Anzeige
Kirchenprovisor Franz Büssing bewegt eine Menge Geld. Der Kindergarten St. Laurentius in Langförden kostet die Pfarrgemeinde Jahr für Jahr 1,1 Millionen Euro. So viel steht jedenfalls für das vorige Jahr in den Büchern. 276.000 Euro davon wurden durch gesetzliche Beiträge der Eltern gedeckt. Die wurden – gestaffelt nach dem Einkommen – von der Pfarrgemeinde eingezogen.
Da klafft künftig ein Loch: Der Landtag von Niedersachsen hat beschlossen, dass die Eltern künftig kein Geld mehr für Kindergärten zahlen müssen. Betroffen sind das erste und zweite Kindergartenjahr, im dritten haben Eltern bisher schon nichts gezahlt.
Wer zahlt denn nun statt der Eltern? Die Kirche, alle Kirchensteuerzahler? Das Land Niedersachsen springt ein; aber alles muss schnell gehen, weil die Eltern schon ab dem 1. August nichts mehr zahlen sollen.
Was zahlt die Kirche für ihre Kindergärten?
Bisher hat das Land den Kindergarten Langförden mit 232.000 Euro im Jahr unterstützt. Zunächst wird dieser Zuschuss auf das 2,6-Fache erhöht. „Damit kommen wir gut hin“, sagt Franz Büssing. Langfristig werde das Land seinen Zuschuss wohl von 20 auf 55 Prozent der Kosten heben, dafür brauche es aber noch einige Verhandlungen und Verordnungen.
Was zahlt denn die Kirche selbst für ihren katholischen Kindergarten? Sie teilte sich bisher mit der Stadt Vechta – zu der Langförden gehört – den Rest der Kosten. Daran wird sich nicht viel ändern, wenn das Land die Elternbeiträge übernimmt: Die Stadt zahlt zurzeit 477.000 Euro, die Kirche aus Kirchensteuern 87.000 Euro im Jahr. So rechnet es Büssing vor.
Die Kirche zahlt mehr
Der besondere Beitrag der Kirche: Sie zahlt zusätzlich Geld, damit die Erzieherinnen mehr Vorbereitungszeit haben. In staatlichen Kindergärten gibt es 7,5 Stunden pro Gruppe, in kirchlichen 10 Stunden. Dort könne auch eine besondere religionspädagogische Vorbereitung stattfinden, sagt Büssing.
Katholische Kindergärten
Die Kirche unterhält im niedersächsischen Teil des Bistums 114 Kindergärten, 88 davon in Südoldenburg. Sie beschäftigt 2.300 Fachkräfte und betreut 11.000 Kinder. Im Jahr zahlt sie dafür rund 6 Millionen Euro. Das ist nur ein Zuschuss von zehn Prozent der Betriebskosten, denn Kindergärten sind eine so genannte staatliche Pflichtaufgabe. Katholische Kindergärten stehen allen Kindern offen; in Nordoldenburg sind 70 Prozent der Kinder in den Einrichtungen nicht katholisch.
Der Experte hat allerdings auch Fragen an die neue Lösung. Arme Familien haben nach seinen Worten ohnehin nie Beiträge gezahlt – das Sozialamt ist eingesprungen. Zudem übernehmen manche Firmen für ihre Mitarbeiter die Beiträge, etwa die Firma Pöppelmann aus Lohne.
„Entlastung für Besser-Verdiener“
125 Kinder gebe es im Kindergarten Langförden, nur für 70 zahlten Eltern überhaupt Beiträge. „Da werden wohl eher die besser Verdienenden entlastet.“
Der Provisor hätte es sich anders gewünscht. Hunderte Millionen fließen künftig jedes Jahr wegen des neuen Gesetzes an die Kindergärten. Das Geld sei aber besser angelegt, wenn man es in die Qualität der Kindergärten investiere, „vielleicht in eine dritte Kraft pro Gruppe“.
„Ein Knochenjob“
In der Regel arbeiten zwei Erzieherinnen mit 25 Kindern. „Ein Knochenjob“, sagt Büssing. Weitere Erzieherinnen oder kleinere Gruppen sind in seinen Augen wichtiger als eine pauschale Entlastung von Familien.
Seine Kritik deckt sich mit Äußerungen der oldenburgischen Caritas. Die Fachreferentin Gabriele Becker hatte bei der Verabschiedung des Gesetzes betont, die Caritas hoffe, „dass auch in die Qualität der Betreuung investiert wird“.