Bischof: Jesus wird auf den Richterstuhl gesetzt

Genn am Karfreitag: Leid ist nicht das letzte Wort

Über das Geheimnis von Karfreitag und über Leid, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit hat Bischof Felix Genn in seiner Predigt am Karfreitag gesprochen.

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Im Leiden Jesu ist nach den Worten von Münsters Bischof Felix Genn „das Leid nicht das letzte Wort, sondern Zeugnis von der Wahrheit, die Liebe ist“. In seiner Predigt am Karfreitag im Paulus-Dom in Münster sagte Genn: „Wir können nicht einfach über Leid, Schuld und Versagen hinweggehen, wir können es nicht einfach glattbügeln, aber wir können es auch nicht im letzten Wort einer absoluten, alten Gerechtigkeit auflösen.“

Allerdings gelte: „Karfreitag birgt in sich das Geheimnis, dass selbst das Unverzeihliche verziehen werden kann“, betonte der Bischof bei der Feier vom Leiden und Sterben Christi. „Es ist möglich, seit der auf dem Richterstuhl gesessen hat, der im Purpurmantel die Dornenkrone und die Wunden der Geißelung trug.“ 

 

Andere Bibel-Übersetzung zum Richterstuhl

 

Dazu führte Genn aus, der Text des Johannes-Evangeliums über das Gespräch von Pilatus mit Jesus sei nicht eindeutig zu übersetzen. Statt der üblichen Übersetzung, dass sich Pilatus auf den Richterstuhl gesetzt habe, lasse sich der Text auch anders übersetzen: „Pilatus setzte Jesus auf den Richterstuhl.“ Diese Übersetzung mache deutlich, wer der wirkliche Richter sei. Der weitere Text zeige, dass Jesus der Erlöser für alle Völker sei.

 Jesus sei derjenige, der die Waage Gottes in den Händen halte. „Und die ist auf Liebe geeicht.“ Die Spannung von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit werde nicht aufgehoben und aufgelöst, sondern ins Gleichgewicht gebracht.

 

„Nicht in einem Sprung in den Ostersieg hineingefallen“

 

Jesus könne sich nicht auf den Richterstuhl setzen, um alles Leid und alle Ungerechtigkeit mit einem Federstrich glattzubügeln. Vielmehr werde er auf den Richterstuhl gesetzt, „weil er als Gegeißelter mit Wundmalen gezeichnet ist, weil er mit der Dornenkrone und dem Purpurmantel als der Verspottete gilt“.

Jesus sei nicht einfach „in einem Sprung in den Ostersieg hineingefallen“, betonte Genn. „Er hat bis ins Letzte das unsagbare Leid, den Kelch des bitteren Leidens ausgekostet, der ihm in dieser Stunde gereicht wurde.“

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