohn- und Werkstätten Niederrhein (CWWN), die jedes Jahr diverse Karnevalspartys veranstalten. Auch in Greven organisiert die Lebenshilfe Steinfurt mit eigenem Prinzenpaar seit einem Jahrzehnt die integrative Veranstaltung „Karneval mit Herz“.
Karneval hilft seit über 400 Jahren
Bereits im 17. Jahrhundert kam den Waisenkindern der Stadt Köln das Geld zugute, das die Jecken zahlen mussten, wenn sie gegen die Kostümierungs- und Lautstärkeregeln verstießen. Viele Klöster und Kirchen, die sich seit Jahrhunderten um die Kranken- und Armenversorgung gekümmert hatten, wurden durch Napoleons Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts aufgehoben. Um diesem Defizit entgegenzuwirken, wurde in Köln ein „Wohltätigkeitsbüro“ gegründet, das unter anderem Benefiz-Karnevalsbälle ausrichtete.
Außerdem befahlen Napoleons Truppen für jede Art von Tanzveranstaltung eine „Lustbarkeitsabgabe“, die an das Wohltätigkeitsbüro abzugeben war. Dazu kam der verpflichtende Erwerb von „Maskenkarten“, bei der jede Person, die sich verkleiden wollte, einen Teil an die Armenfürsorge abtreten musste. Diese beiden Maßnahmen blieben auch unter den Preußen in einigen Abwandlungen bis zur Wende des 20. Jahrhunderts bestehen.
Essenziell für die Armenversorgung
So kam ein nicht unerheblicher Teil jährlich für den guten Zweck zusammen. Wie sehr die Armenversorgung darauf angewiesen war, zeigt sich in Bonn, wo der Karneval bis 1843 vom preußischen König verboten worden war. In einem Brief beklagten sie, dass durch das Verbot „der Stadt im Allgemeinen mehrere tausend und den Armen insbesondere mehrere hundert Taler genommen worden wären“. Auch in Düsseldorf wurde gesammelt: Der „Klumpenverein“ spendete jeden 13. Pfennig vom Verzehr an die Armen und der „Antimusikverein“ ließ bei Veranstaltungen eine Sammelbüchse herumgehen.