GEMEINDEN UNTERWEGS (4)

Was die Sambia-Hilfe in Nordkirchen auszeichnet – seit 50 Jahren

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Seit 50 Jahren fördern Mitglieder der Pfarrei St. Mauritius Nordkirchen Projekte in Sambia. Von der Partnerschaft profitieren auch die Münsterländer.

„Durch die Eine-Welt-Arbeit erweitert sich der Horizont. Wer mitmacht, lernt ständig dazu“, sagt Reinhard Niehues. Seit 50 Jahren unterstützt er zusammen mit Mitgliedern des Sachausschusses Entwicklung und Frieden der Pfarrei St. Mauritius in Nordkirchen im Kreis Coesfeld die „Dominican Sisters of Zambia“, die sich um die Ärmsten der Armen im südlichen Afrika kümmern.

Einmal in der Woche hält Niehues per Mail Kontakt mit den Schwestern. Diese berichten über Fortschritte und Veränderungen der Projekte, die von Nordkirchen bezuschusst werden und senden Fotos darüber. „Es ist ein freundschaftlicher Austausch. Wir kennen uns. Die Informationen gebe ich in die Gemeinde weiter“, sagt Niehues.

Sambia: Hilfe soll langfristig wirken

Damit die Hilfe nicht nur kurzfristige Effekte mit sich bringt, unterstützt der Sachausschuss Projekte, bei denen ein ganzheitlicher Blick auf die Situation im Land gerichtet wird. „Die Unterstützung zielt darauf ab, den armen Menschen Perspektiven zu eröffnen, die sie in die Lage versetzen, ihre Lebenssituation aktiv mitzugestalten und zu verbessern“, sagt der 77-Jährige.

Gern wäre er in diesen Tagen noch einmal nach Sambia gereist, um die Projekte weiterzuverfolgen, doch die 14-stündige Flugreise sei für ihn zu anstrengend. Dafür seien aus dem Sachausschuss Christa Vetter, Susanne Handrup und Petra Boesing-Mette bei den Dominikanerinnen gewesen.

Photovoltaikanlagen gewinnen an Bedeutung

Serie „Gemeinden unterwegs“
Viele Gemeinden und Verbände im Bistum Münster unterhalten zumeist seit Jahrzehnten gewachsene Partnerschaften zu Pfarreien oder Initiativen im Ausland. Kirche+Leben stellt vier Beispiele vor und redet mit dem Münsteraner Weltkirche-Weihbischof Stefan Zekorn.

Beim Besuch in Ndola, der drittgrößten Stadt von Sambia, geht es darum, die Projekte zu besichtigen und den Kontakt zu den einheimischen Schwestern zu vertiefen, die nun alle Ämter innerhalb der Ordensgemeinschaft übernommen haben. Es werden neue Vorhaben besprochen und gemeinsam überlegt, wo Unterstützung am dringlichsten ist. Dabei ist die Perspektive auf „Hilfe zur Selbsthilfe“ gerichtet.

„Ein wichtiges Thema wird die Nutzung von Photovoltaikanlagen sein, um von der unzuverlässigen Stromversorgung des Landes unabhängiger zu werden. Insbesondere für den Betrieb des Krankenhauses und der regelmäßigen Versorgung der Schülerinnen und Schüler mit einer warmen Mahlzeit am Tag, die für viele Kinder die einzige Mahlzeit bedeutet, ist dies existenziell“, weiß Niehues. Er hat mehrfach das „wunderschöne Land“ bereist und dabei auch die Schattenseiten der Weltwirtschaft beobachtet: „China kauft das fruchtbare Land und die Kupferminen. Es geht um Rohstoffe.“

Nordkirchener Grundschule unterstützt Eine-Welt-Arbeit

Wer in der Eine-Welt-Arbeit mitmache, erfahre viel über Armut, Schulden, Ausbeutung, Gerechtigkeitsfragen und über Ursachen von Migration. „Wir müssen unseren Horizont erweitern, wenn wir in der Einen Welt Probleme lösen wollen“, sagt er.

In Nordkirchen ist die Sambia-Hilfe etabliert und wichtiger Teil des pfarrlichen und örtlichen Lebens. Viele Spenderinnen und Spender haben Daueraufträge eingerichtet. Die Grundschule startet immer wieder Aktionen und sammelt für die Sambia-Hilfe. Regelmäßig besuchen Gemeindemitglieder das Land, um sich von der Weiterentwicklung der Projekte zu überzeugen.

Mehr als 70.000 Euro gesammelt

Zusätzliche Spenden stammen aus den vom Sachausschuss initiierten Aktionen wie die jährlich stattfindende Bücherbörse, der Verkauf von selbst hergestellten Karten oder der Erbsensuppen-Aktion in der Fastenzeit. „Alles in allem sind wir in Nordkirchen unterwegs, die Eine Welt in den Blick zu behalten“, sagt Niehues. 

Finanzielle Zuwendungen spielten nach wie vor eine große Rolle. Reinhard Niehues hat allein durch den Verkauf seiner selbst hergestellten Kalender und Postkarten in all den Jahren mehr als 70.000 Euro für die Sambia-Hilfe eingenommen, doch ebenso wichtig seien die menschlichen Begegnungen, das Gefühl, etwas Gutes erreichen zu können und dort zu helfen, wo Hilfe dringend benötigt werde.

Tägliches Essen für 700 Schüler

In diesem Sinn seien die Nordkirchener „unterwegs“, sagt Niehues. Denn die Gemeinde wisse, wofür die Spenden verwandt würden: für die Anschaffung von Übersee-Containern, die zu Klassenzimmern umgewandelt wurden, für die tägliche Schulspeisung von 700 Schülerinnen und Schülern, für die Handwerkerausbildung, für Krankenstationen oder für ein Heim für Aidswaisen und behinderte Kinder.

Man könne viele Menschen bewegen, mitzumachen, sagt der Nordkirchener, der als Fachlehrer an der örtlichen Maximilian-Kolbe-Schule gearbeitet hat. Der Kontakt zwischen der Pfarrei in Nordkirchen und den Dominikanerinnen entstand vor 50 Jahren über die in Lüdinghausen gegründete Gruppe „Gerechtigkeit und Frieden“.

Ordensschwestern sind wichtige Ansprechpartnerinnen

„Mehrere Mitglieder unserer Gemeinde engagierten sich dort und trugen die Idee der konkreten Unterstützung von Hilfsprojekten nach Nordkirchen. Gelingen konnte dies über die Zusammenarbeit mit den deutschsprachigen Ordensschwestern, die in Sambia tätig waren“, sagt Niehues zu den Anfängen. Dass das Engagement Früchte trägt, beweist die 100-jährige Geschichte der Dominikanerinnen in Sambia: So kamen im Oktober 1924 die Schwestern Claver, Bernadette und Hyacinth nach Kaisi/Sambia und schlugen dort die ersten Wurzeln. Von drei Schwestern am Anfang arbeiten heute 85 Schwestern in 20 sozialen Einrichtungen und Schulen. Viele Jahre war die treibende Kraft dieser Projekte die aus Wuppertal stammende und 2020 gestorbene Ordensschwester Gloria Kleikamp.

„Die Ordensfrau war für unseren Sachausschuss lange Zeit die wichtigste Ansprechpartnerin. Heute ist es die Regionaloberin und einheimische Schwester Christine Mwape“, sagt Niehues. Nach und nach habe eine jüngere Generation einheimischer Schwestern die Aufgaben in den verschiedenen sozialen Projekten übernommen. Das sei ein gutes Zeichen. Der Sachausschuss hat selbst ein Zeichen gesetzt, als er das Wort Mission aus seiner Bezeichnung gestrichen habe. „Sachausschuss Entwicklung und Frieden nennen wir uns seit einiger Zeit. Das reicht als Name. So kommt Partnerschaft besser zum Ausdruck.“

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