Studentin aus Münster half Straßenkindern in Santa Cruz

Ein Jahr als Don Bosco-Volunteer in Bolivien

Maite Görtz Lizarraga hat ein Jahr als Don Bosco Volunteer in Bolivien gelebt. In einer Einrichtung der Salesianer in Santa Cruz hat sie sich um Straßenkinder gekümmert, die als Schreiner, Schlosser oder Koch ausgebildet werden. Ihnen wollte sie  ein Zuhause geben.

 

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Sie ist selbstbewusst. Und sehr freundlich. Mit einem Lächeln auf den Lippen trägt Maite Görtz Lizarraga ihre Erinnerungen aus ihrer Zeit als Volunteer in Bolivien vor. Die 21-jährige Frau sucht den Kontakt zu den Menschen, die in Bonn ihrem Vortrag lauschen. Sie möchte eine Botschaft vermitteln. Nämlich: dass sich Zuwendung und Empathie für die Straßenkinder in der so genannten Dritten Welt lohnen.

Viel mehr noch, dass die Kinder dort diese Zuwendung brauchen wie das tägliche Brot und dass sie selbst durch ihren Einsatz als Volunteer unglaublich viel Kraft und Wertschätzung erfahren hat. Nach diesem einen Jahr bringt sie ihre Erfahrung auf den Punkt, wenn sie sagt: „Heute ist meine Stärke Mitmenschlichkeit.“

 

Die Sprache war keine Hürde

 

Die junge Frau, heute Studentin in Münster, erzählt von dem 17-jährigen Patenkind, zu dem sie während ihres Jahres Kontakt aufgebaut hat. Sie hat ihn zurücklassen müssen. Wissend, dass er sie vermisst. Denn Maite Görtz Lizarragra hat ihren Teil dazu beigetragen, dass er in dem Zentrum der Salesianer Don Boscos in Santa Cruz ein neues Zuhause fand. Ein Zuhause, dem jetzt Wärme und Zuwendung fehlen. Sie schreiben sich gelegentlich. Weil ihre Mutter aus Spanierin stammt, ist die Sprache für sie keine Hürde.

 

 Feuer und Begeisterung entfacht

 

Schon in ihrer Schulzeit in Bonn engagiert sich Lizarraga in sozialen Projekten. In einem Flüchtlingsheim kümmert sie sich um Kinder und hilft in einer Spielgruppe mit. Eine Bekannte erzählt ihr in dieser Zeit von einem Don Bosco Projekt in Malawi. Sie fängt Feuer und bewirbt sich für ein Auswahlseminar. „Der Geist dieser Gemeinschaft hat mich vereinnahmt“, erinnert sie sich. „Die Fröhlichkeit und das Bemühen, dass alles zum Wohl für die Kinder ist, begeistert mich.“

Die religiöse Bindung dieser Gemeinschaft kommt Lizarraga entgegen. „Ich bin von Hause aus katholisch“, erzählt sie. „Gerade was die spanische Seite betrifft“, ergänzt sie. Die Oma aus Spanien habe einen sehr festen Glauben besessen. „Das habe ich immer bewundert.“ Ihr Bruder ist ein Jahr zuvor in Bolivien gewesen und hat sie auf das südamerikanische Land vorbereitet. „Das hat mir geholfen und den Weg geebnet. Ich wusste, was auf mich zukommt.“

 

Dem Teufelskreis entronnen

 

Lizarraga bekommt die Zuteilung für die Einrichtung in Santa Cruz. Dort arbeitet sie in einem Zentrum für Straßenkinder. Eine Einrichtung, die aus sieben Häusern besteht. Untergebracht sind dort Jungen im Alter von 6 bis 16 Jahren. Es sind Waisen- und Straßenkinder. Aus Armut sind sie von den Familien ausgestoßen, wegen des Drogenhandels leben sie auf der Straße, und oft sind sie in kriminelle Machenschaften verstrickt. Die Jugendlichen, die in diesem Don Bosco-Zentrum aufgenommen werden, haben das goldene Los gezogen.

Hier werden sie als Schreiner, Schlosser oder Koch ausgebildet. In diesem Heim erhalten sie außerdem ein schulische Ausbildung. Wer sich hier bewährt, kann den Teufelskreis aus Armut, Drogen und fehlender Ausbildung hinter sich lassen.

 

Fußball ging immer

 

Maite übernimmt die Hausaufgabenbetreung. Vor allem die Nachhilfe in Englisch ist wichtig. Neben der Bildung und Ausbildung sollen die Jungen auch wie in einem  Zuhause leben. Soweit das ohne Eltern eben geht. „Unser Ziel war es, die Jungen in die Familien zu reintegrieren. Wir wollten sie auf keinen Fall von den Familien trennen. Wo immer es ging, haben wir mit den Familien zusammengearbeitet“, berichtet Lizarraga.

Neben der Hausaufgabenbetreuung war es die Aufgabe der jungen Frau, die Freizeit der Jungen zu gestalten. „Fußball ging immer“, sagt sie und lacht. „Im Grunde genommen war ich Mädchen für alles.“ In der Gruppe hatte auch das religiöse Leben einen zentralen Platz. „In den Gottesdiensten war es sehr laut. Es wurde getanzt und lebhaft gesungen. Die Kirche war total erfüllt von der Begeisterung“ erinnert sie sich. „Hier lebt der Glaube.“ Diese Erfahrung hat auch ihren Glauben gestärkt. „Es macht mir Mut, auch hier in Deutschland mich aktiv in der Kirche zu beteiligen und die Liturgie lebendiger zu gestalten.“

 

Kreuz und Gute-Nacht-Kuss

 

In den Gruppen wird abends auch gebetet. „Unser Highlight war, die Kleineren ins Bett zu bringen“, erzählt sie. „Zuerst haben wir ein Gebet gesprochen, dann eine Geschichte vorgelesen und anschließend gab es einen Gute-Nacht-Kuss.“ Zum Schluss hat sie den kleinen Jungen ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet. Einer der Jungen gab auch ihr ein Kreuz auf die Stirn. „Ich möchte ja nicht, dass dir etwas passiert“, meinte er. Manche Gespräche mit den älteren Jungen sind ihr in Erinnerung geblieben. „Oft haben sie ihre Lebensgeschichte in kleinen Etappen erzählt“, sagt Lizarraga. Geschichten, in denen Gewalt und Lieblosigkeit das Leben der Jungen prägten.

„Mein Patenkind hat mich trotz seiner Verletzungen ermuntert, mein Leben auf die Reihe zu bekommen“, schildert sie. „Ich habe mich dann gewundert“, sagt sie. Der junge Mann hat ihr klar gemacht, dass sie alle Voraussetzungen für ein gelingendes Leben in sich trage. „Du kannst eigentlich alles“, hat er ihr gesagt. „Wenn ich nur an deiner Stelle stände.“ Dieser Satz begleitet sie bis heute. Es beeindruckt sie, dass ein Junge der viel Leid erlebt hat, sie ermuntert, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen.

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