Daniela Hofer aus Borken hatte lange von einem sozialen Beruf geträumt

Endlich Familienpflegerin – warum eine 44-Jährige umschult

  • Daniela Hofer aus Borken schult mit 44 Jahren zur Familienpflegerin um
  • Die Arbeit in einem sozialen Beruf war immer ein großer Traum von ihr
  • Die Verkäuferin hatte diesen Wunsch viele Jahre verdrängt

Anzeige

Es waren Schmerzen, die in ihr etwas an die Oberfläche spülten, das sie lange Zeit nicht im Blick hatte. Etwas Gutes, einen tiefen Wunsch, eine Sehnsucht, die sie sich jetzt erfüllen sollte. 15 Jahre hatte Daniela Hofer im Supermarkt gearbeitet – an der Kasse, zwischen den Regalen, im Lager. Dann aber meldete sich ihre Krankheit zu massiv. Die 44-Jährige hat ein rheumatisches Leiden. Sie musste umdenken, einen neuen Beruf finden.

Hofer fand ihn in der Familienpflege, für die sie in einigen Wochen die Ausbildung beginnt. „Ich liebe die Aufgaben in einer großen Familie“, sagt sie. Weil sie erlebt hat, wie eine solche funktioniert und wie tragend diese sein kann. „Mein Vater hatte elf Geschwister – es war schon toll, ihre Gemeinschaft zu erfahren.“ Sie selbst hat es etwas kleiner gehalten: Mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen lebt sie in Borken. „Aber auch das ist natürlich Familienleben pur.“

 

Den Herzenswunsch vergraben

 

 Wann ihre Begeisterung für ein soziales Engagement wuchs, kann Hofer nicht genau datieren. „Irgendwie hat es mir immer Freude bereitet, für andere Dinge zu regeln, zu organisieren und zu erledigen.“  Das sie daraus in jungen Jahren keinen Beruf machte, lag an Dingen, „die damals wichtiger waren“. Sie wollte nach der Schule keine lange Ausbildung angehen, sondern schnell Geld verdienen, sagt sie. Ein Studium oder eine weitere Schulzeit kam für sie nicht in Frage. „Ich habe damals meinen Herzenswunsch vergraben.“

Jetzt, wo sie sich neu orientieren muss, hat sie ihn wieder ausgegraben. Sie bekam dabei eine zusätzliche Motivation. „Als mein Vater vor einigen Monaten starb, musste ich ihm versprechen, dass ich meinen Weg in meinen Traumberuf endlich verwirkliche.“ Der ist nicht kurz, hat sie mittlerweile festgestellt. Einer halbjährigen Vorbereitung mit Bewerbungstraining und Praktika wird bald die Ausbildung im Fachseminar Familienpflege im Jugend- und Familienbildungswerk in Stadtlohn folgen. Anderthalb Jahre mit den Schwerpunkten Hauswirtschaft, Pädagogik und Psychologie, Säuglings, Kinder- und Altenpflege sowie Sozialkunde warten auf sie. Danach absolviert sie noch ein einjähriges Berufspraktikum.

 

Das Wichtigste ist Empathie

 

Sie ist ein erfahrener Familienmensch – warum muss sie das alles noch lernen? „Ich werde in meinem Beruf vielen Situationen begegnen, in denen ich nicht allein aus dem Bauch heraus entscheiden kann“, sagt Hofer. „Dann brauche ich zusätzliches Wissen, um professionell reagieren zu können.“ Das erlebt sie auch im derzeitigen Praktikum bei der Caritas in Borken, in dem sie eine schwangere Frau im Alltag mit ihren drei Kindern unterstützt. „Waschen, Kochen, Einkaufen, Kinder betreuen“, beschreibt sie ihre offiziellen Aufgaben. „Das Wichtigste aber ist, das alles mit Empathie anzugehen.“ Familienleben ist nicht immer Idylle, das weiß sie nur zu gut. „Ich muss oft sensibel reagieren.“

Das Wissen aus ihrer Ausbildung wird ihr helfen, sich diese Sensibilität leisten zu können, sagt Hofer. „Wenn ich das Handwerkliche im Griff habe und die Hintergründe von Situationen richtig einschätzen kann, habe ich auch den Kopf frei, mich auf die Menschen in der Familie einlassen zu können.“

 

Emotionen sind ihr Ding

 

All das rechtfertigt für sie den langen Ausbildungsweg, den sie auch als 44-Jährige noch gehen muss. Von anderen Modellen, mit denen der gesetzliche Anspruch auf Unterstützung von Familien umgesetzt wird, hält sie wenig. „Richtige Familienpflege kann nicht durch einen Reinigungsdienst, durch einen Verpflegungsservice und ein Betreuungsangebot für die Kinder geschehen.“

„Richtige Familienpflege“ ist für sie etwas Ganzheitliches. „Die Menschen, zu denen wir gehen, sind in Extremsituationen“, sagt Hofer. „Sie sind oft durch Krankheiten eines Familienmitglieds nicht nur organisatorisch belastet.“ Auch die Emotionen brauchen dann Unterstützung. Genau dort findet sie ihre große Liebe, die sie schon so viele Jahre auf ihrer inneren Wunschliste stehen hat.

Anzeige