Initiative in Oer-Erkenschwick macht aus Gotteshaus Treff für Familien

Experimentell und ökumenisch - so ist die neue „Kirche kunterbunt“

  • Aus der evangelischen Friedenskirche in Oer-Erkenschwick wird die ökumenische „Kirche kunterbunt“.
  • Evangelische Gemeinde und katholische Pfarrei machen Angebote für Kinder und deren Familien.
  • Das zwanglose Zusammensein soll auch kirchenferne Menschen ansprechen.

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Frech, wild und wunderbar sind Attribute, die man eigentlich Pippi Langstrumpf zuschreibt. „Und genau das möchten wir sein. Neugierig und experimentell wollen wir die ‚Kirche kunterbunt‘ mit Leben füllen“, sagt die evangelische Diakonin Angelika Roth über das neue Kirchenangebot in Oer-Erkenschwick im Kreis Recklinghausen. Es startet frei nach dem Motto des selbstbewussten Mädchens mit den Sommersprossen: „Wie soll ich das wissen, wenn ich es noch nie versucht habe?“

Die neue „Kirche kunterbunt“ wendet sich besonders an Familien, die bisher wenig oder keinen Kontakt zu Kirche und Glauben hatten. Es ist ein Angebot zunächst für Kinder, die ihre Eltern in eine neue Willkommenskultur der Kirchen in Oer-Erkenschwick mitnehmen.

Ökumene wird großgeschrieben

Kinder entdecken im Kirchenraum eine Taufschale. | Foto: privat
Kinder entdecken im Kirchenraum eine Taufschale. | Foto: privat

Die evangelische Gemeinde hatte sich vor den Sommerferien dazu entschieden, der Friedenskirche eine neue Ausrichtung zu geben und den letzten „normalen“ Sonntagsgottesdienst gefeiert. „Der Pfarrer ging in Ruhestand. Es gibt für ihn keinen Nachfolger. Wir mussten also überlegen, was wir mit dem Gotteshaus tun“, sagt die Diakonin. Auch die Evangelische Kirche von Westfalen müsse überlegen, wie ihre Kirchbauten sinnvoll weitergenutzt werden können.

Dass die Nutzung zu einer „Kirche kunterbunt“ in Zusammenarbeit mit der katholischen Pfarrei St. Josef ökumenisch erfolgt, findet Pastoralreferentin Ina Engelke einfach nur gut: „Ökumene wird bei uns großgeschrieben. Die ökumenische Partnerschaft ist verbrieft. Wir leben geschwisterlich zusammen.“

Christliche Zusammenarbeit

Seit sechs Jahren gibt es beispielsweise die Ökumenische Chorgemeinschaft Oer-Erkenschwick. Entstanden ist sie aus dem Kirchenchor St. Josef und dem evangelischen Kirchenchor. Viele soziale Initiativen wie der „Laden“, wo Güter des täglichen Bedarfs günstig erworben werden können, und die Flüchtlingshilfe werden von den christlichen Gemeinden gemeinsam getragen.

„Es macht mehr Spaß, wenn wir als Christen zusammenarbeiten. So entsteht eine größere Auswahl für alle“, sagt die Pastoralreferentin. Nicht zuletzt gebe es viele konfessionsverbindende Familien, die gemeinsame kirchliche Angebote erwarteten.

Krabbeltreff und Krümelkirche

1977 entstand die evangelische Friedenkirche in Oer-Erkenschwick. | Foto: Johannes Bernard
1977 entstand die evangelische Friedenkirche in Oer-Erkenschwick. | Foto: Johannes Bernard

Die Pastoralreferentin und die Diakonin haben ein breites Programm für Kinder, Eltern und auch Großeltern entwickelt. Dazu gehören das Elterncafé, das offene Singen mit Kindern, Eltern und Großeltern, der Krabbeltreff und die Krümelkirche für alle Kinder im Krabbelalter. Eingeladen sind alle – unabhängig von Konfession, Religion und Weltanschauung.

Vorhandene Angebote bleiben erhalten. Seniorengruppen und Instrumentalkreise treffen sich wie gehabt. Gottesdienste in bekannten und neuen Formaten sollen neugierig machen. Taufgottesdienste, Hochzeiten, Beisetzungen, Gottesdienste zu allen hohen Feiertagen werden zumeist im ökumenischen Rahmen gefeiert.

„Messy Church“ als Vorbild

Wie Diakonin Roth erläutert, ist die in der evangelischen Kirche schon mehrfach erprobte „Kirche kunterbunt“ die deutsche Version von „Messy Church“. Die erste „Messy Church“ ist 2004 in England entstanden. Seither sind in den zumeist protestantischen Kirchen weltweit rund 5000 weitere „Messy Churches“ entstanden, so in den Niederlanden, in Skandinavien, Australien und Neuseeland.

„Es geht um Gastfreundlichkeit auch für diejenigen, die wenig oder keinen Kontakt zur Kirche haben. Oft kommen durch Kinderaugen die Älteren selbst ins Fragen und Nachdenken über den Glauben“, sagt Roth.

Einladung an suchende Menschen

Diesen Ansatz möchte auch Pastoralreferentin Engelke umsetzen: „Gemeinsam in unbekanntes Land aufbrechen, mit Gott unterwegs sein, mit fragenden und suchenden Menschen Gottes Gegenwart erfahren und Glauben neu entdecken, das wollen wir.“

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