Philipp Gessler zu neuen Möglichkeiten für den Papst

Franziskus, freie Fahrt für Reformen!

Anzeige

Nimmt die Reform der katholischen Kirche nochmal an Fahrt auf? Nach dem Tod Benedikts XVI. könnte Papst Franziskus mutig vorangehen, kommentiert der Journalist Philipp Gessler hoffnungsfroh.

Wird Papst Franziskus in diesem Jahr zum Endspurt seines Pontifikats antreten, um entfernt ein Bild von Paulus (1 Korinther 9,24) aufzunehmen? Diese Frage unterstellt, dass seine Amtszeit nicht mehr so lange andauern wird, was angesichts seines Alters von 86 Jahren ziemlich wahrscheinlich ist. Zugleich steht dahinter die Idee, dass Franziskus eine noch unvollendete Agenda hat. Wenn man diese Ziellinie grob als „Reform der katholischen Kirche“ beschreiben will, dann, ja, ist er diesem Ziel erst in Ansätzen nahegekommen.

Mitte März ist Papst Franziskus zehn Jahre im Amt. Das wäre ein guter Zeitpunkt, nun endlich all das anzustoßen, was er seit 2013 nicht anpacken konnte oder wollte. Nach dem Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. vor wenigen Tagen ist womöglich eine Last von Franziskus gefallen, auch wenn er dies sicherlich öffentlich so nie sagen würde.

Franziskus sollte mutig sein

Denn der Argentinier muss jetzt keine Rücksicht mehr auf den zurückgetretenen Ex-Papst in den vatikanischen Gärten nehmen. Nun ist die ungeschriebene Regel zumindest abgeschwächt, dass man dem direkten Vorgänger auf dem Petrus­thron nie direkt widersprechen sollte. Und diese Zurückhaltung wurde in den vergangenen zehn Jahren ja noch dadurch verstärkt, dass Joseph Ratzinger leider weiterhin öffentlich wirkte, genauer: bremste, auch wenn er Gegenteiliges bei seinem Amtsverzicht 2013 versprochen hatte.

Der Autor
Philipp Gessler ist Journalist, Sachbuchautor und Redakteur des evangelischen Monatsmagazins „zeitzeichen“. Unter anderem be­obachtet er die Entwicklung der katholischen Kirche, in Deutschland etwa beim Synodalen Weg, und berichtet darüber.

Franziskus wäre also frei, endlich das mutig in Angriff zu nehmen, was zu einer Reform der Kirche vernünftigerweise vonnöten wäre: Mehr Synodalität (oder Demokratie) in der Hierarchie und auch für das Kirchenvolk, was der Papst im weltweiten Synodalen Weg ja eigentlich schon angelegt hat. Endlich gleiche Rechte für die Frauen am Altar, was einige Bischöfe zurecht als eine Über­lebensfrage der Weltkirche betrachten. Ein energisches Aufräumen beim globalen Skandal um sexualisierte Gewalt durch Priester, was unerlässlich bleibt. Ein Ja zu den Zölibats­lockerungen, wie sie die Amazonas-Synode schon 2019 empfohlen hatte.

Drittes Konzil in Sicht?

Und schließlich, man darf ja noch träumen, die Ausrufung eines Dritten Vatikanischen Konzils, dessen Ende Franziskus selbst (wie Johannes XXIII.) wohl kaum mehr erleben würde. Denn nur mit einem solchen Konzil darf man hoffen, dass eine Reform der Kirche Roms auch nachhaltig wäre. Um es mit Paulus zu sagen: Go, Franziskus, go!

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

Anzeige