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Die Waffenstillstandsvereinbarung für Gaza lässt im Nahen Osten Hoffnung auf Frieden aufkommen. Mehrere Religionsvertreter äußern sich.
Die Einigung der Kriegsparteien über einen Waffenstillstand im Gazastreifen hat der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, einen bedeutenden Schritt genannt. Auch wenn es weitere Herausforderungen geben werde, gebe dieser erste Schritt „etwas mehr Vertrauen in die Zukunft und schenkt den Menschen – sowohl Israelis als auch Palästinensern – Hoffnung“, sagte der italienische Ordensmann am Donnerstagmorgen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Das Leben in Gaza werde für „noch lange Zeit schwierig bleiben“, aber es werde eine neue Atmosphäre für die Fortsetzung der Verhandlungen geben. Pizzaballa äußerte die Hoffnung, „dass dies nur der Anfang einer neuen Phase ist, in der wir beginnen können, nicht mehr über Krieg nachzudenken, sondern darüber, wie wir nach dem Krieg wieder aufbauen können“.
Pizzaballa zum Gaza-Krieg
Das Oberhaupt der lateinischen Katholiken im Heiligen Land hatte nach dem 7. Oktober 2023 klare Position bezogen und den Angriff der Hamas auf Israel als barbarisch bezeichnet. Gleichzeitig prangerte er wiederholt Tod und Zerstörung im Gazastreifen an und mahnte die Kriegsparteien zu Verhandlungen. Die Kirche warnte er dabei gleichermaßen vor falsch verstandener Neutralität wie vor politischer Vereinnahmung.
Gleich zu Kriegsbeginn bot er sich der Hamas als Austausch für israelische Geiseln an. Zweimal besuchte er das Kriegsgebiet und die dort lebenden Christen. Die lateinische und die griechisch-orthodoxe Pfarrei in Gaza-Stadt dienen seit Kriegsbeginn als Zufluchtsort für Hunderte Flüchtlinge. Die Kirche engagiert sich zudem in Zusammenarbeit mit kirchlichen Hilfsorganisationen wie den Maltesern in der humanitären Hilfe.
Abt Schnabel hofft auf Ende des Blutvergießens
Nikodemus Schnabel (46), deutscher Benediktiner-Abt der Jerusalemer Dormitio-Abtei, begrüßt das Abkommen der Kriegsparteien über einen Waffenstillstand im Gazastreifen. Die Kirche von Jerusalem feiert am 9. Oktober den Festtag des heiligen Erzvaters Abraham. Es freue ihn, „dass Israelis und Palästinenser, Juden, Christen und Muslime genau heute den allerersten notwendigen kleinen Schritt beschlossen haben, um das Blutvergießen und das Leid zu beenden“, sagte Schnabel am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Jerusalem.
Seine Hoffnung sei nun, dass die Menschen des Heiligen Landes sich wieder als „gemeinsame Kinder Abrahams entdecken“ und das Verbindende über das Trennende stellten. Bevor ernsthaft von Frieden gesprochen werden könne, stehe das Heilige Land vor der enormen Aufgabe eines umfassenden Heilungs- und Versöhnungsprozesses, so der Benediktiner. Dazu wolle seine Gemeinschaft im Heiligen Land alles in ihrer Kraft Stehende beitragen.
Aufatmen bei Stephan Wahl
Den in Jerusalem lebenden Trierer Priester Stephan Wahl lässt die getroffene Vereinbarung aufatmen. „Ich habe die leise Hoffnung, dass der Traum der Zwei-Staaten-Lösung doch noch nicht ausgeträumt ist“, sagte der Autor und frühere Sprecher der ARD-Sendung „Das Wort zum Sonntag“ am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Welche Motivation US-Präsident Donald Trump habe, sei zunächst zweitrangig. Hauptsache bleibe, dass „der erste Schritt nicht nur angekündigt ist, sondern auch schnell vollzogen wird“. Wahl äußerte die Hoffnung, dass „der Schrecken auf beiden Seiten zumindest eine Pause einlegt“.
Die tiefen Wunden, die der Konflikt und die jüngste Gewalt auf beiden Seiten verursacht hätten, ließen sich nur mit „unendlich viel Zeit, Mühe und Ausdauer etwas zu mildern“.
Stephan Wahl hofft auf Aufarbeitung
Wahl äußerte zudem die Hoffnung auf eine umfassende und unvoreingenommene Untersuchung, wie es zum 7. Oktober 2023 kommen konnte, aber auch, was im Gazastreifen tatsächlich passiert sei. „Es werden sich noch viele verantworten müssen und sich hoffentlich ihrer Verantwortung nicht entziehen“, so Wahl.