Egide Muziazia wagt Schritt an die Öffentlichkeit

Emmericher Pfarrer rassistisch angegriffen - Bischof Genn verurteilt Taten

Anzeige

Der Emmericher Pfarrer Égide Muziazia ist mehrfach rassistisch angegriffen und beleidigt worden. Nun wagt er den Schritt an die Öffentlichkeit – mit voller Unterstützung der Pfarrei und vom Münsteraner Bischof Felix Genn.

„Égide Muziazia ist unser Pastor, und er bleibt unser Pastor. Er ist ein Glückgriff für unsere Gemeinde. Die rassistischen Angriffe gegen ihn sind beschämend“, sagte Albert Jansen. Der Ortsvorsteher des niederrheinischen Dorfs Elten bei Emmerich sprach klare Worte, als bei einem Pressegespräch die rassistischen Anfeindungen gegen Pfarrer Egide Muziazia öffentlich gemacht wurden.

Jansen appellierte an alle Verbände, Vereine und an jeden Eltener, Fremdenfeindlichkeit sofort entgegenzutreten und Rassismus sofort zu verurteilen: „Unser Dorf ist nicht rassistisch. Aber wir müssen aufpassen, dass Vorurteile und menschenverachtende Aussagen nicht salonfähig werden.“

Pfarrer bespuckt und beleidigt

Seit Sommer 2023 ist der promovierte Theologe Muziazia Pfarrer der Pfarrei St. Vitus, die die Emmericher Gemeinden Elten, Hochelten und Hüthum umfasst. Der 42-Jährige, der gebürtig aus der Demokratischen Republik Kongo stammt, kam über die Steyler Missionare nach Deutschland und war nach seiner Priesterweihe 2011 unter anderem Kaplan in Heilig Kreuz Münster und am Niederrhein sowie Seelsorger in St. Mauritz Münster.

Nach Gesprächen mit dem Kirchenvorstand, dem Pfarreirat und Gemeindemitgliedern fasst Muziazia den Mut, die gegen ihn gerichteten rassistischen Beleidigungen öffentlich zu machen und eine Stellungnahme abzugeben. Darin heißt es: „Ende April dieses Jahres wurde ich in der Innenstadt von Emmerich bespuckt und mit dem Schimpfwort ‚Du Affe‘ beleidigt. Ich habe daraufhin Anzeige bei der Polizei erstattet. Die Person wurde ermittelt: Ende Juni habe ich dann jedoch die Mitteilung über die Einstellung des Verfahrens erhalten.“

Sinterklaas und der „echte zwarte Piet“

Wochen später sei er auf dem Marktplatz ohne jeden ersichtlichen Grund rassistisch beleidigt worden. Alltagserfahrungen seien hinzugekommen. So sei es beim Einkaufen vorgekommen, dass er als „Neger“ oder auf dem Dorfplatz Anfang Dezember 2023 im Rahmen der Sinterklaas-Feierlichkeiten auf Niederländisch beziehungsweise Plattdeutsch als „echte zwarte Piet“ bezeichnet worden sei. Schon bei seiner Amtseinführung als Pfarrer habe es auf der Social-Media-Plattform Facebook rassistische Kommentare gegeben, deren Löschung später ein Gemeindemitglied veranlasst hat.

Hans-Jörgen Wernicke, ein Nachbar des Pfarrers, hatte eine rassistische Beschimpfung mitbekommen und den Seelsorger ermutigt, den Schritt in die Öffentlichkeit zu gehen: „Wir dürfen uns das nicht gefallen lassen. Wir als Eltener müssen sagen: Das geht so nicht. Und wir müssen Pastor Égide zeigen: Du bist nicht allein“, sagte Wernicke.

Zeichen der Solidarität

Während des Gesprächs sagte der für den Niederrhein zuständige Weihbischof Rolf Lohmann: „Ich weiß, dass Pfarrer Égide Muziazia in den vergangenen Tagen in der Pfarrei und im Bistum Münster jede Menge Zuspruch und vielfältige Zeichen der Solidarität erfahren hat. Dafür bin ich allen sehr dankbar. Denn es gehört heute leider – das ist traurig genug – schon viel Mut dazu, solche rassistischen Angriffe öffentlich zu machen.“

Lohmann appellierte: „Ich möchte alle Menschen, denen der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft wichtig ist, motivieren: Stehen Sie auf, überlassen Sie nicht den Rassisten und Menschenfeinden die Bühne! Machen Sie sich stark für Menschenwürde, Toleranz und Vielfalt.“

Bischof Genn warnt vor Hassparolen

Zu den rassistischen Angriffen hatte zuvor Bischof Felix Genn erklärt: „Ich sichere Pfarrer Muziazia und allen Menschen, die von solchen verachtenswerten Übergriffen betroffen sind, meine uneingeschränkte Solidarität zu. Gott hat die Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen – das gilt für alle Menschen, unabhängig von ihrer Hautfarbe und ihrer Herkunft. In unserem christlichen Glauben gibt es keinen Platz für Hass, Intoleranz oder Rassismus. Auch in unserer Gesellschaft dürfen Rassismus, Hass und Intoleranz nicht toleriert werden.“

An die Politikerinnen und Politiker aller Parteien appellierte Bischof Genn, „Ängste nicht durch populistische, plakative, reißerische und undifferenzierte Aussagen oder Parolen zu schüren“. Aus Angst könne leicht Hass werden. „Das dürfen wir nicht hinnehmen, sondern müssen deutlich machen: Wir sind mehr als die Rassisten in unserem Lande und wir werden den Rassisten unser Land nicht überlassen!“

Stärkung der Zivilcourage

Renate Brunnett, die im Bischöflichen Generalvikariat Münster Referentin für die Priester der Weltkirche ist, berichtete, dass in der Diözese derzeit 150 Priester der Weltkirche tätig seien. Sie stammten überwiegend aus Indien, Nigeria, Ghana, Uganda und Rumänien. „Eindeutige rassistische Übergriffe gegen Priester der Weltkirche sind bislang nicht bekannt geworden. Das bedeutet jedoch nicht, dass es diese nicht gibt. Im Gegenteil: Ich gehe davon aus, dass es eine Dunkelziffer gibt.“

Die Zivilcourage fördern möchte Stefanie Reinders, die für den Caritasverband Kleve in Emmerich in der Sozial- und Flüchtlingsberatung tätig ist: „Für eine große Mehrheit in der Gesellschaft sind rassistische Äußerungen und Handlungen nach wie vor unsagbar und ein Tabu. Je weniger diese Mehrheit eine Schweigende ist, desto besser kann sich die Haltung der Zivilcourage in der Gesellschaft wieder festigen.“

Pfarrer Muziazia wirbt für Miteinander

Pfarrer Égide Muziazia möchte mit seinem Weg in die Öffentlichkeit zeigen, dass die rassistischen Angriffe gegen ihn keine Einzelfälle sind: Umso wichtiger sei es, über die Pfarrei hinaus zu appellieren, „dass wir zusammenstehen im Kampf gegen Rassismus, Hass und Fremdenfeindlichkeit“. Die gelebte Nachfolge Jesu Christi sei es, „sich für ein friedliches, tolerantes und vielfältiges Miteinander von Menschen aller Kulturen, Religionen und Hautfarben einzusetzen“.

Anzeige