Viertes Lehrschreiben von Papst Franziskus

Enzyklika „Er hat uns geliebt“: Papst ruft zur Weitergabe der Liebe auf

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Papst Franziskus hat sein viertes Lehrschreiben, die Enzyklika "Er hat uns geliebt" ("Dilexit nos") vorgelegt. Es gibt Einblick in die Quellen des Glaubens des 87-Jährigen - und es enthält klare Aufgaben für die Christinnen und Christen.

Unter dem Titel "Er hat uns geliebt" ("Dilexit nos") hat Franziskus sein viertes päpstliches Lehrschreiben veröffentlicht. Im Text der Enzyklika erklärt der Papst, aus welchen Quellen er seinen Glauben und sein Engagement für eine solidarische Welt schöpft.

Der Papst schreibt: "Wenn wir aus dieser Liebe schöpfen, werden wir fähig, geschwisterliche Bande zu knüpfen, die Würde jedes Menschen anzuerkennen und zusammen für die Umwelt Sorge zu tragen." Sehr kritisch setzt sich Franziskus mit der gegenwärtigen geistigen Verfassung der Welt auseinander und ruft die Kirche auf, die Liebe wieder als eigentlichen Kern der christlichen Botschaft zu verkünden und zu leben.

Papst kritisiert Konsumgesellschaft

Am Ende der Enzyklika heißt es: "Wir werden getrieben, nur anzuhäufen, zu konsumieren und uns abzulenken, gefangen in einem entwürdigenden System, das uns nicht erlaubt, über unsere unmittelbaren und armseligen Bedürfnisse hinauszusehen. Die Liebe Christi steht außerhalb dieses abartigen Räderwerks, und er allein kann uns von diesem Fieber befreien. (...) Er ist in der Lage, dieser Erde ein Herz zu verleihen und die Liebe neu zu beleben, wo wir meinen, die Fähigkeit zu lieben sei für immer tot."

Die Kirche mahnt der Papst, sich nicht in Ritualen und nebensächlichen Debatten zu verlieren, sondern sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: "Das christliche Lebensmodell ist attraktiv, wenn es ganzheitlich gelebt und zum Ausdruck gebracht werden kann: nicht als bloße Zuflucht in religiöse Empfindungen oder in prunkvolle Rituale. Was wäre das für ein Dienst an Christus, wenn wir uns mit einer individuellen Beziehung begnügen würden, ohne Interesse daran, den anderen zu helfen, so dass sie weniger leiden und besser leben?"

Aufruf, die Liebe Gottes weiterzugeben

Franziskus schreibt, Menschen, die die Liebe Christi erfahren hätten, könnten nicht anders, als "diese Liebe weiterzugeben, die ihr Leben verändert hat". Sie wollten nicht "Zeit mit Diskussionen über zweitrangige Themen verlieren oder damit, Wahrheiten und Regeln aufzuerlegen, denn ihr Hauptanliegen ist es, das weiterzugeben, was sie erleben".

In dem streckenweise sehr persönlich geschriebenen Text schreibt der Papst auch über Erfahrungen seiner Kindheit. Zugleich erinnert er ausführlich an das reiche Erbe der Herz-Jesu-Frömmigkeit, die vom 18. bis ins 20. Jahrhundert von Frankreich ausgehend weite Teile der katholischen Kirche prägte. Diese Frömmigkeit betont die unmittelbare Erfahrung der Liebe Jesu als Quelle des Glaubens und der tätigen Nächstenliebe.

Bätzing: Liebe Jesu ist Quelle der Hoffnung

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte laut Mitteilung, das Schreiben möge auf manche Menschen "eher fremd und zumindest vermittlungsbedürftig" wirken, es sei aber dennoch aktuell. Der Papst sende die Botschaft, dass das Wissen um die Liebe Jesu zur ganzen Menschheit "die Quelle der Hoffnung auch für diese so hoffnungsarme Welt" sei, sagte der Limburger Bischof.

Nach Ansicht des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zeigt Franziskus mit der Enzyklika, wie er die Weltsynode sieht. Dem Papst gehe es darum, "geschwisterliche Bande in der Weltkirche zu knüpfen und mit vielen gemeinsam für die Zukunft der Kirche und der Welt Sorge zu tragen", sagte ZdK-Vizepräsident Thomas Söding aus Münster.

Söding: Signal auch für die Weltsynode

Der Papst deute mit der Enzyklika sein Pontifikat "als immer neuen Versuch, 'mit dem Herzen zu sprechen' und aus dieser Haltung heraus für Menschenwürde einzustehen". Ob dies bei der Synode gelinge, müsse sich am Abschlussdokument zeigen.

Es werde deutlich, wie sehr der Papst in seine religiösen, politischen und ökologischen Initiativen ein heißes Herz eingebracht habe, sagte Söding. Der Professor für Neues Testament ist einer der theologischen Berater der Weltsynode.

"Die Sozialenzykliken vergangener Jahre - 'Fratelli tutti' über Geschwisterlichkeit und soziale Freundschaft und 'Laudato si' zum Umwelt- und Klimaschutz - setzten Zeichen. Nie sprach der Papst dabei nur über Zahlen und Fakten, sondern immer auch mit dem Herzen, von Mensch zu Mensch." Mit seiner jüngsten Enzyklika ordne der Papst dies nun ein und stelle einen Gesamtzusammenhang seines Denkens und Handelns her.

Update 16.30 Uhr: Reaktion Thomas Söding (ZdK)

 

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