Anzeige
Die Zahlen sprechen für sich: Mehr als 150.000 Kinder freuen sich jedes Jahr in Deutschland auf ihre Erstkommunion. Ein Zehntel davon kommt aus dem Bistum Münster. Für viele Familien ist es das zentrale kirchliche Ereignis, gleichzusetzen mit Taufe, Hochzeit und Firmung. Der Rahmen in den Pfarrgemeinden ist dementsprechend: Festliche Messe in einer vollen Kirche, üppige Familienfeiern und bunte Dankgottesdienste. Auch die Jahreszeit schafft Atmosphäre: In den Wochen nach Ostern kommt der Frühling. Es wartet ein Fest für alles Sinne.
Annette Höing, Leiterin des Referats Katechese im Bischöflichen Generalvikariat Münster.
In diesem Jahr aber nicht. Bis zum ersten Mai waren nicht nur Gottesdienste verboten, auch Vorbereitungstreffen und Katechesen waren untersagt. Die klassischen Termine zwischen dem Weißen Sonntag und Fronleichnam waren damit nicht zu halten. „Im Bistum gibt es keine Pfarrei, in der die Erstkommunion im geplanten Rahmen stattfinden kann“, sagt Annette Höing, Leiterin des Referats Katechese im Bischöflichen Generalvikariat Münster. Das hat auch seinen Grund in den jetzt geltenden Gottesdienstvorschriften. Eine voll besetzte Kirche darf es in absehbarer Zeit noch nicht wieder geben. „Das Gefühl der Erstkommunion lebt aber auch von der großen Gemeinschaft.“
Gefühltes Familienfest
Eigentlich ist das Sakrament nicht an diesen Rahmen gebunden, sagt Höing. „Es braucht eine heilige Messe mit Eucharistie – wie groß die Gemeinde ist, die sich versammelt, spielt keine Rolle.“ Die Wahrnehmung in den Familien aber ist eine andere. „Sie empfinden es als Familienfest, bei dem kein enger Verwandter fehlen darf.“ Sie weiß von Gemeinden, die angeboten haben, die Erstkommunion in diesem Jahr im kleinen Kreis zu feiern: Zwei oder drei Kinder nur mit ihren Eltern, Geschwistern und Paten in der normalen Sonntagsmesse. „Darauf hat sich kaum jemand gemeldet.“
Zu sehr ist das Ereignis der Erstkommunion mit Bildern und Ritualen verbunden, die nicht wegfallen sollen. Der festliche Einzug der festlich gekleideten Kinder, ihr großer Kreis rund um den Altar während des Hochgebets, das bunte Treiben auf dem Kirchvorplatz nach der heiligen Messe mit Gruppenfotos und Geschenken. Viele Eltern und Großeltern schwelgen dann in eigenen Erinnerungen. „Dass die Menschen diese Feier mit so vielen positiven Gefühlen verbinden, ist schön“, sagt Höing, „in diesem Jahr aber leider nicht umzusetzen.“
Nachholtermin im Herbst ist der Favorit
In den Pfarrgemeinden des Bistums gibt es unterschiedliche Ideen, wie das große Fest gerettet werden kann. Das Nachholen im Herbst und das Verschieben um ein Jahr gehören zu den Favoriten. Was aber neue Fragen bringt, sagt Höing. „Keiner weiß, wie die Situation nach den Sommerferien aussieht.“ Ist dann schon wieder an eine Messfeier in herkömmlicher Form zu denken? Für die Planungen, im kommenden Jahr zwei Jahrgänge zur Erstkommunion gehen zu lassen, sieht sie vor allem terminliche Probleme. „Gerade in großen Pfarrgemeinden würden bei einer Verdoppelung mehrere hundert Kinder das Sakrament empfangen – mit Begleitung sind das schnell das Zehnfache an Gottesdienstteilnehmern.“
Dafür müssen erst einmal ausreichend Termine gefunden werden. Wobei die Auswahlzeit nicht auf die Wochen nach Ostern beschränkt ist. „Es kann so gut wie an jedem Tag des Jahres Erstkommunion gefeiert werden“, sagt Höing. Das Fest etwa im Winter oder in der Fastenzeit zu feiern, ist aber schwer mit den Vorstellungen vieler zu vereinbaren.
Vorbereitung endete abrupt
Ein weiteres Problem kommt dazu: Auch die Vorbereitung endete für die Katecheten und Kinder einige Wochen vor Ostern jäh. Der wichtige Kontakt zwischen den Familien und den Ansprechpartnern in den Gemeinden stoppte auf der Zielgeraden. Gerade in dieser Phase ist er eigentlich besonders intensiv, wenn abschließende Planungen und gemeinsame Organisation die Akteure besonders nah zusammenbringen.
Ob das nachzuholen ist, bleibt fraglich. Auch weil mit den Sommerferien und dem Anfang des Schuljahres erst einmal zwei andere Dinge im Familienleben in den Vordergrund rücken. In den Pfarrgemeinden war man deshalb engagiert und kreativ, um den Faden der Vorbereitungszeit nicht abreißen zu lassen. Video-Botschaften, digitale Angebote, Briefe – wichtig war es, die Nähe zu den Familien nicht zu verlieren. „Denn dieser Kontakt ist Gold wert“, sagt Höing. „Es gibt kein vergleichbares Angebot der Kirche, zu dem die Menschen in so großer Zahl aus eigener Initiative zu uns kommen.“
Atmosphäre soll nicht leiden
Mit den Referaten Katechese und Exerzitien hat Höing das Engagement vor Ort deshalb intensiv unterstützt. Im Internet hat sie unterschiedliche Formate gefunden und kommuniziert, die eine Auseinandersetzung mit möglichen Glaubensthemen für Familien in dieser Phase ermöglichen – besonders in Videos, spielerisch und digital.
Alle Beteiligten wünschen sich, dass sich durch den vielseitigen Einsatz die Erstkommunion in diesem Jahr nur zeitlich verschieben wird, nicht aber in der Atmosphäre und der Ausstrahlung leidet. Ganz praktisch warten noch ganz andere Probleme auf die Familien: Die Kinder zum Beispiel sind in der Wachstumsphase. Ob das Kommunionkleid, die Hose und die Schuhe in einem halben Jahr noch passen, ist fraglich.
Wie Pfarrgemeinden aus dem Bistum Münster die Erstkommunion planen: