Themenwoche „Spitzenmedizin in katholischen Kliniken“ (6)

Wie das Marienhospital Vechta für eine sichere Geburt auf dem Land sorgt

Anzeige

Das St.-Marienhospital in Vechta bietet mit seinem Perinatalzentrum eine Maximalversorgung für Schwangere und Neugeborene. Warum die gerade in dieser ländlichen Region so wichtig ist.

Eines der möglichen Szenarien ist eine extreme Frühgeburt. Zum Beispiel eine Frau, die in der 24. Schwangerschaftswoche in die Klinik kommt. Während Hebammen und Frauenärztinnen und -ärzte alles tun, um die Geburt hinauszuzögern, bereitet die Neugeborenen-Intensivstation alles Weitere vor.

Doch auch bei einer „Routinegeburt“ können unerwartete Probleme auftauchen. Schwache Herztöne zum Beispiel, weil sich die Nabelschnur um den Hals des Kindes gewickelt hat. Oft ist es wichtig, dass in solchen Fällen in Minutenschnelle Ober- oder Chefärzte vor Ort sind.

Marienhospital Vechta auf Komplikationen bei Geburt vorbereitet

Als sogenanntes Level-1-Perinatalzentrum ist das Vechtaer St.-Marienhospital auf solche Fälle ebenso vorbereitet wie auf Mehrlingsgeburten oder etwa auf Früh- oder Neugeborene, die kurz nach der Geburt wegen einer Infektion Antibiotika oder andere Infusionen benötigen – mit Personal, Instrumenten und Fachwissen.

In etwa einem Drittel aller Geburten müssten Medizinerinnen und Mediziner eingreifen, sagt Dr. Dietmar Seeger. Der Chefarzt für Frauenheilkunde am St.-Marienhospital nennt zahlreiche Beispiele für solche Situationen, darunter Frühgeburten, Mehrlingsschwangerschaften oder Kaiserschnitte.

Bundesweit 166 Level-1-Perinatalzentren

Themenwoche Spitzenmedizin in katholischen Kliniken:
Die Ergebnisse wiederkehrender Klinikrankings sind deutlich: Konfessionelle Krankenhäuser stehen für eine patientennahe und beziehungsreiche, vor allem aber für qualitativ hochwertige Medizin und Pflege. Sie erhalten in unterschiedlichen Fachdisziplinen hervorragende fachliche Bewertungen, was verdeutlicht, dass Spitzenmedizin keineswegs nur an Unikliniken möglich ist. Die Krankenhauslandschaft steht unterdessen angesichts politischer Reformvorhaben in der Diskussion. Vor diesem Hintergrund blickt Kirche+Leben in einer Serie auf medizinische Leuchttürme in katholischer Trägerschaft, die sich im gesamten Gebiet des Bistums Münster zahlreich finden lassen.

Auf manche davon sind die meisten „normalen“ Krankenhäuser nicht eingerichtet. Deshalb existiert bundesweit ein ergänzendes Netz von 166 Level-1-Perinatalzentren. Diese bieten die höchste Stufe der Versorgung für Schwangere, Neu- und Frühgeborene, bevorzugt in großen Städten.

Aber auch die katholische Klinik im ländlich geprägten Kreis Vechta zählt zu diesem Kreis und erfüllt alle Voraussetzungen in Sachen Neugeborenen-Medizin. Als Angebot, das gerade im ländlichen Raum Oldenburger Münsterland wichtig ist.

Nirgendwo mehr Geburten als im Nordwesten Niedersachsens

Denn: Nirgendwo in Deutschland werden mehr Kinder geboren als im nordwestlichen Niedersachsen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2017 belegt der Landkreis Cloppenburg mit durchschnittlich 2,05 Kindern pro Frau den Spitzenplatz in Deutschland. Nur drei Plätze dahinter lag der Nachbarkreis Vechta. Das St.-Marienhospital Vechta ist eine von vier Kliniken der 2013 gegründeten katholischen Schwester-Euthymia-Stiftung. Zur Stiftung gehören außerdem das St.-Josefs-Hospital Cloppenburg, das Krankenhaus St. Elisabeth Damme und das St.-Franziskus-Hospital Lohne.

Im Umkreis von 60 Kilometern gibt es kein weiteres Zentrum mit einem vergleichbaren Angebotsspektrum. Ohne das in Vechta würden Schwangere trotz der nahen Autobahn A1 in vielen Fällen eine Stunde für die Fahrt nach Osnabrück oder Oldenburg benötigen. „Sechzig Minuten, die über Leben und Tod entscheiden können“, wie Dr. Oliver Schirrmacher, Chefarzt in der Kinderklinik, dazu erklärt.

Perinatalzentrum Vechta versorgt rund 500.000 Einwohner

Das Perinatalzentrum in Vechta versorgt rund 500.000 Einwohner. Das Einzugsgebiet umfasst drei Landkreise: Vechta, Cloppenburg und Diepholz. Und wenn der Platz in den Nachbar-Zentren Bremen-Mitte, Oldenburg oder Aurich knapp wird, kommen Verlegungen von dort hinzu. Die Kinderklinik versorgt im Jahr etwa 650 kranke Früh- und Neugeborene, davon etwa 55 Kinder unter 1.500 Gramm Geburtsgewicht und rund 30 Kinder unter 1.250 Gramm Geburtsgewicht.

Das enge Zusammenspiel der beteiligten Abteilungen – in erster Linie Geburtshilfe, Kinderheilkunde und Anästhesie – macht einen großen Teil der Stärke des Zentrums aus. Dazu kommt die umfangreichere personelle und medizinische Ausstattung.

Vechta ist optimal ausgestattet

Auch in Zeiten des Fachkräftemangels sei Vechta „sowohl pflegerisch als auch ärztlich hinsichtlich des Stellenschlüssels optimal besetzt“, erklärten dazu die Chefärzte der Kinderklinik. „Dies ist außergewöhnlich, da viele High-Level-Zentren in Großstädten kein Pflegepersonal finden, um alle Betten betreiben zu können.“

Betroffene Eltern können die Vorteile des Angebots schon Wochen vor der Geburt erfahren. Bereits im Vorfeld bietet das Perinatalzentrum im Falle absehbarer Geburtskomplikationen ausführliche Gespräche mit Geburtshelfern und Fachärzten an. Sobald eine Risikoschwangere mit Wehen das Haus betritt oder bei Nicht-Risikoschwangeren Komplikationen unter der Geburt abzusehen sind, laufen die dafür vorbereiteten Routinen ab. So bekommen etwa die „Neonatologen“, das sind Ärzte, die sich auf die Versorgung von Neugeborenen spezialisiert haben, und spezialisierten Pflegefachkräfte Bescheid, um sich vorbereiten zu können.

„Erhöhtes Risikoprofil“ bei Familien mit Migrationsgeschichte

Dass die Risikoversorgung in der Region so wichtig ist, hängt auch mit der Bevölkerungszusammensetzung zusammen. „In unserer agrarindustriell geprägten Region entbinden nicht nur viele Einheimische, sondern Familien haben oft eine Migrationsgeschichte“, sagt Dr. Christian Denne, Chefarzt in der Kinderklinik. Diese Mütter, vorwiegend aus Osteuropa stammend, sprächen oft kein oder nur sehr schlecht Deutsch und nähmen die Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft nicht so akribisch wie Deutsche wahr. „Somit liegt bei vielen unserer Geburten ein erhöhtes Risikoprofil vor.“

Auf der Neugeborenen-Intensivstation können zwölf Kinder gleichzeitig versorgt werden, davon sechs invasiv beatmete. Die Eltern haben uneingeschränktes Besuchsrecht rund um die Uhr. Direkt auf der Intensivstation können sie zwar nicht schlafen, das Hospital verfügt aber über kostenlose Elternbegleitzimmer mit Küche in fußläufiger Entfernung. 2021 zählte das St. Marienhospital Vechta 1.905 Geburten.

Anzeige