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Weniger Entwicklungshilfe und kein eigenes Ministerium? Kirchen und prominente Politiker warnen die eigenen Koalitions-Verhandler.
Mit den Kirchen appellieren frühere Spitzenpolitiker an die Union, bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD die Idee der Kürzung der Entwicklungshilfe zurückzunehmen. „Wer bei der Entwicklung spart, schwächt nicht nur unsere internationalen Partnerschaften, sondern auch die Werte und Interessen, für die Deutschland steht“, heißt es in einem Aufruf.
Ihn unterzeichneten die früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) und Wolfgang Thierse (SPD), die ehemaligen Bundesminister Sigmar Gabriel (SPD, Auswärtiges), Peter Altmaier (CDU, Wirtschaft), Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD, Entwicklung), Gerd Müller (CSU, Entwicklung), die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Anna-Nicole Heinrich, sowie Christoph Heusgen, früher Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz.
Der Aufruf der Politiker
Im Appell heißt es, Entwicklungszusammenarbeit verhindere Krisen und schütze deutsche Interessen. Investitionen in Entwicklung, Bildung, Gesundheit und gute Regierungsführung seien entscheidend, um Stabilität zu schaffen: „Es ist um ein Vielfaches teurer, auf Krisen und Konflikte zu reagieren, als ihnen vorzubeugen.“ Darum brauche es „nicht nur eine gut ausgestattete Bundeswehr, sondern auch eine starke Außen- und Entwicklungspolitik“.
Medien berichten, die zuständige Arbeitsgruppe bei den Verhandlungen über eine schwarz-rote Bundesregierung habe einen Dissens festgehalten. CDU und CSU wollten die Entwicklungshilfe senken, die SPD wolle hingegen mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungsleistungen aufwenden.
Kein eigenes Ministerium mehr?
Auch Vorstöße zur Auflösung eines eigenen Entwicklungsministeriums stoßen auf Kritik der Kirchen. Die in den Koalitionsgesprächen verhandelten Pläne seien das völlig falsche Signal, erklären Misereor und das deutsche Auslandshilfswerk „Caritas international“.
Laut Berichten erwägen CDU und CSU, das Entwicklungsministerium ins Auswärtige Amt zu integrieren; die SPD sei dagegen. Mit der Eingliederung „würde Deutschland nicht nur leichtfertig ein wichtiges Instrument in der internationalen Zusammenarbeit aus der Hand geben, sondern verliert auch massiv an Einfluss und Bedeutung als verlässlicher Partner in der Welt“, sagt Oliver Müller, Leiter von „Caritas international“.
Kritik aus den Kirchen
„Die massiven Kürzungen in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit von heute sind die globalen Krisen von morgen, mit Auswirkungen bis nach Deutschland“, betont Misereor-Geschäftsführer Bernd Bornhorst etwa mit Blick auf Migrationsbewegungen.
Dagmar Pruin, Präsidentin des evangelischen Hilfswerks „Brot für die Welt“, warnt, eine Abschaffung des Entwicklungsministeriums „wäre ein fataler Fehler und eine Hiobsbotschaft für Not leidende Menschen im Globalen Süden“.