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Schwere Vorwürfe gegen den früheren Bischof von Gurk-Klagenfurt, Alois Schwarz, erhebt das örtliche Domkapitel. Offenbar ohne Zustimmung des Vatikans veröffentlichte es im Internet die Zusammenfassung eines Prüfberichts über die Finanzverwaltung des sogenannten Mensalgutes, das direkt dem Bischof zugeordnet war. Der Vatikan hatte die Publikation vergangene Woche im Eilverfahren untersagt.
Der Prüfbericht als PDF.
Der Sprecher des Domkapitels und derzeitige Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger sprach vor der Presse von einem „System Schwarz“ und verwies auf dessen persönliches Umfeld. Er führt fragwürdige Personalentscheidungen und undurchsichtige Vorgänge im Amts-, Führungs- und Lebensstil ins Feld. Guggenberger kündigte sogar Regressforderungen gegen den früheren Bischof an, der das Bistum in Österreich bis Mitte 2018 leitete.
Die Rolle der Leiterin eines Bildungshauses
Schwarz ist seit Juli Bischof von St. Pölten. Er bitte um Geduld, bis die vatikanische Bischofskongregation „Antworten zur weiteren Vorgehensweise“ gebe, zitiert ihn die Nachrichtenagentur Kathpress.
Als „zentrales Problem“ der Ära Schwarz nennt Guggenberger ein „Abhängigkeitsverhältnis“ des Bischofs zur Leiterin eines diözesanen Bildungshauses, Andrea Enzinger. Das Haus soll vom Bischof finanziell besonders gefördert worden sein.
Veröffentlichung auch wegen des Verhaltens des Bischofs
„Dem Amt und der Kirche“ seien „über Jahre Schaden zugefügt“ worden, so Guggenberger, der zuvor als Generalvikar des Bistums amtierte. Die Situation habe „Priester und Mitarbeiter sehr belastet“. Zuletzt habe Schwarz sogar einen früheren Geheimdienstmitarbeiter engagiert, um anonymen Schreiben aus dem Kreis seiner Mitarbeiter nachzuspüren.
Man habe sich nicht zuletzt wegen Schwarz' Verhalten zu der Veröffentlichung des Prüfungsberichts entschieden, erklärte Guggenberger. Während der Diözese die Hände gebunden gewesen seien, habe der Bischof selbst ausführlich daraus zitiert und „entgegen der Faktenlage behauptet, dass ihn der Bericht von den Vorwürfen freispreche und sein Agieren dem Kirchenrecht entsprochen habe“. Wörtlich heißt es weiter: „Es ist den Menschen in Kärnten nicht vermittelbar und auch schwer zumutbar, wenn diese einseitige und unrichtige Darstellung unwidersprochen bliebe.“
Aufsichtsgremium wurde aufgelöst
Die nun vorgelegten Zahlen sprechen von 2,6 Millionen Euro Verlusten für 2016 und 2017. Zugleich ergab die externe Wirtschaftsprüfung für 2014 bis 2017, dass die Jahresabschlüsse formal allen gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Der Finanzbericht liegt derzeit auch zur Prüfung im Vatikan.
Verantwortlich für die Roten Zahlen war nach Angaben des Domkapitels nicht zuletzt das Bildungshaus St. Georgen mit seinem Hotelbetrieb. Nach Kritik an großen Investitionen in diesem Bereich habe der damalige Bischof das zuständige Aufsichtsgremium kurzerhand aufgelöst, hieß es. Statuten des Bistums seien über Jahre nicht eingehalten worden.
„Lichtscheues Verhalten“
Guggenberger wörtlich: Die „offenen Fragen“ hätten „eine Dimension erlangt“, die es unmöglich gemacht habe, die Angelegenheit als innerkirchlich zu betrachten „und die Öffentlichkeit außen vor zu lassen“. Einerseits solidarisierten sich viele Menschen mit der derzeitigen Diözesanleitung; andererseits drohten viele auch, die Kirche zu verlassen, weil diese selbst durch fehlende Transparenz ihre Glaubwürdigkeit beschädige. Von „lichtscheuem Verhalten“ war die Rede.
Schwarz hatte in der vergangen Woche betont, seine Tätigkeiten als Bischof hätten sich „immer an den Vorgaben des Kirchenrechts orientiert“, nämlich der „Erhaltung und Vermehrung des Stammvermögens des Bistums“. Das zeige sich in „massiven Wertsteigerungen angekaufter Immobilien, dem Rückkauf von Forstflächen sowie umfangreichen Sanierungen von Beständen“.
Guggenberger hält dagegen, sowohl im Vatikan als auch in der Österreichischen Bischofskonferenz unter Leitung des Wiener Kardinals Christoph Schönborn habe man „seit Jahren Kenntnis über die Auswirkungen des ,Systems Bischof Schwarz'“ gehabt, spätestens seit 2008. Ausdrücklich entschuldigte sich Guggenberger bei in früheren Jahren gekündigten Mitarbeitern und bei jenen, die wegen einer „unerträglichen Arbeitssituation“ selbst gekündigt hätten.