Anweisung an deutsche Lehrer werden kritisiert - Verantwortliche in der Türkei dementieren

Empörung über „Weihnachtsverbot“ an türkischer Schule

Eine von Deutschland geförderte Schule in der Türkei darf das Thema Weihnachten angeblich nicht mehr im Unterricht behandeln. Die Schulleitung dementiert, die Lehrer bestätigen und die Kritiker werden deutlich.

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Ein „Weihnachtsverbot“ an einer von Deutschland geförderten Schule in der Türkei sorgt bei Vertretern aus Politik und Kirche für Empörung. Politiker von Union, der Linken und der Grünen forderten am Sonntag Konsequenzen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) kritisierte das Verbot als nicht nachvollziehbar. Die Kenntnis religiöser und kultureller Traditionen gehöre zum Bildungsbasiswissen, sagte EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Bei der Schule handelt es sich laut Medienberichten um das Istanbul Lisesi, ein staatliches türkisches Gymnasium, an dem derzeit 35 aus Deutschland entsandte Lehrer unterrichten. Die Bildungseinrichtung genießt in der Türkei einen sehr guten Ruf. Wie es in einer E-Mail an das deutschsprachige Kollegium heißt, ordnete die türkische Schulleitung an, „dass ab sofort nichts mehr über Weihnachtsbräuche und über das christliche Fest im Unterricht mitgeteilt, erarbeitet sowie gesungen wird“.

Während deutsche Lehrer gegenüber Spiegel Online entsprechende Anweisungen bestätigte, wies die türkische Schulleitung diese Darstellung zurück. Auch der Abgeordnete der Regierungspartei AKP, Mustafa Yeneroglu, teilte mit: „Es gibt weder ein Verbot der Behandlung von Weihnachten im Unterricht noch eine Unterbindung der Teilnahme des Schulchors am traditionellen Weihnachtskonzert im deutschen Generalkonsulat.“

 

Harte Konsequenzen riskieren?

 

Ungeachtet der unklaren Nachrichtenlage nahm die Debatte über die Anweisungen am Sonntagnachmittag an Fahrt auf. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Franz Josef Jung, erklärte: „Wenn die Bundesrepublik Deutschland die Lehrer an diesen Schulen finanziert, dann kann sie auch die Inhalte des Unterrichts bestimmen.“ Weihnachten gehöre untrennbar zur deutschen und zur christlichen Kultur.

Ähnlich äußerte sich CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer in der „Passauer Neuen Presse“ (Montag). Er rief die Behörden in der Türkei auf, die Anordnung zurückzunehmen. „Türkische Schulleitung und türkischer Staat können jetzt sofort Klarheit schaffen, ob man die Zusammenarbeit will oder harte Konsequenzen riskieren möchte.“

 

„Starkes Stück“

 

Auch der Stephanuskreis der Union, der laut eigenen Angaben für Toleranz und Religionsfreiheit eintritt, nannte die Anordnung ein „starkes Stück“ und forderte ihre Rücknahme.

Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt plädierte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag) dafür, den türkischen Botschafter einzubestellen. Dafür sprach sich auch die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen im „Tagesspiegel“ (Montag) aus. Die Bundesregierung solle eine Protestnote an Ankara senden.

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, man dürfe nicht tatenlos zuschauen, wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan „ungeniert säkulare Einrichtungen auf einen islamisch-konservativen Kurs bringt“. Özcan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion erklärte, sollte das „Weihnachtsverbot“ nicht zurückgenommen werden, gehöre die Förderung der Schule dringend auf den Prüfstand.

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