Vorgänger als Oberhaupt der katholischen Kirche beigesetzt

Einfach berührend: Papst Franziskus feiert Requiem für Papst Benedikt XVI.

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Fünf Tage nach seinem Tod an Silvester 2022 ist Papst Benedikt XVI. heute Morgen in den Grotten des Petersdoms beigesetzt worden. Vorangegangen war ein von seinem Nachfolger Papst Franziskus auf dem Petersplatz zelebriertes Requiem. Eindrücke einer schlichten, aber auch berührenden und nicht zuletzt historischen Feier.

"Feierlich, aber einfach" sollte die Totenmesse für Papst Benedikt XVI. sein. So hatte es der Vatikan angekündigt, so habe es sich der frühere Papst gewünscht. Und genau so war das knapp anderthalbstündige Requiem, das Papst Franziskus am Morgen auf dem Petersplatz in Rom gefeiert hat. Ein Papst, der seinen Vorgänger beerdigt - ein historisches Ereignis, bei dem denn auch manche Elemente und Riten verändert oder weggelassen wurden, die bei einem Requiem für einen im Amt verstorbenen Papst üblich sind.

Mit rund 130.000 Gläubigen hat der Vatikan gerechnet, der Platz war gut gefüllt, aber nicht voll besetzt. Offiziellen Angaben zufolge sind 50.000 Menschen gekommen. Offizielle Delegationen waren nur aus Italien und aus Deutschland eingeladen. Die gesamte Staatsspitze aus Bundespräsident, Bundeskanzler, Bundestags-, Bundesrats- und Bundesverfassungsgerichtspräsident sowie der bayerische Ministerpräsident nahmen am Requiem für den ersten deutschen Papst seit 482 Jahren teil. Franziskus hatte sie zuvor persönlich empfangen, wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier berichtete.

Applaus für den Verstorbenen

Darüber hinaus haben Vertreter der katholischen Kirche in Deutschland konzelebriert: der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, die Kardinäle Reinhard Marx (München) und Rainer Maria Woelki (Köln) sowie Stefan Oster (Passau) und Rudolf Voderholzer (Regensburg) als "Heimatbischöfe" Benedikts. Auch Bischof Felix Genn aus Münster war zum Requiem nach Rom gereist.

Dichter Nebel lag vor Beginn der Liturgie über dem Vatikan, sodass die Kuppel des Petersdoms gänzlich verhüllt war. Zur Feier lichtet sich der Dunst. Eine halbe Stunde vor Beginn des Requiems wird der Sarg mit dem Leichnam Benedikts XVI. aus der Petersbasilika auf ein Podest vor der Altarinsel herausgetragen, Menschen applaudieren. Der Sarg wird begleitet von Erzbischof Georg Gänswein, dem langjährigen Privatsekretär des Verstorbenen. Er legt ein geöffnetes Evangelienbuch auf den Sarg und küsst ihn zum Abschied.

Ohne Pallium und Ferula

Nachdem der Leichnam Benedikts drei Tage lang in der Basilika aufgebahrt war und sich rund 200.000 Gläubige vom verstorbenen Papst verabschiedet hatten, wurde der Sarg am Vorabend des Requiems verschlossen. Anders als im Fall eines im Amt verstorbenen Papstes trug Benedikt weder das Pallium, ein wollenes, weißes Band mit sechs gestickten Kreuzen, noch die Ferula, den Kreuzstab - beides Amtszeichen eines Papstes.

Dem Sarg - genauer gesagt drei ineinander verschachtelten Särgen, zwei aus Holz und einem aus Zink - wurden Münzen aus seiner Amtszeit, seine erzbischöflichen Pallien von München und Rom und das sogenannte Rogitum in einer Metallkapsel beigegeben. Auf dieser Urkunde in lateinischer Sprache stehen seine ausführlichen Lebensdaten.

Kardinaldekan Re vertritt Franziskus am Altar

Am nächsten Morgen: Papst Franziskus wird im Rollstuhl auf die Altarinsel des Petersplatzes gefahren und mit einem roten Chormantel und einer weißen Mitra bekleidet. Er leitet die Liturgie offiziell, eröffnet sie und predigt; weil Franziskus Schwierigkeiten mit dem Stehen hat, übernimmt ab dem Hochgebet der 88-jährige Giovanni Battista Re, seit 2020 Kardinaldekan und damit Vorsteher des Kardinalskollegiums.

Beim Requiem 2005 für Papst Johannes Paul II. hatte Joseph Ratzinger dieses Amt inne und stand der Liturgie vollständig vor. Anschließend leitete er als Kardinaldekan die Papstwahl, aus der er selber als Benedikt XVI. hervorging. Ein solches Konklave gibt es nun natürlich genauso wenig wie die protokollarisch vorgesehenen Trauergottesdienste in Roms Basiliken für den verstorbenen Bischof von Rom.

Gewänder in päpstlichem Rot

Zahlreiche Kardinäle, Bischöfe und mehrere tausend Priester konzelebrieren an diesem Morgen bei der Totenmesse für Benedikt XVI.. Sie alle tragen nicht etwa schwarze, weiße oder violette liturgische Kleidung, wie landläufig bei einem Requiem üblich, sondern rote. Rot symbolisiert nicht nur das Blutzeugnis für das Evangelium, sondern ist die Farbe der Päpste: Purpur war im Mittelalter die teuerste Farbe, sie kam allein dem Papst zu.

Franziskus eröffnet die Feier auf Latein. Tages-, Gaben- und Schlussgebet stammten nicht aus den Vorlagen für ein Papst-Requiem, sondern wurden eigens gestaltet. Nach den von zwei Frauen vorgetragenen Lesungen aus dem Buch Jesaja in spanischer Sprache und aus dem ersten Petrusbrief auf Englisch verkündet ein Diakon das Evangelium nach Lukas, singend auf Italienisch: der Wortwechsel der Schächer am Kreuz mit Jesus und dessen Verheißung an einen von ihnen, "heute noch wirst du mit mir im Paradies sein". Und schließlich seine letzten Worte: "In deine Hände lege ich meinen Geist."

Franziskus: Verwundete Hände der Liebe

Um diese Hände Gottes, "Hände der Heilung, des Mitgefühls, der Barmherzigkeit, der Salbung und des Segens", webt sich die kurze, einfache und innige Predigt von Papst Franziskus. Er spricht von der Hingabe Jesu an die Menschen, greifbar etwa in der Begegnung des Auferstandenen mit dem "ungläubigen" Apostel Thomas: "Verwundete Hände, die sich uns entgegenstrecken, damit wir Gottes Liebe zu uns erkennen und an sie glauben".

Franziskus erinnert an Benedikts Gottvertrauen, seine Hingabe im Gebet und die Liebe zum Evangelium. Er erwähnt zudem die Mühen des Papsttums, die schwierigen Aufgaben, denen sich "ein Hirte" stellen müsse - "zwischen Kreuzungspunkten und Widersprüchen".

"Ermüdende Last"

Gottvertrauen aber bringe die Sanftmut hervor, "die fähig ist zu verstehen, anzunehmen, zu hoffen und alles zu wagen" - auch über das Unverständnis, das dies hervorrufen könne, hinaus. Es lasse den Hirten verstehen, was zu tun ist, und passe sein Herz und seine Entscheidungen den Zeiten Gottes an. In seiner Predigt zitiert der Papst vielfach aus den Lesungstexten des Gottesdienstes und bezieht deren Aussagen eher indirekt auf seinen Vorgänger.

Franziskus hebt zudem "die ermüdende Last" hervor, die auf den Schultern desjenigen liege, der für andere eintritt. Auch spricht er von der "Zermürbung der Salbung" eines kirchlichen Hirten, "vor allem dort, wo das Gute zu kämpfen hat und die Brüder und Schwestern in ihrer Würde bedroht werden".

"Treuer Freund des Bräutigams"

Schließlich erwähnt Franziskus die Rolle der Gläubigen, die einem Papst anvertraut seien. Sie begleiteten sein Leben und vertrauten es anschließend Gott an. Er ruft sie dazu auf, Benedikt mit Dankbarkeit und Hoffnung noch einmal jene Liebe zu erweisen, die nicht vergehe.

"Wir wollen dies mit derselben Salbung und Weisheit, mit demselben Feingefühl und derselben Hingabe tun, die er uns im Laufe der Jahre zu schenken wusste", so Franziskus. "Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du seine Stimme endgültig und für immer hörst!"

Allerheiligenlitanei entfällt

Die erste der sich anschließenden Fürbitten ist das einzige Element auf Deutsch in der Feier. Eine Frau betet: "Möge der ewige Hirte Benedikt XVI. in sein Reich des Lichtes und des Friedens aufnehmen."

Nach der Kommunion spricht Franziskus das Schlussgebet, das in die einfache Segnung des Sarges mündet. Kardinal Re besprengt ihn mit Weihwasser, inzensiert ihn mit Weihrauch. Dazu singt der Chor auf Latein: "Ich weiß, dass mein Erlöser lebt." Die beim Requiem für einen amtierenden Papst übliche Allerheiligenlitanei entfällt. Franziskus spricht ein weiteres Gebet, in dem er Benedikt XVI. Gott anvertraut. Alle antworten mit dem Gesang "In Paradisum": "Zum Paradies mögen Engel dich geleiten."

Franziskus berührt den Sarg

Während sich zwölf Träger am Sarg aufstellen, sind vom Petersplatz einzelne Rufe "Santo subito" ("Sofort heilig!") zu hören, auch ein Banner mit dieser Aufschrift ist zu sehen, ebenso Fahnen mit den bayerischen weiß-blauen Rauten sowie in den deutschen Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold und eine mit der Aufschrift "Danke, Papst Benedikt".

Die konzelebrierenden Kardinäle und Bischöfe formieren sich zur Prozession in den Petersdom. Papst Franziskus steht in schlichter weißer Soutane und gestützt auf einen Gehstock vor der massigen Fassade des Petersdoms, erwartet den Sarg noch einmal, berührt ihn sanft mit einer Hand, segnet den Verstorbenen, verneigt sich. Die Menschen applaudieren, viele sichtlich gerührt.

Beisetzung ohne Öffentlichkeit

Schließlich entschwindet der Sarg den Blicken der Menschen hinter einem schweren roten Samtvorhang am Eingang der Petersbasilika. Dort wird er unter Ausschluss der Öffentlichkeit in den Grotten beigesetzt - in jenem Grab, in dem zuvor bereits die Päpste Johannes Paul II. (1978-2005) und Johannes XXIII. (1958-1963) bestattet waren. Nach ihrer Seligsprechung 2000 (Johannes XXIII.) und 2011 (Johannes Paul II.) wurden sie jedoch in die Basilika überführt.

In Deutschland wurde zur Zeit der Grablegung Benedikts XVI. die Totenglocke in allen katholischen Kirchen geläutet. Ein zentrales, nationales Requiem für den verstorbenen Papst aus Deutschland wird es zwar nicht geben, wohl aber mehrere in den Bischofskirchen. In Münster etwa feiert Bischof Felix Genn am Sonntag, 8. Januar, 10 Uhr, das Kapitelsamt im Paulusdom im Gedenken an Papst Benedikt XVI..

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