In bisheriges Seniorenheim sollen Geflüchtete einziehen

Flüchtlinge statt Senioren: Diakonie Berlin weist Finanz-Motive zurück

  • Die Berliner Diakonie weist den Vorwurf finanzieller Motive für die Nutzung eines bisherigen Seniorenwohnheims als Flüchtlingsunterkunft zurück.
  • Ein Medienbericht hatte behauptet, Geflüchtete unterzubringen sei "wegen öffentlicher Zuschüsse viel lukrativer als Altenpflege".
  • Die Diakonie erklärt, die Finanzierungsstrukturen seien komplex, eine reißerische Vereinfachung sei "nicht hilfreich".

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Die Berliner Diakonie weist den Vorwurf finanzieller Motive für die Nutzung eines bisherigen Seniorenwohnheims als Flüchtlingsunterkunft zurück. "Diakonisches Engagement in der Geflüchtetenarbeit kann nie von Profitdenken geprägt sein: Mehr als 30 Mitgliedseinrichtungen der Diakonie bieten in Berlin und Brandenburg über 5.000 Geflüchteten eine sichere und qualitativ wertige Unterkunft und soziale Betreuung. Diese Arbeit ist alles andere als eine Goldgrube", sagt die Direktorin der Diakonie Berlin / Brandenburg / Schlesische Oberlausitz, Ursula Schoen.

Anlass ist die Diskussion um ein Berliner Seniorenwohnheim in diakonischer Trägerschaft der evangelischen Kirche, das geschlossen wird und in das Flüchtlinge einziehen sollen. "Focus Online" hatte berichtet, in dem Gebäude sollten Geflüchtete untergebracht werden, weil dies "wegen öffentlicher Zuschüsse viel lukrativer als Altenpflege" sei.

"Reißerische Vereinfachung"

Dagegen erklärt Schoen, "das reißerische Aufwiegen von Seniorinnen und Senioren gegen Geflüchtete" sei nicht zielführend. Die Finanzierungsstrukturen in der Flüchtlingsarbeit seien hochkomplex. Außer den direkt erstatteten Unkosten entstünden auch in der Arbeit mit Geflüchteten hohe Neben- und Investitionskosten, die häufig durch die Trägereinrichtung aufgebracht werden müssten.

"Eine einfache Aufrechnung - wie sie der aktuellen Berichterstattung zu 'Pflege und Wohnen am Schillerpark' als Grundlage dient - wird der Situation nicht gerecht. Es wird eine Stimmung geschürt, die wir gerade jetzt nicht gebrauchen können", kritisiert Schoen.

"Bestehende Unterkunft wird erweitert"

Sie hebt hervor, mit der Aufnahme der Geflüchteten in das Gebäude auf dem Gelände des Paul-Gerhardt-Stifts werde eine seit Jahren bestehende Unterkunft für besonders schutzbedürftige Geflüchtete als Vertragseinrichtung des Berliner Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten erweitert. Das Stift liege zudem in räumlicher Nähe zum Aufnahmezentrum Reinickendorf.

In dem Gebäude im Wedding ist das Seniorenwohnheim seit 2006 untergebracht. Bisheriger Pächter ist die Johannesstift-Diakonie, Vermieter das diakonische Paul-Gerhardt-Stift. Dieses betont, dem Pächter sei der Mietvertrag nicht gekündigt worden. Ebenso wies die Einrichtung die Aussage zurück, es habe eine Kündigung wegen Eigenbedarfs gegeben. "Die Umnutzung des Pflegeheims war keine wirtschaftliche Entscheidung, sondern rührt aus den bestehenden Strukturen sowie den Bedarfen des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten", so das Paul-Gerhardt-Stift.

Die Johannesstift-Diakonie erklärt, "nach unterschiedlichen Vorstellungen bezüglich der nach den Miet- und Pachtverträgen vereinbarten Pachtzinserhöhungen" habe das Paul-Gerhardt-Stift 2021 den Wunsch geäußert, das Gelände an der Müllerstraße künftig für eigene Aktivitäten zu nutzen. Danach hätten beide Seiten eine vorzeitige Beendigung der Miet- und Pachtverträge vereinbart.

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