Aber kein freiwilliger Verzicht

Ende der Staatsleistungen: Bistum Münster gesprächsoffen

Seit der Säkularisation von 1803 zahlt der Staat so genannte „Staatsleistungen“ an die Kirchen. Das Grundgesetz fordert, die Zahlungen abzulösen. Das Bistum Münster ist gesprächsbereit.

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Das Bistum Münster ist bereit, mit dem Land Nordrhein-Westfalen über eine endgültige Ablösung der Staatsleistungen zu verhandeln. Auf Anfrage von Kirche+Leben verteidigte der Leiter der Hauptabteilung Verwaltung im Generalvikariat, Ulrich Hörsting, die Zahlungen zugleich gegen Kritik.

„Die Bistümer in NRW sind selbstverständlich bereit, mit dem Land über die Staatsleistungen zu verhandeln, um dem im Grundgesetz niedergelegten Auftrag nachzukommen“, sagte Hörsting. Staatsleistungen werden seit dem 19. Jahrhundert gezahlt. Sie sind eine Art Entschädigung dafür, dass während der Säkularisation Grund und Besitz vieler Kirchen und Klöster enteignet und verstaatlicht wurden. Ein Grundgesetz-Artikel fordert den Staat auf, die Leistungen abzulösen, also zu beenden. Über die Art und Weise müssen das jeweilige Bundesland und die Bistümer und evangelischen Landeskirchen auf seinem Gebiet verhandeln.

 

Kein großer Anteil am Haushalt

 

Die Länder zahlen an alle Bistümer und Landeskirchen jährlich insgesamt rund 500 Millionen Euro Staatsleistungen. Etwa 2,4 Millionen Euro fließen vom Land NRW in den Haushalt des rheinisch-westfälischen Teils des Bistums Münster. Hörsting betonte, es handele sich nur um 0,5 Prozent des Haushalts. Im Offizialatsbezirk Oldenburg werden 1,7 Millionen Euro Staatsleistungen vom Land Niedersachsen verbucht – der Anteil am Haushalt des niedersächsischen Bistumsteils liegt bei knapp zwei Prozent.

Ulrich Hörsting.
Ulrich Hörsting. | Foto: pbm

Von der Enteignung von Kirchenbesitz profitierten im 19. Jahrhundert die Fürsten der deutschen Einzelstaaten – heute profitieren die Bundesländer. Sie könnten „nicht nur die Vorteile der damaligen Verstaatlichungen ziehen“, sondern müssten „auch die Nachteile in Form der Staatsdotationen tragen“, unterstrich Hörsting. Die Zahlungen seien keine Abfindungen, sondern dauernde Lasten, die den Kirchen eine „Mindestausstattung“ finanzieren sollten.

 

Mehr Geld in Ost- und Süddeutschland

 

Kirchenhistoriker erläutern, vor der Enteignung hätten die Kirchen diese „Mindestausstattung“ aus den Erträgen ihres Besitzes – etwa Pacht – selbst finanzieren können. Seit Einführung der Kirchensteuer ist die Bedeutung der Staatsleistungen gesunken. Einige ost- und süddeutsche Bistümer erhalten gleichwohl noch deutlich höhere Summen als Münster.

Einen freiwilligen Verzicht der Kirche auf Staatsleistungen lehnte Hörsting ab. Er begründete dies mit einem Vergleich. Langjährige Mieter hätten irgendwann so viel Miete an den Vermieter gezahlt, dass sie die Wohnung auch hätten kaufen können: „Dennoch wird niemand auf die Idee kommen, den Eigentümer aufzufordern, die Wohnung kostenlos auf den Mieter zu übertragen.“

Ausführliche Hintergründe
In der Wochenzeitung Kirche+Leben (Ausgabe vom 18.09.2016) beantworten wir die wichtigsten Fragen zu den Staatsleistungen. Wir listen auf, wofür das Bistum Münster das Geld verwendet. Zudem beschreiben wir, warum es so kompliziert ist, die – öffentlich durchaus umstrittenen – Zahlungen endgültig abzulösen.

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