Papst bringt „Botschaft der Versöhnung“ in den Kaukasus

Franziskus reist nach Georgien und Aserbaidschan

Zum zweiten Mal binnen drei Monaten besucht der Papst am Freitag den Kaukasus. Vielerorts hoffen die Menschen auf seine Fähigkeiten als politischer Vermittler.

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Zum zweiten Mal binnen drei Monaten besucht der Papst am Freitag (30.09.2016) den Kaukasus. Als „eine Reise in zwei Etappen“ hatte der Vatikan im Frühjahr die auf den ersten Blick merkwürdige Doppelvisite angekündigt. Als Grund für die Aufteilung gab man Schwierigkeiten an, einen gemeinsamen Termin für die Gastgeber in Armenien, Georgien und Aserbaidschan zu finden. Das überzeugte nicht rundum. Armenien und Aserbaidschan sind sich spinnefeind. Erst im April hatten sie sich Gefechte um Berg-Karabach geliefert.

„Franziskus bringt eine Botschaft der Versöhnung in die Region“, sagte Vatikansprecher Greg Burke zu Wochenbeginn. Konkreter werden wollte er allerdings nicht. Ob und in welcher Form der Papst den Konflikt um die Region Berg-Karabach anspricht, wollte er auf Nachfrage eines Journalisten nicht sagen. „Wir müssen warten und sehen, was passiert.“

 

Papst als politischer Vermittler?

 

Seit seinem spektakulären diplomatischen Erfolg als Wegbereiter der Wiederannäherung zwischen den USA und Kuba eilt Franziskus der Ruf des politischen Vermittlers voraus. Doch es wäre eine noch weit größere Sensation, wenn ihm dies auch im Kaukasus gelingen würde. Die Region ist nicht nur politisch, sondern auch kulturell und religiös von starken Gegensätzen geprägt. In Georgien und Armenien dominieren orthodoxe Nationalkirchen, Aserbaidschan ist muslimisch. Hinzu kommt, dass sich die armenischen Gastgeber bei der vorherigen Kaukasus-Reise auch in Anwesenheit des Papstes kaum dialogbereit zeigten.

Zumindest auf ökumenischer Ebene ist bereits im offiziellen Programm ein Fortschritt zu verzeichnen. Erstmals wird laut Vatikansprecher Greg Burke eine Delegation der georgisch-orthodoxen Kirche in der Hauptstadt Tiflis am Gottesdienst eines Papstes teilnehmen. Das ist in Georgien keineswegs selbstverständlich: Als Johannes Paul II. (1978-2005) im Jahr 1999 die Kaukasus-Republik besuchte, hatte der bis heute amtierende Katholikos-Patriarch Ilia II. dies seinen Priestern verboten.

 

Ökumene der kleinen Schritte

 

Ilia II. (83) will Franziskus am Freitag in Tiflis treffen. Zu einem gemeinsamen Gebet wird es allerdings auch diesmal nicht kommen; eine Ökumene der kleinen Schritte ist angesagt. So betonte Vatikansprecher Burke eigens, dass der Patriarch den Papst am Flughafen persönlich begrüßen werde.

Die georgisch-orthodoxe Kirche zählt zu den schwierigsten Dialogpartnern für den Vatikan unter den orthodoxen Kirchen. Vergangene Woche protestierten mehre Dutzend Demonstranten, angeführt von orthodoxen Priestern, in Tiflis gegen den Papstbesuch. Während einer Kundgebung vor der Vatikanbotschaft erklärten sie, das Land brauche weder den Papst noch den Segen der katholischen Kirche.

 

Gespräch mit dem Islam

 

In Aserbaidschan steht der interreligiöse Dialog im Mittelpunkt des rund zehnstündigen Aufenthalts, vor allem das Gespräch mit dem Islam. In der Hauptstadt Baku besucht der Papst eine Moschee. Es ist nach der Blauen Moschee in Istanbul und einer Moschee in der Zentralafrikanischen Republik das dritte Mal, dass Franziskus ein muslimisches Gebetshaus besucht. Zudem trifft er den Scheich der kaukasischen Muslime, Allahsükür Pasazadä.

Zu Aserbaidschan unterhält der Vatikan besondere kulturpolitische Beziehungen: Eine Stiftung aus der Kaukasus-Republik finanzierte die im Februar 2016 beendete Restaurierung der Katakombe der Heiligen Marcellinus und Petrus in Rom. Erstmals in der neueren Geschichte habe eine Stiftung aus einem vom schiitischen Islam geprägten Land die Restaurierung eines christlichen Baudenkmals bezahlt, hieß es in einer Mitteilung des Vatikan, der die Katakombe verwaltet.

Franziskus kann sich bei der Geldgeberin am Wochenende persönlich bedanken: Die Vorsitzende der Stiftung ist Mehriban Aliyeva, die Frau des amtierenden Staatspräsidenten Ilham Aliyev. Mit Spannung wird erwartet, wie deutlich sich Franziskus in Anwesenheit des Präsidenten zur Lage der Menschenrechte äußern wird - um die es in Aserbaidschan, ebenso wie in Georgien, nicht zum Besten bestellt ist.

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