320 Pfarreiräte des Bistums Münster diskutieren über die Zukunft der Pfarreien

Generalvikar Winterkamp: Kirche entwickelt sich zur Minderheit

Die katholische Kirche im Bistum Münster steht vor Herausforderungen und Umbrüchen. Das verdeutlichte bei einem „Tag der Pfarreiräte“ in der Halle Münsterland Generalvikar Klaus Winterkamp.

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Die katholische Kirche im Bistum Münster steht vor Herausforderungen und Umbrüchen. Das verdeutlichte bei einem „Tag der Pfarreiräte“ in der Halle Münsterland am Samstag Generalvikar Klaus Winterkamp: „Auf mehreren Ebenen verändert sich die Stellung der Kirche. Der Verlust an Glaubwürdigkeit ist hoch. Kirche entwickelt sich zur Minderheit.“

Der Skandal um den sexuellen Missbrauch in der Kirche sei noch lange nicht ausgestanden, sagte Winterkamp und kündigte an: „Wir sind es den Opfern schuldig, alles zu tun, den Missbrauch aufzuarbeiten, auch wenn darunter das Bild von Kirche und das Priesterbild leidet“, sagte der Generalvikar unter dem Beifall der mehr als 320 Pfarreiräte, die am Samstag in die Halle Münsterland gekommen waren.

 

Schutzkonzept im Bistum Münster sei vorbildlich

 

Winterkamp machte deutlich, dass das Bistum bei den Präventionsschulungen in der Kinder- und Jugendarbeit und bei der Erarbeitung eines institutionellen Schutzkonzeptes führend sei: „In diesem Bereich ist die Kirche bundesweit vorbildlich.“ Er wünsche sich, dass alle Pfarreien dieses institutionelle Schutzkonzept erstellten. „Hier sind wir auf einem guten Weg.“

Ein Flyer informiere demnächst umfassend, was das Bistum gegen den sexuellen Missbrauch tue. „Information ist wichtig, wie es unerlässlich ist, Betroffene in der Aufarbeitung einzubeziehen.“ Selbstverständlich sei bei Missbrauchsfällen und bei Verdachtsmomenten für die Bistumsleitung eine enge Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft.

Tag der Pfarreiräte 2019.
Intensive Arbeit in Kleingruppen auf dem Tag der Pfarreiräte in der Halle Münsterland. | Foto: Johannes Bernard

Nach den deutlichen Worten des Generalvikars zu Beginn des „Tags der Pfarreiräte“ diskutierten die Engagierten in zehn Workshops zu den Themen Bewahrung der Schöpfung, freiwilliges Engagement, Umgang mit Konflikten, Schwerpunkte in der Pastoral, lokale Pastoralpläne, Leitungsaufgaben, Frauen in der Kirche, Jugendarbeit, Datenschutz und über Möglichkeiten, Experimente in der Pastoral zu wagen.

 

Von der öko-fairen Gemeinde bis zur Frauenquote im Kirchenvorstand

 

Begleitet wurden die Arbeitsgruppen von Mitarbeitern und Fachleuten des Bischöflichen Generalvikariats. Für eine ökofaire Gemeinde warb unter anderem Thomas Kamp-Deister: „50 Gemeinden haben sich auf den Weg gemacht, mit der Bewahrung der Schöpfung ernst zu machen. Wir bieten Pfarreien Hilfen an, wie sie nachhaltig, umweltschonend und fair wirtschaften können.“

Coesfelds Pastoralreferent Daniel Gewand stellte das Projekt „frei.raum.coesfeld“ vor, das sich an junge Erwachsene richtet: „Nicht alle Angebote funktionieren. Aber wir brauchen den Mut, Neues zu wagen“, sagte Gewand und lud die Teilnehmer ein, sich sein Projekt in Coesfeld einmal näher anzuschauen.

 

Was sagt die Bistumsleitung zum Diakonat der Frau?

 

Klare Forderungen formulierten Interessierte aus dem Workshop „Frauen und Kirche“. „Wir erwarten eine Frauenquote für die kirchlichen Gremien, zum Beispiel für den Kirchenvorstand, der noch immer von Männern dominiert ist. Auch das Seelsorgeteam sollte paritätisch mit Frauen und Männern besetzt sein“, lautete eine Forderung. Mehrfach gewünscht wurde ein klares Bekenntnis der Bistumsleitung zu einem Diakonat der Frau.

Tag der Pfarreiräte 2019.
„Wir sind für Sie da!“: Mitarbeiter des Bischöflichen Generalvikariats halfen bei Fragen am Servicepoint weiter. | Foto: Johannes Bernard

In der Frage, wie Gemeinden künftig geleitet werden, erwarten viele Pfarreiräte klare Kompetenzen für die ehrenamtlich Engagierten. In einigen größeren Pfarreien wie in der Pfarrei St. Peter in Recklinghausen mit ihren sieben Kirchentürmen werde überlegt, wie Ehrenamtliche die Leitungsfunktionen einer Gemeinde oder eines Gemeindebezirks ausüben könnten.

 

Umgang mit Konflikten

 

Deutliche Worten fanden die Pfarreiräte auch in dem Arbeitskreis, in dem es um den Umgang mit Konflikten und Spannungen ging: Mangelnde Kommunikation und fehlende Wertschätzung beklagten viele Pfarreiräte. „Ärger gibt es nicht nur zwischen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen. Auch das Seelsorgeteam und die Ehrenamtlichen untereinander sind sich oft nicht grün“, war die Erfahrung einer Teilnehmerin. Wie mit Konflikten, besonders in der Gremienarbeit, umgegangen werden kann, darüber informierten die Expertinnen aus den katholischen Lebensberatungsstellen, Andrea Stachon-Groth und Monika Holtkamp.

 

Genn: Tag der Pfarreiräte ist Ermutigung für meine Arbeit

 

Den ganzen Tag über hatten die Pfarreiräte an einem „Servicepoint“ eine Anlaufstelle für Fragen und Anregungen zu unterschiedlichen Themen. Den Tag  nutzte auch Bischof Felix Genn, um bei einem Rundgang mit vielen Teilnehmern ins Gespräch zu kommen: „Ich bin stolz darauf, im Bistum so viele engagierte Frauen und Männer zu haben“, sagte er. Es sei nicht selbstverständlich, sich heute für die Kirche zu engagieren und Freizeit zu opfern. „Umso dankbarer bin ich, Frauen und Männer zu treffen, die auch für die Glaubwürdigkeit der Kirche stehen.“ Nicht nur er wolle den Ehrenamtlichen den Rücken stärken. „Ich erfahre selbst durch den Tag der Pfarreiräte Ermutigung für meine Arbeit“, sagte der Bischof.

Den Tag rhythmisch begleitete die Trommlergruppe „DrumEvents – The Rhythm Experience“ mit einem so genannten „Warmmacher“ zum Auftakt und einem „Rausschmeißer“ zum Ausklang.

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