Anwälte sprechen von einem „System Eichstätt“

Finanzskandal im Bistum Eichstätt: Externer Prüfbericht vorgelegt

Das Bistum Eichstätt hat einen umfassenden Prüfbericht externer Anwälte zu dem vor einem Jahr selbst publik gemachten Finanzskandal veröffentlicht. Darin werden der ehemalige Finanzdirektor und frühere Domkapitulare als Hauptverantwortliche benannt.

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Das Bistum Eichstätt hat einen umfassenden Prüfbericht externer Anwälte zu dem vor einem Jahr selbst publik gemachten Finanzskandal veröffentlicht. Darin werden der ehemalige Finanzdirektor und frühere Domkapitulare als Hauptverantwortliche benannt. Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt nach einer Anzeige von Bischof Gregor Maria Hanke seit Juli 2017 gegen den ehemaligen stellvertretenden Finanzdirektor und einen seiner Geschäftspartner wegen Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit.

Der Prüfbericht als PDF.

Der Münchner Rechtsanwalt Ulrich Wastl korrigierte bei der Vorstellung seine bisherige Darstellung der Rolle des ehemaligen Finanzdirektors. Dieser sei bei den 31 umstrittenen Darlehen für Immobilienprojekte in den USA „mitnichten getäuscht“ worden. Er habe vielmehr gewusst, dass für die Kredite größtenteils keine Sicherheiten hinterlegt gewesen seien. In einer Befragung habe er eingeräumt, wenigstens 30 Millionen Euro aus dem Bistumsvermögen für diese Anlagen genehmigt zu haben. Damit habe der Geistliche seine „Pflichten gröblichst verletzt“.

Weitere problematische Entscheidungen

Der Prüfbericht listet auf 148 Seiten weitere problematische Entscheidungen auf, darunter die Gründung einer Gesellschaft zum Betrieb von Frachtschiffen 2012. Dafür seien gegen fachlichen Rat fünf Millionen Euro ausgegeben worden; das Investment sei heute wertlos. Im Zuge der Geschäftsanbahnung habe sich der Finanzdirektor eine mehrtägige „Luxusreise“ in die philippinische Hauptstadt Manila bezahlen lassen. 2011 habe er für das Domkapitel ein Konto mutmaßlich zu seiner persönlichen Verfügung eröffnet, auf das in zwei Tranchen 50.000 Euro geflossen seien.

Das Bistum Eichstätt habe nach 1983 vorschriftswidrig mehr als 20 Jahre lang keinen Vermögensverwaltungsrat gehabt, erklärte der Anwalt. Das Gremium sei erst 2004 vom damaligen Bischof Walter Mixa installiert und bis auf eine Ausnahme mit hochrangigen Klerikern ohne Finanzkompetenz besetzt worden. Weitere Kontrollgremien hätten gar nicht getagt.

Abgestufte Mitverantwortung für Bischof Hanke

Letztlich habe in der Diözese „nur eine Handvoll Leute“ über das Bistumsvermögen Bescheid gewusst, so Wastl. Nachfragen seien nicht üblich gewesen. Darin zeige sich ein fragwürdiges Hierarchieverständnis.

Der Bericht weist Bischof Gregor Maria Hanke und Generalvikar Isidor Vollnhals eine abgestufte Mitverantwortung für den Skandal zu. Hanke hätte schon 2013 intensiver darauf drängen können, das „System Eichstätt“ zu beseitigen, hieß es.

Hanke: Werde mich den Problemen stellen

Ihn entlaste aber der Umstand, dass ein Bischof zwar die Leitungsmacht besitze, aber nicht im Sinne eines „Über-Finanzdirektors“. Nach ersten internen Versuchen einer Neuordnung der Finanzverwaltung habe sich Hanke 2015 zu einer Transparenzoffensive mit externen Experten entschlossen und inzwischen einen Großteil der nötigen Reformen auf den Weg gebracht.

Einen Rücktritt schloss Hanke, der seit 2006 Bischof in Eichstätt ist, am Dienstag aus. Er werde sich den Problemen stellen und den Transparenzprozess „weiter durchziehen“. Der Finanzskandal habe einen verheerenden Imageschaden für die Kirche angerichtet. Die Vorgänge seien „zutiefst beschämend“. Die Diözese hat aus Geschäften im US-amerikanischen Dallas in Höhe von 60 Millionen Dollar lediglich sechs Millionen Dollar zurückerhalten.

Schüller legt Hanke Rücktritt nahe

Thomas Schüller, Professor für katholisches Kirchenrecht an der Universität Münster, legte Hanke einen Amtsverzicht nahe. Das sei die einzig denkbare Antwort auf den Prüfbericht, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. Der Bischof habe bis zum Aufkommen des Finanzskandals „die Dinge laufen lassen“.

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