Warum sich Jürgen Dartsch aus Vechta engagiert

Ein Herz für Kinder im Heim – Rumänienhilfe seit 30 Jahren

Jürgen Dartsch trägt jetzt das Bundesverdienstkreuz. Der Bundespräsident verleiht diese Auszeichnung nur an Menschen, die sich „besondere Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland“ erworben haben. Wo kann man die bei dem altgedienten KAB-Mann finden?

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Joachim Gauck hat die Urkunde unterschrieben: „für die um die Bundesrepublik  Deutsch­land erworbenen besonderen Verdienste.“ Das Bundesverdienstkreuz zu verleihen, ist Sache des Bundespräsidenten. Auch bei Jürgen Dartsch aus Vechta. Wo finden sich bei ihm „besondere Verdienste“?

Bekam er den Orden, weil er Stadtkämmerer in Vechta war und dort sorgfältig die Finanzen verwaltet hat? Sicher nicht, das war der Beruf des 75-Jährigen. Vielleicht weil er Lektor und Kommunionhelfer in der Gemeinde Maria Frieden ist, weil er dort im Pfarrgemeinderat saß und in jedem Advent hilft, die Weihnachtsbäume in der Kirche aufzustellen? Sicher nicht. Solche Aufgaben übernehmen auch viele andere Menschen in den Gemeinden.

 

Wach für Menschen in Not

 

Weil er vor 50 Jahren die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) in Vechta Maria Frieden mit gründete, dort als Vorstandsmitglied und Vertrauensmann noch heute eine Größe ist? Sicher nicht. Menschen wie ihn finden sich in den Verbänden des Bistums viele. Weil er mit einem Team der KAB das Weltnotwerk des Verbandes über Jahrzehnte mit einem Reibekuchen-Stand auf dem traditionellen Thomasmarkt in Vechta unterstützte? Da kommt man der Sache schon näher. Jürgen Dartsch hat den Blick der örtlichen KAB über die Grenzen von Pfarrei und Ortsverein gerichtet, mit dieser Aktion Geld beschafft für Menschen in Not.

Für Menschen in Not ist Jürgen Dartsch wach geblieben. Auch an einem Ort, von dem er noch nie gehört, von dem er nicht im Traum gedacht hätte, dass er dort über drei Jahrzehnte etwas Sinnvolles aufbauen würde: in Barati im Osten Rumäniens, in einem Kinderheim. Weil ihn dort die Menschen in ihrem Elend bis ins Mark erschütterten.
Die Pfarrgemeinde hatte nach der Wende in Osteuropa Kontakte geknüpft in dieses kleine Dorf; die Begleiter bei einem ersten Hilfstransport waren von den Zuständen entsetzt. Jürgen Dartsch, der kurz darauf als Fahrer und Begleiter zum ersten Mal dabei war, ging es ganz ähnlich. Das Heim war völlig verfallen, andere Waisenkinder lebten auf der Straße.

 

„Ihr müsst durchhalten“

 

Diese Not ließ Jürgen Dartsch und andere Helfer der Pfarrgemeinde nicht los, sie wollten Hilfsgüter nach Rumänien bringen. Pfarrer Richard Büssing stand hinter ihrem Vorhaben, mahnte aber: „Ihr müsst auch dabeibleiben und durchhalten.“

Jürgen Dartsch hat durchgehalten. Noch heute ist er Vorsitzender des Vereins „Kinderhilfe Rumänien“, der aus den Helfern der ersten Stunde entstanden ist. Er war inzwischen 21 mal in Rumänien, davon 18 mal als Fahrer und Begleiter von Hilfstransporten.

 

Eine Erbschaft für ein Kinderheim

 

Seit elf Jahren leitet er eine Sammelstelle im Pfarrheim, nimmt mit einem Team alle zwei Wochen Hilfsgüter an, sortiert, packt. Vor kurzem hat er diese Aufgabe aus Gesundheitsgründen abgegeben.

Das Elend der Waisenkinder von Barati ließ Richard Büssing und seine Gemeinde nicht los. Geld aus einer Erbschaft machte ein großes Projekt möglich: den Bau eines Kinderheims, um den Waisen ein Zuhause zu geben. Undenkbar ohne den Einsatz von Jürgen Dartsch und seinem Team.

 

140.000 Euro Spenden

 

Ein Beispiel? Sie bauten in einer Grundschule in Vechta die alte Heizung aus, packten sie auf Transporter und brachten sie zur Baufirma in Rumänien.

Dartsch warb aber auch um Spenden, als sich beim Bau eine Finanzlücke auftat: 140.000 Euro kamen zusammen. Noch heute sitzen Vertreter der Gemeinde Maria Frieden in der rumänischen Stiftung, die das Heim unterhält, neben dem örtlichen Bischof und der Provinzoberin der Schwestern, die in dem Heim arbeiten.

 

13.000 Euro Hilfe pro Jahr

 

„Die Hilfen von Staat und Kirche in Rumänien decken nicht alle laufenden Kosten“, berichtet Dartsch. Gut drei Fünftel tragen heute noch die Helfer aus Vechta, zurzeit rund 13.000 Euro im Jahr. „Das Heim braucht also weiter Spenden.“

Auch für eine Arbeit, die in die Zukunft weist: Die Kinder werden bei den Hausaufgaben besonders betreut, erreichen deshalb gute Schulnoten, bleiben dann bis zum Ende der Berufsausbildung im Heim.

 

„Unser Verein wächst“

 

Lernen können sie zum Beispiel in der hauseigenen Tischlerei, die Fenster herstellt. Eine große Chance in dieser Region mit hoher Arbeitslosigkeit, findet der KAB-Mann.
Auf eines hat Jürgen Dartsch über die Jahre geachtet: auf Nachwuchs. Er wusste, die begeisterten Helfer der ersten Stunde würden in die Jahre kommen. Deshalb hat er immer für seine Herzenssache geworben. Mit Erfolg. „Unser Verein wächst“, sagt er. „Um den ist mir nicht bange. 70 aktive Mitglieder haben wir jetzt.“

Das Bundesverdienstkreuz gibt es in neun Stufen; die höchste ist Staatsoberhäuptern und Diplomaten vorbehalten. Man könnte sich fragen, wo deren besondere Verdienste liegen. Bei Jürgen Dartsch nicht – auch wenn er die niedrigste Stufe erhalten hat.

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