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Stille bei den 50 Zuschauern in der spartanisch eingerichteten Turnhalle der Justizvollzugsanstalt (JVA) für Frauen in Vechta. Auf der Bühne stehen Inhaftierte. Fast vollständig verhüllt durch Gewänder und Masken. Die Frauen recken ihre Arme in die Höhe – am Anfang nur als Schattengestalten hinter einem riesigen weißen Leintuch zu sehen.
Unter dem Titel „Suche Frieden“ tanzen und spielen die Inhaftierten das Leitwort des kommenden Katholikentags in Münster. Frauen, die möglicherweise einen Mord hinter sich haben und noch Jahre in der JVA gegenüber der Kirche St. Georg wohnen werden. Oder jene, die wegen leichterer Delikte am kommenden Montag entlassen werden.
Elf Monate Vorbereitung
„Sich selbst im Weg stehen“, durchbricht Guilia Knorr die Stille. „Durch Drogen, Alkohol, Gewalt und dem Druck unserer sich rasend schnell bewegenden Welt“, fährt sie fort. Als Verantwortliche für die Texte des Theaterstücks hat sie zusammen mit Kunsttherapeutin Terez Fothy seit elf Monaten dieses Projekt erarbeitet.
„Wir brauchen gute Beziehungen zu unserer Familie, unseren Partnern und Freunden“, lernt das Publikum die Sehnsüchte der Anfang 20- bis Ende 50-jährigen Gefangenen kennen.
Spontane Umbesetzung
Inzwischen vor die Leinwand getreten bewegen sich die Schauspielerinnen mit teils gekrümmten Rücken, als würden sie die Last ihres Lebens auf sich tragen. „Ich möchte mit den schlechten Dingen abschließen, dann habe ich Frieden“, ist weiter zu hören. Untermalt von jüdischen Friedensliedern, mit denen Robert Eilers den Zuschauern mit lauter werdender, zuletzt raumfüllender Stimme Gänsehaut bereitet. Begleitet von seiner Frau Christine und einem Chor.
Und dann taucht da neben den finsteren Figuren noch Clown Fridolin auf, gespielt von einer 40-Jährigen im weißen Gewand mit bunten Tupfern drauf. Immer wieder habe sie die anderen mitgerissen, obwohl sie selbst erst später ins Projekt eingestiegen sei. Weil eine andere Schauspielerin inzwischen aus der Haft entlassen wurde, sagt die Frau mit den vom Tabak dunkel gebräunten Fingerkuppen spontan zu.
Über den Schatten gesprungen
Die Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta hat 310 Haftplätze. Es ist die einzige Einrichtung dieser Art in Niedersachsen. Zur Vollzugsanstalt für Frauen in Vechta gehört eine Außenstelle in Hildesheim.
„Zum ersten Mal in meiner 26-jährigen Amtszeit in Vechta haben wir damit ein Projekt durchgeführt, bei dem Inhaftierte aus allen Bereichen zusammenkommen“ sagt Petra Huckemeyer, stellvertretende Leiterin des Haues. Die Frauen hätten sich auf die drei Stunden Arbeit an jedem Mittwochnachmittag gefreut. Man habe sich herzlich verabschiedet, sei als Gruppe zusammengewachsen.
Zum Beispiel die 27-Jährige, die das vom Landes-Caritasverband geförderte Projekt als „einen Raum der Harmonie“ erlebt habe, wie sie nach der Aufführung erzählt. Dabe sei sie über ihren Schatten gesprungen.
„Ich habe noch nie vor jemandem etwas aufgeführt“, sagt eine andere Inhaftierte. Dass Gäste eigens kommen, um ihre Arbeit zu sehen, ist für viele Gefangene eine völlig neue Erfahrung.
Theising: Äußere Freiheit ist relativ
Wie relativ äußere Freiheit ist, betont Weihbischof Wilfried Theising am Ende der Veranstaltung. Viele Menschen außerhalb der Gefängnismauern seien innerlich gefangen, sagt Theising, verbunden mit seinem Dank an die Inhaftierten.
Gemeinsam mit Domkapitular Klaus Winterkamp, dem Bistums-Beauftragten für den Katholikentag 2018, schenkt Theising den Schauspielerinnen rote Rosen. Und er gibt die Zusage, dass Inhaftierte, wenn sie es wünschen, Gäste beim Katholikentag sein können.