Idee in Brake in der Wesermarsch im Oldenburger Land

Gabelstapler-Schein in der Firmungs-Vorbereitung – das steckt dahinter

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Wie erreicht man Jugendliche heute noch mit der frohen Botschaft? Die Pfarrei St. Marien Brake (Kreis Wesermarsch) sagt: Reden über Gott ist zu wenig. Alle Firmlinge können deshalb erstmals während der Vorbereitung eine weitere „Qualifikation fürs Leben“ erwerben.

Das Gefährt ist so sperrig wie der Name der ganzen Gattung: „Flurförderzeuge“. Und wer mit einem Gabelstapler Paletten oder Kisten bewegen will, der braucht eine Ausbildung samt Prüfung. Das Gute: Der erworbene Fahrausweis ist ein Leben lang gültig.

Das ist nicht die einzige Parallele zum Firmsakrament. Aber eine, auf die das Katechese-Team im oldenburgischen Brake im Kreis Wesermarsch in diesem Jahr bei der Firmvorbereitung setzt.

Herausforderung Gabelstapler

Katechet Florian Loga (37) ist Ausbilder für die Spezialfahrzeuge. Über seinen Arbeitgeber, ein kommunales Schulungs- und Ausbildungszentrum, hat er das Firmprojekt organisiert.

Er erklärt einige der Herausforderungen am Steuer eines Gabelstaplers: „Das Schwierige ist der achtsame Umgang mit dem zweieinhalb Tonnen Gerät und die Beobachtung der Umgebung. Damit man mit dem Hubwerk tonnenschwere Kisten sicher bewegen kann.“

Stapler-Ausbildung statt Besinnungswochenende

Dorothé Erbe aus dem Katechese-Team fallen zu diesen Erklärungen sofort Ansatzpunkte zum Nachdenken über das eigene Leben ein: „Etwa über die Bedeutung von Achtsamkeit im Umgang mit anderen, Rücksichtnahme aufeinander. Das hat ja auch etwas zu tun mit Wertevermittlung und sozialem Miteinander.“

Die 48-Jährige war von Anfang an begeistert von der Idee von Pastoralreferent Thomas Fohrmann, die Vorbereitung der 27 Firm-Bewerberinnen und -Bewerber zwischen 13 und 16 Jahren der Diaspora-Gemeinde anders zu gestalten als bisher. Statt als Besinnungswochenende in einem Begegnungshaus diesmal unter anderem mit einer Gabelstapler-Ausbildung samt Prüfung und Führerschein.

Morgens Theorie und Praxis – nachmittags Gott und Bibel

Insgesamt vier Treffen im Herbst, jeweils an Samstagen, plant das vierköpfige Team der Diaspora-Pfarrei für die Firmlinge. Morgens stehen Theorie, Praxis und Prüfungen auf dem Programm, nachmittags etwas ganz Anderes.

„Anhand des Erlebten versuchen wir nach einer gemeinsamen Mittagspause, mit den Jugendlichen über ihr Leben und über Gott und Glaube ins Gespräch zu kommen“, sagt Pastoralreferent Fohrmann. Wie das aussehen könnte? „Etwa mit einem Bibeltext oder anderen Impulsen zum Thema Sicherheit, wenn es in der Ausbildung darum geht.“

Gabelstapler bieten Ansatzpunkte für Gespräche

Das Motto der Firmvorbereitung lautet: „Firmung – nichts für Hochstapler“. Thomas Fohrmann fallen auf Anhieb weitere Fragen ein, die ausgehend von der Staplerausbildung Ansätze für Diskussionen sein könnten: „Wir haben ja alle in unserem Leben irgendwelche Lasten zu tragen. Und Jesus kann heilen und helfen, wenn die Dinge wackelig und schwierig werden.“ Fohrmann nennt auch Sprachbilder wie „Sein Päckchen tragen“, „Übersicht bewahren“ oder „Aufpassen, sich nicht zu überheben“.

Der 48-jährige setzt vor allen Dingen auf das Handfeste des Katechese-Formats: „Da kann man die Unsicherheit und die Herausforderung selbst erleben.“ Das sei etwas Anderes, als eine Geschichte darüber zu hören. Er selbst und Dorothé Erbe werden die Ausbildung ebenfalls absolvieren.

Firmlinge bewegen bis zu 1,6 Tonnen

Florian Logas Schilderungen lassen ahnen, was das bedeutet: „Wir stapeln mit den Gabeln zum Beispiel Kisten oder Paletten übereinander. Und wir fahren auch mal mit ein oder zwei 800-Kilo-Boxen darauf. Das sind dann schon 1,6 Tonnen.“

Schulung und Prüfung sind von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) anerkannt. Selbständig einen Stapler fahren dürfen die Prüflinge allerdings erst mit 18 Jahren.

Und die Kosten? Da hat die Gemeinde mit dem gemeinnützigen Schulungszentrum „Zeit und Service“, auf deren Gelände die Ausbildung stattfindet, einen Spezialpreis ausgehandelt. Normalerweise kostet die Ausbildung 249 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Firmlinge bekommen das Ganze für eine Unkostenpauschale von 50 Euro.

Stapler-Ausbildung bietet besondere Chance

Für Thomas Fohrmann ist das Projekt ein Experiment mit Chancen, mehr und andere Jugendliche zu erreichen. Dabei spielt auch seine Erfahrung im Umgang mit ihnen eine Rolle: „Fragen, wie sie lange zur klassischen Firmvorbereitung gehört haben, stellen sich nur noch wenige.“ Darauf müsse man reagieren.

„Ich möchte nicht mit ein paar Gymnasiasten über irgendwelche Bibeltexte reden. Und die mehr praktisch Veranlagten, vor allen Dingen Jungs, kommen viel zu kurz.“ Fohrmanns Motto lautet deshalb: „Erst erleben, dann Gott ins Spiel bringen!“

Firmlinge sollen Kirche als „beschenkenden Ort“ erleben

„Die Jugendlichen sollen Kirche als beschenkenden Ort erleben“, sagt Fohrmann und weist auf die Möglichkeiten hin, die die Staplerausbildung biete: „Zum Beispiel, wenn man im Studium einen Job sucht oder eine Ausbildung machen will.“

Die Firmung in Brake ist für den 19. Januar terminiert. Ein bisschen von der ungewöhnlichen Vorbereitung wird dann vielleicht auch im Gottesdienst in St. Marien zu spüren sein. Das Katechese-Team überlegt, im Altarraum selbstgebaute Stühle aus Paletten aufzustellen. Ob auch ein Stapler in die Kirche fährt, steht noch nicht fest.

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