Nach 17 Jahren als Leiter in der Seelsorge-Abteilung in Münster geht er in den Ruhestand

Donatus Beisenkötter: Ich wollte nie Frommes und Soziales trennen

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Jugendarbeit, eine lebensnahe Seelsorge, eine authentische Kirche und ein alltagsbewährter Glaube: Das alles hat Donatus Beisenkötter nicht nur als gläubigen Menschen, sondern auch in seiner Arbeit für das Bistum Münster geprägt - und so ist er vielen Seelsorgenden und ehrenamtlich Engagierten bekannt. In diesen Tagen geht er in den Ruhestand - nach zuletzt 17 Jahren als Leiter der Abteilung Allgemeine Seelsorge im Münsteraner Generalvikariat.

Es gibt eine Konstante in seinem Leben. Eine, die ihn auf allen beruflichen und privaten Stationen begleitet hat. Die ihn als Jugendlichen antrieb, als ehrenamtlich und hauptamtlich Engagierten in der Katholischen Studierenden Gemeinde (KSJ) und als Mitarbeiter in der Seelsorge-Abteilung des Bistums Münster. Für Donatus Beisenkötter hörte der Glauben nicht an der Ausgangstür der Kirche auf. Im Gegenteil: Dort, im Alltag, in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung und in der politischen Diskussion wollte er mit seiner religiösen Motivation agieren.

„Herrschaft Gottes ist alternativ zu jeder denkbaren menschlichen Herrschaft – jede Herrschaft über Menschen ist damit grundsätzlich in Frage gestellt“, ist ein Satz, der ihn begleitet hat, sagt der 66-Jährige.  Er stammt aus dem Grundsatzpapier der KSJ, in die er Anfang der 1970-er Jahre eintrat. „Davon gehe ich immer noch aus.“ Die theologische Plattform des Verbandes ist bis heute seine persönliche Plattform geblieben. „Ich wollte nie das Fromme vom Sozialen trennen.“

Prägende Zeit mit den Jesuiten

Er betrat diese Plattform nicht auf Pfarrebene. „Aus der habe ich mich früh komplett verabschiedet.“ Das „Haus voll Glorie“ in der weihrauchgeschwängerten Heilig-Geist-Kirche in Münster mit den Fahnenabordnungen der Schützenvereine war nicht sein Ding. „Das war mir völlig über.“ Sein Weg war ein anderer. Der ging über die Kontakte zu den Jesuiten in Münster, die an seiner Schule, dem Hittorf-Gymnasium, im Unterricht und in der Seelsorge präsent waren.

Gruppenstunden im Torhaus des Klosters, Ferienfreizeiten mit den Ordensmännern und vor allem alltägliche Gespräche mit ihnen waren sein religiöses Zuhause. „Da war eigentlich immer jemand, mit dem ich quasseln konnte.“ Und der an entscheidenden Punkten wichtige Impulse setzte. Etwa beim Entschluss, Theologie zu studieren, als ein Jesuit mit zu ihm nach Hause ging und den Vater überzeugte, dass dies nur an St. Georgen, der Jesuiten-Hochschule möglich sein könne.

Politisch spannende Zeit

„Ziemlich endlos“, studierte er dort, sagt Beisenkötter grinsend. Auch weil er weiter intensiv in der KSJ aktiv war. Er eröffnete ein Schülercafé, übernahm Posten in der Stadt-Gruppe. Was ihm den Weg in seine erste Anstellung ebnete: Er wurde Bundesleiter des Verbands. „Das waren Zeiten, in denen das politische Engagement richtig abging.“ Nicht nur die Friedensbewegung stand auf der Agenda, auch ökologische Fragen, Antifaschismus und die Befreiungstheologie.

Wenn er sich daran erinnert, lehnt er sich in seinem Büro des Leiters der Abteilung Allgemeine Seelsorge zurück, das er als Rentner verlassen wird. In dem Raum mit den vielen Kisten, in die er seine Akten sortiert, ist zu sehen, dass eine lange Zeit zwischen damals und heute liegt. Aber keine große Entfernung in seinem Herzen und seinem Kopf. Die Plakate aus jenen Tagen hängen immer noch an seiner Wand. Sie erinnern an Veranstaltungen, Demonstrationen und Konzerte. Eins hängt da leider nicht mehr, er weiß nicht wo es abgeblieben ist. Den Text aber kennt er noch genau: „Gott schießt nicht mit Platzpatronen!“

Erlebnisse in Südafrika

Lautstarker Einsatz für die Gerechtigkeit Gottes – es gab ungezählte Stationen in seinem Leben, wo dieses Motto gepasst hat. Deshalb muss er einen Moment überlegen, um aus seinen Erinnerungen ein besonders passendes Beispiel herauszusuchen. „Die Zusammenarbeit mit den katholischen Studierenden aus Südafrika.“ Der Kontakt war eng, es gab gegenseitige Besuche. „Es war die Zeit, in der Nelson Mandela in Haft saß.“ Sie besuchten Gettos und sprachen mit Angehörigen von Opfern der Apartheid. An der Büro-Wand hängt heute noch ein Plakat: „Who on earth is Mandela.“

Wie sehr er sich von diesen Erlebnissen beeindrucken ließ, zeigt jener Moment, als sein Vater ihm später eine ziemlich teure Krüger-Goldmünze aus Südafrika schenken wollte –  für Beisenkötter ein Symbol der langjährigen weißen Herrschafts-Politik dort. „Ich kann sie nicht annehmen“, sagte er damals. „Es klebt Blut daran.“

Handwerkszeug für die Seelsorge

Als er nach seiner Zeit in der KSJ die Leitung der Abteilung Kinder- und Jugendseelsorge des Bistums Münster übernahm, war das für ihn „bruchlos“, sagt er. „Der allgemeine Zeitgeist der Jugend war auch in den Pfarreien, Gruppen und Verbänden zu spüren.“ Den nahm er auch mit in die Leitung der Abteilung seit 2005. Schon damals drängte eine Frage, die heute aktueller ist denn je: „Wie kann ich in Krankenhäusern oder Pflege-Einrichtungen das christliche Profil erhalten, wenn es immer weniger hauptamtliche Seelsorger gibt?“

Sein Team entwickelte Bildungsmöglichkeiten für Mitarbeiter in den Einrichtungen, die das seelsorgliche Profil quasi über ihre berufliche Tätigkeit einbringen konnten. Das Projekt „Kita – Lebensort des Glaubens“ ist ähnlich: „Haupt- und Ehrenamtliche bekommen Handwerkszeug, um den Glauben vor Ort lebendig zu halten.“

Kein Nachfolger, keine Resignation

Seine Stelle wird nicht wieder besetzt, was mit den Umstrukturierungen im Bischöflichen Generalvikariat in Münster zusammenhängt. Auch wenn damit Arbeitskraft für Dinge, die ihm ans Herz gewachsen sind, verloren geht – resignieren lässt ihn das nicht, sagt Beisenkötter: „Es gibt noch genug tolle, kompetente und engagierte Köpfe in den Seelsorge-Abteilungen, die vieles bewegen werden.“ Nachdenklich aber macht ihn das schon. „Wir müssen aufpassen, dass wir bei allen Strukturprozessen nicht daran gehindert werden, unser kreatives Potenzial freizusetzen.“

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