BIBEL AM SONNTAG (14. Sonntag/C)

Stefan Rau: Gott bietet Frieden – nimmst du an?

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„Friede sei mit euch“ sind die ersten Worte des Auferstandenen an die Jünger. Sie müssen Widerhall finden, sagt Stefan Rau.

 

La pace sia con tutti voi! Der Friede sei mit euch allen!“ Viele von uns haben noch den Satz im Ohr, mit dem wir am Abend des 8. Mai zum ersten Mal die Stimme unseres neuen Papstes Leo hören konnten. Den Friedensgruß kennen wir ja eigentlich gut aus jeder Eucharistiefeier, hier aber wurde er zur programmatischen ersten Botschaft, dieser Gruß des auferstandenen Christus.

Nach dem Tod Jesu hatten sich seine Jünger zurückgezogen, eingeschlossen in Trauer, Enttäuschung, Reue, Zweifel. Dann ist Er da, der Meister, ihr Herr, lebendig, fassbar, tröstend: „Der Friede sei mit euch!“ Keine Vorwürfe, kein Aufarbeiten, keine alten Rechnungen, sondern ein Glück- und Segenswunsch zum Neuanfang, zum Auferstehen: Hier und jetzt Frieden für jeden!

Alle sind willkommen

Manche nennen Papst Leo schon jetzt den Friedenspapst, weil ihm das offensichtlich ein zentrales Anliegen ist: in Gesprächen und Begegnungen Schritte zum Frieden ermöglichen – innerhalb der Kirche und für die Welt. Damit stellt er sich in die lange Reihe der Jüngerinnen und Jünger Jesu, die der Herr dazu im heutigen Evangelium aussendet.

Die Lesungen vom 14. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr C zum Hören finden Sie hier.

Für viele klang im ersten Satz von Papst Leo auch die berühmte Botschaft von Papst Franziskus mit, die er zum ersten Mal beim Weltjugendtag in Lissabon den jungen Christen zurief: „Todos, todos, todos!“ „Alle, alle, alle sind in der Kirche willkommen, keiner soll ausgeschlossen sein!“

Ein Auftrag auch an uns

Zum Thema „alle“ finden sich in unserem Lukas-Text zwei bemerkenswerte Akzente: Zunächst werden auch bei Lukas die Apostel ausgesandt (Lk 9,1-6 – interessanterweise kein Sonntags-Evangelium), aber offenbar reicht das nicht: Der Missionsauftrag ist zu groß für die Begrenzung auf den Zwölferkreis, so sendet der Herr nun „72 andere“.

Über diese anderen erfahren wir nichts: Jüngerinnen oder Jünger, alt oder jung, verheiratet oder Single, schon lange oder erst kurz dabei. Wichtig ist allein ihr Auftrag, der sicher auch „uns alle“ meint: Die frohe Botschaft von Gottes Nähe mitteilen, die Kranken heilen, Frieden bringen.

Kann so, wird so, muss nicht so der Friede in allen und allem wachsen? Unser Evangelium hält einen weiteren, sehr realistischen Aspekt bereit, der für uns als Friedensbewegung nicht unwichtig ist: „Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes: Friede diesem Haus! Und wenn dort ein Mensch des Friedens wohnt, wird der Friede, den ihr ihm wünscht, auf ihm ruhen; andernfalls wird er zu euch zurückkehren.“

Frieden ohne Bedingungen

 

Was denn nun: Soll der Frieden nicht allen gelten – und nun gibt es doch einige, von denen der Frieden zurückkehrt?

In der Tat: Jesus nennt für die Empfänger des Friedens keine Bedingung – außer der einen, ein „Mensch des Friedens“ zu sein. Hier ist offenbar eine menschliche Bewegtheit beschrieben, die wir mit Friedenssehnsucht, Bereitschaft zur Versöhnung, zum Kompromiss, zum Neuanfang übersetzen könnten.

Es braucht das offene Herz

Das Evangelium ist freies Angebot, offene Einladung, Chance für jede und jeden. Aber zu seiner Wirksamkeit braucht es die freie Zustimmung, das offene Herz, die Bereitschaft, Schritte zum Frieden zu gehen.

Darin findet sich ein wichtiges Grundmotiv unseres Glaubens: Gott bietet wirklich jeder und jedem sein Geleit, seinen Segen an, beispielsweise in den Sakramenten der Kirche, in denen wir sicher mit diesem Angebot rechnen dürfen. Deren objektiv gültige und erlaubte Feier aber garantiert keine fruchtbare Bewegung des Herzens, keinen erfahrenen Trost, keine seelische Stärkung.

Gott zwingt und überwältigt nicht

Diese können nur geschehen, wenn der Mensch sich öffnet. Gott lädt ein, bietet sich an, wirbt gar um unser Jawort. Aber wie jeder Liebende zwingt und überwältigt er nicht, achtet unsere Freiheit, hofft auf unser Ja.

Es scheint fast paradox, wie ein Lied (GL 862) Gottes Geschenk des Friedens, unsere Vernunft, Hoffnung und Liebe aneinanderbindet: „Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, der halte unsren Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe.“

Seine Botinnen und Boten bringen Frieden

Aber es ist nicht paradox, es schildert anschaulich das Ineinander von Geschenk und Annahme, Gabe und Aufgabe, Sein und Werden des Friedens. „Der Herr / der Friede ist mit euch – Gebt einander ein Zeichen des Friedens – Gehet hin in Frieden!“ Wie ein roter Faden durchläuft Papst Leos erster Satz jede Eucharistiefeier: Bis heute sind die Botinnen und Boten Jesu unterwegs, bringen Seinen Frieden – und hoffen auf offene Herzen.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 14. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr C finden Sie hier.

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