Katholiken und Protestanten bauen Kooperation aus

Gemeinden in Oelde gründen „ökumenische Wohngemeinschaft“

  • Die evangelische Kirchengemeinde und die katholische Pfarrei in Oelde wollen ihre Gottes- und Gemeindehäuser gemeinsam nutzen.
  • Die Verabredungen der kirchlichen Gremien stehen unter dem Motto „Eine ökumenische Wohngemeinschaft“.
  • Umgebaut wird unter anderem die katholische Kirche St. Joseph, die beiden Gemeinden zur Verfügung stehen soll.

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Die evangelische Kirchengemeinde und die katholische Pfarrei St. Johannes in Oelde im Kreis Warendorf werden mit Beginn des Jahres 2024 in eine sogenannte „ökumenische Wohngemeinschaft“ zusammenziehen und unter diesem Begriff die Kirchengebäude gemeinsam nutzen. Die entsprechenden Verträge sollen Ende des Jahres unterzeichnet werden.

„Wir sind in unserer Stadt in der Ökumene schon sehr weit. Nun wird es auch ein gemeinsames Immobilienkonzept geben“, sagte der leitende Pfarrer von St. Johannes, Pfarrer André Pollmann, im Gespräch mit „Kirche-und-Leben.de“. Eine Steuerungsgruppe aus den Gemeinden habe Pläne entwickelt, wie die Nutzung der Kirchengebäude und Gemeindezentren aussehen könnte.

Evangelische Gemeinde schließt zwei Kirchen

Zuvor war bekannt gegeben worden, dass die evangelische Gemeinde zwei ihrer drei Gotteshäuser in Oelde aufgeben wird. Geschlossen werden die Friedenskirche und die im Ortsteil Stromberg gelegene Christuskirche.

Die evangelische Pfarrerin Melanie Erben teilte ihrer Gemeinde mit, warum eine „ökumenische Wohngemeinschaft“ jetzt an der Zeit sei: „Wir stehen als Kirchen vor gemeinsamen Herausforderungen: Wir haben zu viele Gebäude. Wir haben zu wenig Seelsorgerinnen und Seelsorger, immer weniger Gottesdienstbesucher und auch weniger Aktive in den Gruppen und Kreisen. Wir haben immer weniger Finanzmittel. Wir werden kleiner durch die demografische Entwicklung und Kirchenaustritte.“

Gemeinsames Handeln in Oelde

Nach Gesprächen in den kirchlichen Gremien stand fest, dass die Entwicklungen in beiden Kirchen ein gemeinsames Handeln erfordert, wie Pollmann in einem Aufruf sagte: „Wir haben zunehmend gemerkt: Die Zeit ist reif. Die Zeit ist jetzt. Lasst uns mutig sein und machen und gemeinsam an einer ökumenischen Zukunft für Oelde denken. Bewährtes wollen wir dabei bewahren für die, die es brauchen, aber auch neue Formen finden für die, die in unseren Kirchen noch keine Heimat haben.“

Es sei ein Bild gewesen, das im Lauf der Gespräche immer mehr an Gestalt gewann: „Entstanden ist das Bild einer großen ökumenischen Wohngemeinschaft. Wir haben uns gefragt: Was wäre, wenn wir alle zusammenziehen?“, fasst Pollmann die Entscheidungsfindung zusammen.

Ökumenisches Kirchenbüro

Die Verabredung sieht vor, dass die beiden Innenstadtkirchen – sie liegen nur hundert Meter voneinander entfernt – konfessionelle Kirchen bleiben, aber zugleich wechselseitig genutzt werden. Gefragt werden soll: Welche Kirche ist für welchen Gottesdienst oder für welche Veranstaltung geeigneter?

Aus dem evangelischen Dietrich-Bonhoeffer-Haus wird ein ökumenisches Gemeindezentrum. Bei der anstehenden Sanierung werden die Bedarfe für die gemeinsame Nutzung berücksichtigt. Am Carl-Haver-Platz entsteht in den Räumen des derzeitigen katholischen Bürogebäudes und der bisherigen katholischen Bücherei ein ökumenisches Kirchenbüro, in dem alle kirchlichen Büros – evangelisch und katholisch – aus der Kernstadt zusammengefasst werden.

Umbau der Oelder St.-Joseph-Kirche

Ein weiteres ökumenisches Gemeindezentrum mit gemeinsamer Kirche ist am Wibbelt-Carrée im Norden der Stadt geplant. Dazu gehören Gemeinderäume und Kirche, die man gemeinsam nutzt. Die 1953 geweihte katholische Kirche St. Joseph wird zu einem modernen, flexibel nutzbaren Gotteshaus umgebaut. Dafür gibt die evangelische Gemeinde ihre Friedenskirche inklusive angrenzendem Gemeindehaus und Pfarrhaus auf.

Das alte katholische Pastorat an der Paulsburg wird den kirchlichen Beratungsstellen beider Konfessionen als gemeinsames Beratungszentrum angeboten. Im Ortsteil Stromberg wollen die Gemeinden nach der Schließung der evangelischen Christuskirche die katholischen Gotteshäuser – die Kreuzkirche und die Lambertikirche – gemeinsam nutzen. In den Ortsteilen Sünninghausen und Lette bleiben die Kirchen präsent.

Landeskirche und Bistum müssen zustimmen

Wie Pollmann sagt, wird das Immobilienkonzept mit dem Bistum Münster und der Evangelischen Landeskirche von Westfalen abgestimmt. Erst vor wenigen Wochen hatten die Diözesen und Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen einen gemeinsamen Praxisleitfaden mit dem Titel „Und wenn wir alle zusammenziehen“ herausgegeben und die Gemeinden ermutigt, in der Nutzung der Kirchengebäude neue und gemeinsame Wege zu gehen.

Nach Bekanntwerden der Pläne hatte Pollmann eine größere öffentliche Resonanz erwartet, die aber ausgeblieben sei: „Für viele ist es gar nicht überraschend oder auch gar nicht mehr interessant, was wir machen“, fasste er das Feedback zusammen.

Ökumene so selbstverständlich

Und weiter: „Ich war erstaunt, dass kein Leserbrief zu unserem Vorhaben in den örtlichen Medien erschienen ist. Wir müssen feststellen, dass es vielen Menschen gleichgültig ist, was die Kirchen gemeinsam auf den Weg bringen“, sagte der leitende Pfarrer. Er sei aber froh, dass die Ökumene in Oelde so selbstverständlich gelebt werde.

Die evangelische Gemeinde wird ihre Mitglieder in einer Versammlung am 9. Mai weiter über die gemeinsame Nutzung der Kirchengebäude informieren. Mit dabei ist auch Superintendent Frank Schneider vom Evangelischen Kirchenkreis Gütersloh.

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