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Sie war eine mit Prinzipien. Dinge, denen sie selbstbewusst treu blieb, weil sie diese aus ihrem tiefen, franziskanische geprägten Glauben tat. Ihr Einsatz für Arme, Kranke und Obdachlose im brasilianischen Salvador war kein leichter Weg, auch innerhalb ihres Ordens der Missionsschwestern der Unbefleckten Empfängnis der Mutter Gottes. Der standhafte soziale Einsatz der zierlichen Frau im weiß-blauen Habit aber hat Ausstrahlung bis in die heutige Zeit. Er ist ein Grund warum sie am Sonntag gemeinsam mit Kardinal John Henry Newman in Rom heiliggesprochen wird.
„Eigentlich war sie unter uns Schwester zu ihren Lebzeiten gar nicht so bekannt“, sagt Schwester Andrea, die im Lourdeskloster in Münster lebt. Sie selbst hat sie nie persönlich kennengelernt. Doch auch ihre verstorbenen Mitschwestern, die zum Teil mit Schwester Dulce in Brasilien zusammengelebt hatten, berichteten zwar von einer besonders engagierten Ordensfrau. „Aber nicht von jemandem, der aus der Gemeinschaft herausragte.“
Erste Schwester des Ordens stammte aus Ahlen
Die Ordensgemeinschaft hat ihre Wurzeln im Bistum Münster. Der in Bartmannsholte im Oldenburger Land geborene Bischof Amandus Bahlmann suchte 1910 für die Gründung einer sozial tägigen Kongregation in seiner Mission in Brasilien eine Ordensfrau. Er fand sie in der aus Ahlen stammenden Lehrerin Elisabeth Tombrock, die nach ihrer Heilung in Lourdes Ordensschwester werden wollte. Nachdem sie im Klarissenkloster in Münster ausgebildet worden war, baute sie als Schwester Immaculata die Gemeinschaft in Brasilien auf.
Der Orden wuchs schnell. Und unter den Novizinnen des Jahres 1933 war auch die 19-jährige Maria Rita de Souza Brito Lopes Pontes, die ein Jahr später als Schwester Dulce ihre Gelübde ablegte.
„Engel von Bahia“
Für die junge Brasilianerin wirkte dies wie ein logischer Schritt. Denn schon als Schulkind setzte sie sich neben ihrer Fußball-Leidenschaft mit großem Eifer für arme Menschen ein. In einem kleinen Gebäude neben dem Elternhaus hatte sie einen medizinischen Notdienst für Arme eingerichtet, wo sie Verbände anlegte und gespendete Medikamente verteilte.
Jetzt, als Ordensfrau, ging Schwester Dulce diesen Weg weiter. Er brachte ihr letztlich den Namen „Engel von Bahia“ ein. Denn ihre Leidenschaft für den sozialen Einsatz wuchs.
Schwester Dulce eckte auch bei Bischöfen an
Ob sie Kinder von den Müllhalden holte, Drogenkranke von der Straße oder Familien aus dramatischen Verhältnissen – für sie stand das Engagement für Unterdrückte und Arme immer im Mittelpunkt. Sie tat das in einer solchen Intensität, dass sie durchaus auch innerhalb der Kirche aneckte. So kritisierte einmal ein Bischof, er halte es für unschicklich, dass sie ärmlich bekleideten Fabrikarbeitern in kurzen Hosen Katechismus-Unterricht erteilte.
Schwester Dulce ging ihren Weg unbeirrt weiter. Sie zog in die Nähe der Armenviertel und initiierte eine Vielzahl von Angeboten für alle Notsituationen der Menschen dort. Dabei spielte auch die Katechese eine wichtige Rolle, in der Gefängnisseelsorge genauso wie in der Erstkommunion-Vorbereitung.
Großes Krankenhaus
Die nationale und internationale Unterstützung ihres Engagements wuchs in den 1940er Jahren stark, sodass sie die Infrastruktur ihrer Hilfen ausbauen konnte. In dieser Zeit entstand innerhalb ihres Sozialwerkes auch das Hospital Santo Antonio. Damals schon das größte Krankenhaus im gesamten Nordosten Brasilien, hat es auch heute über 1.000 Betten.
Die Kongregation aber machte sich Gedanken, wie sie die entstandenen Institutionen finanziell stemmen sollte. Auch der steigende Einsatz der Mitschwestern in dem wachsenden Soziawerk wurde diskutiert.
Exklaustration von 1965 bis 1975
Schwester Dulce weigerte sich jedoch unter anderem standhaft dagegen, dass für die strenge Tagesordnung der Missionsschwestern der soziale Einsatz vernachlässigt werden sollte. Diese Spannung endete schließlich in der so genannten Exklaustration – einer Zeit, in der die Schwester zwar Mitglied der Kongregation blieb, aber von vielen Verpflichtungen im Orden entbunden war. Für Schwester Dulce galt das von 1965 bis 1975. Ihren Mitschwestern und den Ordensprinzipien kehrte sie aber all die Jahre nicht den Rücken.
Trotzdem blieb die Wahrnehmung ihres Engagements zwiespältig, erinnert sich Schwester Andrea im Lourdeskloster in Münster. „Mit ihrer eigenwilligen Art war sie aus der Kongregation ein wenig ausgeschert.“ Der große Stolz innerhalb des Ordens auf ihr Werk kam erst nach dem Tod von Schwester Dulce im Jahr 1992 an die Oberfläche. „Sie selbst hätte das vorher aber auch nicht gewollt.“