Unabhängige Kommission, externe Experten, bessere Kontrolle und Aktenführung

Erzbistum Köln: Maßnahmenplan nach dem Missbrauchs-Gutachten

  • Nach der Vorstellung des Missbrauchsgutachtens für das Erzbistum Köln haben Kardinal Rainer Maria Woelki und Generalvikar Markus Hofmann weitere Konsequenzen angekündigt.
  • Über die vorige Woche verkündeten Freistellungen von Geistlichen hinaus legten sie einen Maßnahmenplan vor.
  • Eine unabhängige Kommission zur Aufarbeitung soll entstehen, Kontrolle und Aktenführung sollen verbessert werden.

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Nach der Vorstellung des Missbrauchsgutachtens für das Erzbistum Köln haben Kardinal Rainer Maria Woelki und Generalvikar Markus Hofmann weitere Konsequenzen angekündigt. Über die vorige Woche verkündeten Freistellungen von Geistlichen hinaus legten sie am Dienstag einen Maßnahmenplan vor.

Dabei kündigte Hofmann die Einrichtung einer unabhängigen Kommission an, die entsprechend einer Vereinbarung zwischen Deutscher Bischofskonferenz und dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung weiter an der Aufarbeitung arbeiten soll. Die sieben Mitglieder würden mehrheitlich vom Land Nordrhein-Westfalen und den Betroffenen benannt. Noch müsse das Land aber die Kriterien für die Besetzung klären.

 

Kontrolle beschuldigter und sanktionierter Geistlicher

 

Nach Worten des Generalvikars soll auch die Kontrolle beschuldigter und bereits sanktionierter Geistlicher verbessert werden durch regelmäßige Gespräche mit einer psychologischen Fachkraft und einem Geistlichen. Diese sollen unter anderem prüfen, ob die Auflagen eingehalten werden. Verstöße würden etwa mit der Kürzung der Bezüge geahndet.

Die Stabstelle Intervention wird laut Hofmann trotz anstehender Sparmaßnahmen um eine vierte Stelle erweitert. Zugleich werde die Präventionsarbeit gestärkt. Der Betroffenbeirat, dem in den zurückliegenden Monaten die beiden Sprecher und ein weiteres Mitglied den Rücken gekehrt hatten, solle wieder komplett besetzt werden. Mit den Mitgliedern werde über das Gutachten und die Handlungsempfehlungen beraten.

 

Prüfüng aller Priesteramtskandidaten

 

Zudem würden die Klerikerakten digitalisiert und manipulationssicher gestaltet. Es solle nicht mehr möglich sein, dass Seiten verschwinden „oder Akten hinter den Schrank fallen“, sagte Woelki. Er habe zudem bereits angeordnet, dass keine Akten mehr vernichtet werden, auch wenn er damit „absurderweise“ geltendes Kirchenrecht breche.

Außerdem werde die Priesterausbildung verändert. Alle Kandidaten würden grundlegend auf ihre charakterliche Reife in einem psychologischen Analyseverfahren überprüft, ergänzte Hofmann.

 

Zahlungen zur Anerkennung des Leids

 

Weiter teilte der Generalvikar mit, das Erzbistum habe in diesem Jahr fünf Millionen Euro für Anerkennungszahlungen an Betroffene von Missbrauch bereitgestellt. Sie stammten aus einem Sondervermögen, dass sich im Wesentlichen aus freiwilligen Abgaben von Klerikern speise.

In einen Solidarfonds der Bischofskonferenz für Missbrauchsopfer von Ordensleuten habe die Erzdiözese zudem eine Million Euro bereitgestellt. Die Bischofskonferenz hatte die Höhe der Anerkennungszahlungen von zuvor in der Regel 5.000 Euro erhöht und sich auf eine Leistungssumme von bis zu 50.000 Euro verständigt.

 

Kritik der Laien im Erzbistum

 

Die Vertretung der katholischen Laien im Erzbistum Köln kritisierte die Maßnahmen als nicht weitreichend genug. Zudem forderte der Diözesanrat, dass in der Missbrauchsaufarbeitung nicht nur enge juristische, sondern auch moralische Standards zum Tragen kommen. „Wer aus moralischer Sicht schwere Verfehlungen auf sich geladen hat, kann die Institution schwer glaubwürdig repräsentieren.“ Notwendig sei ein öffentliches Schuldbekenntnis im Dom.

 

Das Gutachten

 

Das am Donnerstag vorgestellte Gutachten, mit dem das Erzbistum die Kanzlei Gercke-Wollschläger beauftragt hatte, zeigt auf, wie Bistumsverantwortliche mit Fällen sexualisierter Gewalt durch Priester umgingen. Die Untersuchung hält in 24 von 236 ausgewerteten Aktenvorgängen insgesamt 75 Pflichtverletzungen durch acht Amtsträger fest, darunter Erzbischöfe, Generalvikare und Personalchefs.

Zu den Beschuldigten zählen unter anderem der Hamburger Erzbischof Stefan Heße (54) sowie der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp (53), die dem Papst bereits ihren Rücktritt angeboten haben, sowie der verstorbene Kölner Erzbischof Joachim Meisner. Woelki selbst wurde kein Fehlverhalten nachgewiesen.

Update 16.25 Uhr: Reaktion des Diözesanrats im Erzbistum Köln.

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