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Sie sind so katholisch, wie der Ort aus dem sie kommen. Lara und Andreas Messing sind in Havixbeck bei Münster aufgewachsen. Der sonntägliche Kirchgang stand in ihrer Kindheit nie in Frage. Taufe, Erstkommunion, Engagement in der Pfarrjugend, später auch auf Diözesanebene.
Wie konnte es da passieren, dass sie bei der Firmung „durchflutschten“? Die Frage haben sie sich in den vergangenen Wochen selbst gestellt. „Meine Eltern bekamen den Pfarrei-Brief für den Jahrgang, zu dem ich gehörte“, erinnert sich Andreas Messing. „Dann fragten sie mich, ob ich mich firmen lassen wollte.“ Er wollte nicht.
Es passte nicht
Andere Dinge waren für den damals 15-Jährigen wichtiger. „Bei mir gab´s in der Zeit nur Fußball und KJG.“ Ein Jahr später kam noch einmal die Anfrage. Es passte ihm wieder nicht. Seiner Frau erging es ähnlich. Auch ihre Eltern überließen ihr die Entscheidung. Danach war das Sakrament kein Thema mehr.
„Weder mein Kopf noch mein Bauchgefühl haben mich irgendwann daran erinnert“, sagt Andreas Messing. Auch keiner aus seinem Umfeld kam auf die Idee nachzufragen, ob er alle klassischen Stationen der „katholischen Karriere“ hinter sich gebracht hatten. „Warum auch?“, fragt der 35-Jährige. „Der Glaube in meinem Alltag war dadurch ja kein anderer als mit dem Sakrament der Firmung.“
Regelmäßig in die Kirche
Denn das Engagement in der Pfarrgemeinde blieb. Messing organisiert heute noch die Pfarrfeste, ist Mitglied der Bruderschaft von St. Dionysius in Havixbeck und Vorsitzender des KJG-Fördervereins. Seine Frau unterstützt ihn bei seinem Engagement. Auch der regelmäßige Kirchgang gehört dazu. Intensiv war der Kontakt mit der Jugendkirche effata während ihrer Ausbildungszeit in Münster.
Das alles wäre auch so weitergelaufen, nachdem sie vor einigen Jahren wieder nach Havixbeck zurückzogen. Doch plötzlich war das Thema Firmung wieder auf der Tagesordnung. Im Gespräch vor ihrer Trauung zeigte sich Pfarrer Siegfried Thesing überrascht. „Bei unserem katholischen Werdegang war er einfach davon ausgegangen, dass wir gefirmt sind“, erinnert sich Lara Messing. Sie überlegten kurz, ob sie die Firmung in die kirchliche Trauung einbinden sollten, ließen den Gedanken dann aber fallen.
Das Thema Firmung war damit wieder vom Tisch. Und wäre sicher auch dort geblieben, wenn da nicht der Zeitungsartikel gewesen wäre, in dem der Pfarrer vom Projekt „Firmung für Durchgeflutschte“ berichtete. „Ich habe mich in seiner Anfrage wiedergefunden“, sagt die 31-Jährige. „Ich merkte, dass die Firmung etwas war, das mir irgendwie fehlte.“ So war es auch für ihren Mann. Beide entschieden sich, sie nachzuholen.
Kein Gruppenzwang
Was folgte, war eine „andere Art, sich mit Firmung auseinander zu setzen“, sagen beide. „Anders als mit 15 Jahren, bewusst, in vielen Gesprächen miteinander reflektiert – keine Sache, die wir nur aus Tradition gemacht hätten.“ Das Gefühl ist ein anderes, als es in ihrer Jugend war. Ihre persönliche Motivation heute gibt der Entscheidung in ihren Augen eine besondere Kraft. „Es steht tatsächlich die Stärkung unseres Taufgeheimnisses im Mittelpunkt, kein Gruppenzwang oder gar die Vorstellung anderer.“
An diesem Punkt müssen sie schmunzeln. „Bei der Auswahl unserer Firm-Paten wird das sicher eine entscheidende Rolle spielen“, sagt Lara Messing. „Ich werde nicht den Onkel nehmen, der mir das größte Geschenk machen würde.“ Denn auch hier wird viel mehr der Gedanke im Vordergrund stehen, dass sie bei der Sakramenten-Spendung jemand hinter sich stehen haben, der diesen Schritt bewusst mit ihnen geht.
Zwischen Tradition und Lebensgeschichte
In St.-Dyonisius in Havixbeck wird derzeit das Firm-Alter heraufgesetzt. Deswegen ist der Termin in diesem Jahr ein wenig verwaist. Im Herbst werden lediglich jugendliche Nachzügler und weitere „Durchgeflutschte“ mit den Messings das Sakrament empfangen. Die Taufe ihres Sohns Jan hat sich zusäzlich vor die eigene Firmung geschoben. „Wir liegen damit irgendwo zwischen Tradition und ganz individueller Lebensgeschichte“, sagt Lara Messing. „Aber ist es nicht genau der Punkt, an dem Kirche einen Knoten lösen muss?“
Sie meint damit die Chance, das tragende Fundament nicht verlassen zu müssen und trotzdem flexibel für individuelle Wege zu sein.