Berufe in der Kirche – Teil 3: Im Freiwilligendienst

Freiwilligendienst in einer Pfarrei – zwischen Kita und Seniorenheim

Die Beschäftigten beim Bistum Münster üben verschiedene Tätigkeiten aus. In einer Serie stellen wir einige von ihnen vor. Lea Krallmann erlebt im Freiwilligendienst mit viel Freude das vielseitige Arbeitsfeld einer Pfarrei.

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Es ist eine Reise quer durch die Gesellschaft – und das jede Woche. Seit Lea Krallmann nach ihrem Abitur im Oktober 2018  ihr Jahr im Bundesfreiwilligendienst begonnen hat, wird sie in genau fünf verschiedenen Arbeitsbereichen eingesetzt. „Jeden Tag etwas völlig anderes“, sagt die 19-Jährige. Montag beginnt sie in der Tafel der St.-Pankratius-Pfarrei in Emsdetten. Freitag beendet sie ihre Woche im Pfarrbüro. Dazwischen: Alles, was die Großpfarrei an Einsatzmöglichkeiten zu bieten hat.

Montagvormittag, 10 Uhr: Die ersten Lieferwagen mit Essen-Spenden aus den Supermärkten der Umgebung rollen vor die Emsdetten-Grevener Tafel. Krallmann wird jetzt als Mädchen für alles gebraucht. Ware auspacken, sortieren, in die Regale räumen. „Es gibt immer eine Ecke, wo ich mit anfassen kann.“

 

Hilfe bei der Tafel-Ausgabe

 

Bis zum Nachmittag muss alles am Platz sein, denn um 15 Uhr warten die Menschen vor dem Eingang. Krallmann übernimmt jetzt den Job an der Kasse. „Einige Kollegen machen das nicht gern“, sagt sie. „Weil es hier auch mal zu Spannungen kommt, wenn alle als Erste in den Laden wollen.“ Sie kontrolliert die Berechtigungsscheine, kassiert die drei Euro Einkaufsgeld, dann können die Menschen nach und nach ihre Körbe füllen.

Mit anschließendem Aufräumen dauert dieser Arbeitstag für Krallmann fast bis sechs Uhr. Die vielen Stunden hier, sagt sie, haben ihren Blickwinkel verändert. „Ich war anfangs sehr zurückhaltend, weil ich mit diesen Menschen noch nie Kontakt gehabt hatte.“

 

Im Seniorenheim

 

Zwischen Regalen, Kasse und Warteschlange aber hat sie viele nicht nur als Kunden kennengelernt. „Manche erzählen mir hier ihre Lebensgeschichte.“ Von vielen kommt ein herzliches „Danke“. Die junge Frau wünscht ebenso herzlich „alles Gute“. Von Zurückhaltung keine Spur mehr.

Dienstagmorgen, 9 Uhr: Im Seniorenzentrum Haus Simeon ist das Frühstück gerade beendet, als Krallmann zum Dienst kommt. Die Zeitungsrunde steht an. Während ein Betreuer vorliest, kümmert sich die Freiwilligendienstlerin um Getränke, begleitet die alten Menschen zur Toilette, führt viele Gespräche.

 

Sitzgymnastik und Singen

 

Auch hier ist sie da, um das Personal bei allem zu unterstützen, was für die Senioren auf dem Programm steht. Nächster Punkt: Sitzgymnastik. Die beginnt jedes Mal mit dem Lied „Das Wandern ist des Müllers Lust“. „Ich hatte das vorher noch nie gehört, jetzt kann ich es auswendig.“ Auch bei den anschließenden Turnübungen macht Krallmann mit, motiviert, gibt Hilfestellung.

Manchmal übernimmt sie Einzelbetreuungen, geht mir jemandem einkaufen, spazieren oder liest ein Buch vor. Und: „So viel Mensch ärgere dich nicht habe ich mein Leben noch nicht gespielt.“ Am Mittag wartet der Dienst im Speisesaal und dann „Fit für 100“ – wieder Sport im Stuhlkreis. Dieses Mal mit kleinen Gewichten an den Hand- und Fußgelenken. „Ich bin viel fitter geworden.“ Sie lacht.

 

Mit den Kindern in der Kita

 

Auch hier hat sie Kontakt zu Menschen aufgenommen, mit denen sie zuvor kaum zu tun hatte. Auch hier war sie anfangs unsicher. „Wenn ich jemandem etwas zu trinken gereicht habe, hatte ich Sorge, dass er sich verschluckt.“ Heute ist sie bei ihren Aufgaben entspannt, albert mit den alten Menschen und „kann ganz lange klönen“.

Mittwochmorgen, 9 Uhr: Im Kindergarten St. Jakobus geht es schon hoch her. Krallmann kommt gerade rechtzeitig zur Begrüßungsrunde in den Gruppen. Danach öffnen sich die Türen, und die Kinder suchen sich das Angebot, das ihnen am besten gefällt. In der Werkstatt wird gebastelt, auf der Entdecker-Insel neue Spiele ausprobiert, draußen auf dem Spielplatz getobt. Krallmann ist immer dort im Einsatz, wo die meisten Kinder sind. Sie bastelt und spielt mit, tröstet, hilft, wenn etwas nicht klappt.

 

Offener Ganztag und Grundschule

 

Das geht bis zum Nachmittag so, an dem jedes Mal Oskar kommt. „Der Höhepunkt eines jeden Mittwochs“, sagt Krallmann. Der Mischlingshund einer Erzieherin ist heißbegehrt bei den Kindern: streicheln, an der Leine führen, Leckerlis verstecken. Erst gegen fünf neigt sich der Arbeitstag zu Ende. Nach der Obstrunde, bei der eine Schüssel mit Fruchtstücken herumgereicht wird. „Ein Art gesundes Kaffeekränzchen zum Abschluss.“

Donnerstag, 7.45 Uhr: Es läutet auch für Krallmann in der Wilhelms-Grundschule. Die Kinder der ersten Klasse lernen Mathematik, einige schneller, andere langsamer. Die Freiwilligendienstlerin unterstützt die Lehrerin dabei, einzelnen Schülern Hilfestellungen zu geben. In den Pausen auf dem Schulhof ist sie Ansprechpartnerin und Spielgefährtin. Nachmittags betreut sie die Angebote des offenen Ganztags.

 

Fleißarbeit im Pfarrbüro

 

„Wenn ich einen Tag in der Woche ein wenig herausheben möchte, dann ist das dieser“, sagt Krallmann. Das hat seinen Grund. „Ich spiele mit dem Gedanken, Grundschullehrerin zu werden.“ Als ihr Dienstplan erstellt wurde, hat sie deshalb ihren Wunsch für diesen Einsatzort geäußert. „Super, dass das geklappt hat.“

Freitag, 7.30 Uhr: Das Pfarrbüro von St. Pankratius ist heute ihr Arbeitsplatz. Vorher geht es aber erst in die Kirche. Mit  dem Seelsorge-Team betet sie die Laudes, danach dient sie in der Frühmesse. Und dann wartet Fleißarbeit: „650 Pfarrnachrichten falzen und einsortieren.“ Botengänge und Büro-Aufgaben folgen. „Alles, was gerade anliegt.“

 

„Ich bin selbstständiger geworden“

 

Krallmann sagt, dass die vergangenen Monate sie verändert haben. „Ich bin selbstständiger geworden, weil ich Verantwortung übernehmen musste.“ Auch ihre Familie spiegelt ihr das. Motivation brauchte sie nicht, „weil jeder Tag spannend war“. Die Abwechslung, viele neue Begegnungen – ihr Horizont hat sich geweitet. „Morgens aus dem Bett zu kommen, war nie ein Problem.“

Zwei Dinge hebt sie hervor. „Zum einen haben mir die Kollegen von Beginn an das Gefühl gegeben, dass ich wirklich gebraucht werde.“ Sie war keine Mitläuferin, sondern hatte schnell ihre eigenen Zuständigkeiten. Zum anderen war da der Dank vieler Menschen. „Wenn ich heute durch die Fußgängerzone gehe, sprechen mich manchmal die Leute aus der Tafel, dem Seniorenzentrum oder dem Kindergarten an und bedanken sich für meinen Einsatz.“

 

Auf dem Weg zur Grundschullehrerin

 

Aus der Grundschule nimmt sie ein Erlebnis mit, das „tief in meinem Herzen seinen Platz gefunden hat“. Jener Junge, mit dem sie beim Schwimmunterricht Stunde um Stunde an der Einstiegstreppe entlanglief, weil er Angst vor dem Wasser hatte, hat es schließlich doch noch ins Schwimmbecken geschafft. „Es ist toll, wenn man solche Fortschritte sieht.“ Krallmann ist sichtlich gerührt, als sie berichtet, wie sich dieser kleine Junge in der großen Klassenrunde bei ihr bedankte. „Meine Idee, Grundschullehrerin zu werden, ist damit bestärkt worden.“

Freiwillige Soziale Dienste im Bistum Münster
Im Bistum Münster gibt es 1.400 Stellen im Freiwilligen Sozialen Jahr oder im Bundesfreiwilligendienst. Klassische Einsatzbereiche sind in der Pflege, im technischen Bereich, in der Verwaltung  oder im Fahrdienst. Dauer und Anfangs-Termin der Dienste sind flexibel. Neben dem Taschengeld von 402 Euro monatlich gibt es über das Jahr verteilt fünf Seminarwochen, in denen es um politische Bildung, Reflexion der Einsätze und Entwicklung persönlicher Perspektiven geht. Zuständig für die Vermittlung sind die Freiwilligen Sozialen Dienste (FSD) im Bistum Münster und die Katholischen Freiwilligendienste im Oldenburger Land (KFWD).

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