Fuldas Bischof Michael Gerber: Tat verstört zutiefst

Elf Tote in Hanau – Kirchen offen für Trostsuchende

Angesichts des Gewaltverbrechens in Hanau mit elf Toten haben die Kirchen in der Stadt ihre Pforten für Trostsuchende geöffnet. Das Bistum Limburg betet für Betroffenen. Der mutmaßliche Täter wurde tot in seiner Wohnung gefunden.

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Nach den mutmaßlich rechtsextremistischen Gewalttaten mit elf Toten in der hessischen Stadt Hanau nimmt die katholische Gemeinde dort vermehrt Seelsorgegespräche wahr. „Wir haben uns von den pastoralen Mitarbeitern heute Zeit genommen für die Menschen“, sagte der Pfarrer der Gemeinde St. Elisabeth, Dechant Andreas Weber, dem Internetportal "domradio.de". „Die Stimmung ist ruhig, sehr gesammelt, aber auch sehr betroffen“, erklärte er. „Man spürt auch ein Stück Angst, dass nichts mehr weiter passiert.“ In den Gottesdiensten sollen die Vorfälle thematisiert werden. Gemeinsam mit anderen Religionsvertretern plant die Gemeinde außerdem eine Mahnwache.

Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Hanau hat für Freitag zu einem Gedenkgottesdienst für die Opfer der Terroranschlages eingeladen. Der Gottesdienst werde um 18 Uhr in der Freien Evangelische Gemeinde stattfinden, teilte das Bistum Fulda mit.

 

Fuldas Bischof Michael Gerber "zutiefst verstört"

 

Der zuständige Bischof von Fulda, Michael Gerber, zeigte sich erschüttert. In einer ersten Stellungnahme schrieb er: „Was wir aktuell an Informationen bezüglich der Hintergründe dieser Tat erfahren, verstört uns zutiefst. Unsere Solidarität gilt den Verletzten und den Hinterbliebenen der Toten sowie allen Ersthelfern und Einsatzkräften, die an der Aufarbeitung und Aufklärung der Tat beteiligt sind. In den Gebeten in unseren Gemeinden haben sie einen festen Platz.“ Alle Gemeinden im Bistum Fulda sollen in die Sonntagsgottesdienste ein Gebetsgedenken an die Opfer von Hanau einbinden.

Alle evangelischen Kirchen in der Stadt haben am Donnerstag ihre Pforten geöffnet. Man wolle den Menschen Orte bieten, an denen sie Trost finden könnten, sagte Martin Lückhoff, Dekan des Kirchenkreises Hanau, dem Evangelischen Pressedienst (epd). In den Kirchen lägen Texte aus, die für solche Krisenfälle vorbereitet seien.

 

Entsetzen auch in Nachbar-Bistümern Limburg und Mainz

 

Das Nachbar-Bistum Limburg postete auf Facebook zwei brennende Kerzen und ein Gebet: „Für die Opfer von Hanau: Herr, gib Ihnen die ewige Ruhe.“

Auch der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bekundete seine Trauer. „Den Menschen in dieser Stadt, besonders den Opfern und ihren Familien und Freunden bin ich im Gebet verbunden“, schrieb Kohlgraf am Donnerstag auf seiner Facebook-Seite.

 

Sieben Notfallseelsorger im Einsatz

 

Während der Nacht bis in die frühen Morgenstunden hinein seien insgesamt sieben Pfarrer als Notfallseelsorger vor Ort gewesen, sagte Dekan Lückhoff. Die Seelsorger hätten Angehörige, aber auch Rettungskräfte betreut.

Er selbst stehe in Kontakt mit dem Büro des Oberbürgermeisters, auch mit der muslimischen Gemeinde sei eine Kontaktaufnahme erfolgt. Es zeichne sich ab, dass möglicherweise viele Jugendliche unter den Opfern seien.

 

Was über die Tat bekannt ist

 

Am Mittwochabend hatte der Angreifer nach Angaben der Polizei Südosthessen neun Menschen in Hanau erschossen. Demnach soll der mutmaßliche Täter gegen 22 Uhr am Heumarkt in der Innenstadt auf Menschen geschossen haben, danach fuhr er weiter zum Kurt-Schumacher-Platz im Hanauer Stadtteil Kesselstadt, wo er erneut mehrere Menschen angriff.

Die Polizei schrieb den Mann noch in der Nacht zur Fahndung aus. Schließlich fand sie den mutmaßlichen Täter am frühen Morgen tot in seiner Wohnung. Außerdem fand die Polizei den Angaben zufolge eine weitere Leiche in der Wohnung.

 

Generalbundesanwalt übernimmt Ermittlungen

 

Die Generalbundesanwalt übernahm die Ermittlungen. Das bestätigte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) am Donnerstag in Berlin. „Es ist erschütternd, wie viele Menschen dort sinnlos getötet wurden“, erklärte Lambrecht. Die Hintergründe müssten gründlich aufgeklärt werden.

Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) bestätigte am Morgen vor Journalisten, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand von einem rechtsextremistischen Hintergrund der Tat auszugehen ist. Darauf deute auch die Homepage des mutmaßlichen Täters hin. Beuth sprach vom „Verdacht einer terroristischen Gewalttat“.

Dieser Beitrag wird ständig aktualisiert. Letzte Aktualisierung: 20.02.2020, 15:10 | mn

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