Pfeffer: Zu viele Männer, zu wenig kritik- und veränderungsfähig

Essener Generalvikar sieht "Vielzahl von Führungsproblemen" in der Kirche

  • Innerhalb der katholischen Kirche gibt es aus Sicht von Experten eine Führungsschwäche und Verzagtheit.
  • Führungskräfte müssten in der Lage sein, Kritik an sich heranzulassen und an ihrer Persönlichkeit zu arbeiten, sagte etwa Klaus Pfeffer, Generalvikar des Bistums Essen.
  • Anders als in der Evangelischen Kirche in Deutschland würden Priester in der Ausbildung auf katholischer Seite nicht ausreichend auf den Leitungsdienst vorbereitet, beklagt der Bochumer Theologen Benedikt Jürgens.

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Innerhalb der katholischen Kirche gibt es aus Sicht von Experten eine Führungsschwäche und Verzagtheit. Kirche sei eine "paradoxe Institution", erklärte der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer am Freitag auf einer Online-Tagung der Katholischen Akademie in Schwerte zum Thema "Gestaltwandel des Priesterlichen".

Auf der einen Seite sei sie spirituell, auf der anderen Seite aber eine Institution, die wie andere auch geleitet werden müsse. Daher müssten entsprechende Funktionsträger auch etwas davon verstehen. Pfeffer machte allerdings eine "Vielzahl von Führungsproblemen" aus.

 

Pfeffer: Großer Männeranteil "hochproblematisch"

 

Die Kirche könne in dem Punkt viel von säkularem Management lernen. So sei es beispielsweise wichtig, Konkurrenzen zwischen Gemeinden oder Bistümern hinter sich zu lassen und stattdessen nach dem gemeinsamen Ziel zu fragen, sagte Pfeffer. Führungskräfte müssten außerdem in der Lage sein, Kritik an sich heranzulassen und an ihrer Persönlichkeit zu arbeiten. Sie müssten "echte Verantwortung" übernehmen, perspektivisch denken und veränderungsbereit sein sowie Talente von Mitarbeitern erkennen und fördern.

Pfeffer bezeichnete es als "hochproblematisch", dass der Anteil von Männern unter Führungspersonen so hoch sei, weil zahlreiche Leitungspositionen an die Weihe gekoppelt seien. Der Kirche gehe "massiv etwas verloren", wenn nicht mehr Frauen führen dürften. Der Generalvikar betonte zugleich, dass bei möglichen neuen Formen von Leitung an vielen Stellen das Verständnis von Kirche infrage gestellt werde. Das müsse jedoch diskutiert werden.

 

Benedikt Jürgens: Die meisten Priester wollen gar nicht führen

 

Nach den Worten des Bochumer Theologen Benedikt Jürgens muss der priesterliche Leitungsdienst stärker als professionelle "Dienstleistung" verstanden werden, um eine Zukunft zu haben. Es sei Kernaufgabe von Priestern, den Kontakt zum Heiligen herzustellen, zu ermöglichen und zu bewahren. Zugleich werde das Thema Führung immer "etwas verschämt" behandelt, was Führungsschwäche und Verzagtheit zur Folge habe: "Die meisten Priester wollen gar nicht führen."

Anders als in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) würden sie in der Ausbildung auf katholischer Seite auch nicht ausreichend darauf vorbereitet. Priester sei nicht nur eine Berufung, sondern auch ein Beruf, und eine Pfarrei nicht nur eine Gemeinschaft, sondern besitze auch eine Infrastruktur, betonte Jürgens. Er ist einer der Herausgeber des Buches "Wer entscheidet, wer was entscheidet? Zum Reformbedarf kirchlicher Führungspraxis".

 

Müssen Leitungsaufgaben an Weihe gekoppelt sein?

 

Der Jesuitenpater Klaus Mertes warf die Frage auf, inwieweit Führung erlernbar sei. Manches könne in einer Ausbildung nicht vorweggenommen werden, sondern sei in der Praxis ein ständiger Lernprozess. Der Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Generalvikariat Hildesheim, Christian Hennecke, gab zu bedenken, ob Leitungsaufgaben so eng an das Priesteramt und damit die Weihe gekoppelt sein müssten.

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