Bischof von Münster ruft in Silvesterpredigt zu Kooperation statt Konfrontation auf

Genn: Kritiker schickte mir einen Strick - doch wir brauchen Dialog!

  • Zu Kooperation statt Konfrontation in Kirche und Welt hat Münsters Bischof Felix Genn zum Jahreswechsel aufgerufen.
  • In seiner Silvesterpredigt berichtete er heute Morgen davon, jemand habe ihm einen Strick geschickt, weil er ihn für einen Judas halte.
  • Der Bischof rief Christinnen und Christen auf, Beispiel des Friedens für die Welt zu sein.

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Zu Kooperation statt Konfrontation in Kirche und Welt hat Münsters Bischof aufgerufen. Im traditionellen Silvestergottesdienst heute Morgen in der Lambertikirche berichtete Felix Genn von einer "extremen Erfahrung": Jemand, in dessen Augen er nicht mehr katholisch sei, habe ihm einen Strick geschickt. Für diesen Kritiker sei er "zum Judas geworden", sodass ihm, Genn, nur dessen Weg übrigbleibe. Von Judas, einem der Jünger Jesu, berichtet die Bibel, dass er Jesus verraten und sich anschließend erhängt hat.

Der Bischof verteidigte in dem Zusammenhang sein Abstimmungsverhalten beim Synodalen Weg. Bei den namentlichen Entscheidungen im September hatte er allen Dokumenten zugestimmt - auch jenen, die sich für eine Reform der Sexualmoral und eine Diskussion über die Öffnung der Weihe für Frauen aussprachen. Genn betonte, die Texte gäben zwar nicht vollständig seine Meinung wieder. Es sei jedoch seine Pflicht, "ins Gespräch mit dem Lehramt und der Weltkirche zu bringen, was es bedeutet, wenn die Lehre in einzelnen - zum Teil lebensbestimmenden - Fragen nicht angenommen wird und dazu auch Argumente vorgetragen werden, deren Gewicht ich nicht letztgültig entscheiden kann und will".

Genn: Christen sollen Beispiel des Friedens sein

Christinnen und Christen sollten "nicht vorzeitige Lösungen anstreben, mit denen die einen die anderen ausschließen, sondern im Dialog miteinander bleiben", sagte der Bischof. Dann werde es nicht Besiegte und Sieger geben, wovor sich auch der im März zu Ende gehende Synodale Weg hüten müsse. Christen seien das "Gegen-Zeichen" zu Hass und Bitterkeit, um ein Beispiel des Friedens für diese Welt zu sein, betonte Genn.

Der Bischof verurteilte zudem erneut den kriegerischen Angriff Russlands auf die Ukraine. Es sei böse, was dort geschieht, und Sünde, was Menschen dort erleiden müssten. "Und es ist Sünde und böse, wenn Verkünder der gewaltlosen Liebe einen solchen Terror unterstützen", sagte Genn.

"Verwirrung": Impfgegner und Reichsbürger

Auch in Deutschland nehme er "Verwirrungen" war, die sich mit "irgendwelchen nationalistischen Ideen" vermischten, anknüpften an "Impfgegnerschaft mit bisweilen völlig abstrusen Gedanken" und Menschen zu so genannten Reichsbürgern verführten.

Ebenso stifte es Verwirrung, "dass verantwortliche Politiker in Europa der Korrpution überführt werden". Wenn dann Menschen an der Demokratie zweifelten und sich "anderen, einfacheren Ideen zuwenden", sei das "mehr als verständlich, wenn es auch nicht richtig ist".

Gebet für getöteten Malte

Die Christinnen und Christen rief Genn dazu auf, alles zu tun, um Demokratie lebendig zu halten, "weil sie eben mehr ist als eine Staatsform, sondern auch eine Lebensauffassung und Haltung darstellt." Es sei überdies eine Pflicht, das Kreuz im öffentlichen Raum zu lassen, weil es nicht nur ein Zeichen des Glaubens, sondern auch "unserer Kultur" sei. Genn bezog sich auf die Entfernung eines Kreuzes im Münsterschen Rathaus während des G7-Außenministertreffens im November.

Der Bischof erinnerte in seiner Predigt auch an den 25-jährigen Malte, der im Sommer nach einer queerfeindlichen Gewalttat in Münster gestorben war. Malte habe am eigenen Leib erfahren müssen, "was es bedeutet, eine andere geschlechtliche Identität zu haben und Menschen davor zu bewahren, deswegen angegriffen zu werden". Genn lud ein, in dem Gottesdienst für Malte zu beten "und auch für die, die aus Hass solche Dinge tun".

Hinweis: Die Nachricht vom Tod Benedikts XVI. wurde unmittelbar nach Ende der Predigt bekannt, sodass Bischof Felix Genn in seiner Predigt darauf noch nicht eingehen konnte, aber im Hochgebet bereits für ihn betete. | mn

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