DOKUMENTATION

Genn: Tod Großböltings mahnt, im Kampf gegen Missbrauch nicht nachzulassen

Anzeige

Bischof Felix Genn hat den verstorbenen Historiker in einer bewegenden Stellungnahme gewürdigt. Wir dokumentieren den Wortlaut.

Von red

Bischof Felix Genn hat den verstorbenen Historiker Thomas Großbölting in einer Stellungnahme gewürdigt. Das Bistum Münster hatte den Forscher 2019 mit der Erstellung der Missbrauchsstudie für das Bistum Münster beauftragt und 2024 für die Kommission zur unabhängigen Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Münster (UAK) vorgeschlagen. Kirche+Leben dokumentiert die Stellungnahme Genns im Wortlaut.

„Die Nachricht, dass Professor Thomas Großbölting bei einem tragischen Unfall mitten aus dem Leben gerissen wurde, hat mich tief erschüttert. Zu betonen, dass er sich große Verdienste um die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs erworben hat, ist richtig, greift aber für mich zu kurz. Denn diese Aufarbeitung, mit der wir ihn und sein Wissenschaftler-Team 2019 für das Bistum Münster beauftragt hatten, war für ihn kein Forschungsprojekt wie jedes andere.

Genn: Unfassbares Engagement für Betroffene

Bei jeder Begegnung mit ihm spürte ich, wie sehr das, was Priester und andere Mitarbeitende der katholischen Kirche Menschen durch sexuellen Missbrauch und seine Vertuschung angetan haben, ihn auch persönlich mitnahm, anrührte und zu Recht zornig machte. Er verlor beim Blick in die tiefsten Abgründe menschlichen Verhaltens zwar nie den Blick des Wissenschaftlers, machte es sich aber zugleich zu einer persönlichen Lebensaufgabe, sich mit unfassbar großem Engagement für die Betroffenen sexuellen Missbrauchs einzusetzen. Mit dem Tod von Professor Thomas Großbölting haben die Betroffenen sexuellen Missbrauchs einen ihrer wichtigsten Fürsprecher verloren.

Die Schicksale der einzelnen Betroffenen sexuellen Missbrauchs hatten für ihn die höchste Priorität. Das zeigt auch die Missbrauchsstudie für das Bistum Münster, in der einige dieser ‚Fälle‘ ausführlich geschildert wurden. Darüber hinaus setzte er sich mit der Studie und im Anschluss aber auch intensiv für die Bekämpfung der systemischen Ursachen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche ein. Wie weit wir hier im Bistum Münster inzwischen gekommen sind, mögen andere beurteilen.

Großbölting hinterlässt Auftrag und Mahnung

Die Maßnahmen, die wir bis in die jüngste Vergangenheit ergriffen haben, um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in unserem Bistum möglichst zu verhindern, sind aber ganz entscheidend auch das Verdienst von Professor Thomas Großbölting. Und so hinterlässt er uns allen, die wir Mitarbeitende und insbesondere Verantwortungsträger in der katholischen Kirche sind, mit seinem Tod den Auftrag und die Mahnung, nicht nachzulassen im Kampf gegen sexuellen Missbrauch. In diesem Sinne werden wir im Bistum Münster das Gedenken an Professor Thomas Großbölting lebendig halten.

In meinen Gedanken und Gebeten bin ich in diesen Tagen insbesondere bei der Familie von Professor Thomas Großbölting, bei seiner Frau und seinen Kindern. Seiner Familie und allen, die sich mit ihm verbunden fühlen, spreche ich mein herzliches Beileid aus.“

Anzeige