MEINUNG

Papst Leos XIV. Reden verbinden - auch die Spannungen in der Kirche?

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Er heißt Leo, er wirbt für den Frieden, steht für Synodalität. Guter Anfang, sagt Jochen Sautermeister. Jetzt braucht es den Praxistest.

 

Die Zeit des Wartens und der Spekulationen ist vorbei. Am Abend des 8. Mai 2025 trat Kardinal Robert Francis Prevost auf die Loggia des Petersdoms, um sich den Gläubigen und der Weltöffentlichkeit als Papst Leo XIV. vorzustellen und den päpstlichen Segen zu erteilen. Wenige haben damit gerechnet, dass bereits nach dem vierten Wahlgang der neue Papst feststehen würde, der das schwere Erbe von Papst Franziskus antreten soll. Und wer hätte gedacht, dass ein Papst Leo auf einen Papst Franziskus folgt.

Wenn gilt, dass der Name eine Papstes Programm ist, darf man durchaus gespannt sein. Seine Vorgänger mit demselben Namen geben jedenfalls ein ziemlich mehrdeutiges, teilweise sogar ambivalentes Bild ab. Es verbieten sich jedoch Vorfestlegungen. Schon so mancher Papst war für (k)eine Überraschung gut. Die Zeit der Spekulationen ist also nicht vorbei, sondern der Möglichkeitsraum dessen, was möglich sein kann, hat sich lediglich verringert.

Verbindendes statt Polarisierung

Der Autor:
Jochen Sautermeister ist Professor für Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn.

Die wohlüberlegten Worte, die Leo XIV., bei seinem ersten öffentlichen Auftritt sprach, haben gezeigt: Der neue Papst beherrscht das Parkett. Für alle war etwas dabei, jeder konnte sich angesprochen fühlen. Dass ein Papst ein Brückenbauer sein soll, versteht sich von selbst; schließlich lautet einer seiner Ehrentitel „Pontifex“ (wörtlich: „Brückenbauer“). 

Anscheinend soll dies für Leo XIV. auch Programm sein. Frieden, Gerechtigkeit, Gespräch, Dialog, Begegnung, Hand-in-Hand, ein Volk, eine synodale Kirche – all das zielt auf Gemeinsames und Verbindendes ab. In einer Welt voller Polarisierungen, Feindschaften und Kriege ist das mehr als nötig.

Was entscheidend sein wird

Im Anforderungsprofil des zu wählenden Papstes stand aber auch, dass ein Versöhner und Brückenbauer in der Kirche benötigt wird. Sein Aufruf zu einer vereinten Kirche und sein Bekenntnis zur synodalen und missionarischen Kirche hat sicherlich auch dazu geführt, dass Befürchtungen der Erleichterung wichen und Hoffnung genährt werden. Wer Angst vor dem Auseinanderbrechen der Kirche hat, darf sich ebenso beruhigt wissen, wie all diejenigen, die Sorge hatten, dass der Weg der Synodalität bald wieder zum Auslaufmodell werde.

Aber: Entscheidend wird sein, wie Papst Leo XIV. mit den Spannungen, Widersprüchlichkeiten und Friktionen innerhalb der Kirche umgeht und die Friedensbotschaft in die Welt trägt. Denn was die Rede kann, nämlich Ambiguitäten und Ambivalenzen sprachlich zusammenzuhalten, lässt sich in der Praxis nicht einfach abbilden. Die Frage bleibt also, wie der neue Papst die Begriffe mit Leben füllt und das zeigt sich erst – im Leben.

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

 

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