Bischof von Münster bei Feier „900 Jahre Kloster Cappenberg“

Genn zur Kirchenkrise: „Wir befinden uns in einem schmerzlichen Prozess“

  • Anlässlich des Jubiläums „900 Jahre Kloster Cappenberg“ hat Bischof Felix Genn zur derzeitigen Kirchenkrise Stellung genommen.
  • Der Bischof erinnerte an die Umbrüche der Kirche im Laufe ihrer Geschichte.
  • In Cappenberg im Kreis Unna entstand das erste Prämonstratenserkloster auf deutschem Boden.

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Die katholische Kirche steht hierzulande in einer Zeit des Umbruchs. Das verdeutlichte Bischof Felix Genn während eines Bistumstags anlässlich des Jubiläums „900 Jahre Kloster Cappenberg“. „Wir erleben einen Traditionsbruch in der heutigen Zeit. Viele Menschen stellen die Glaubwürdigkeit der Kirche infrage. Viele haben das Vertrauen in die Träger der geistlichen Vollmacht verloren“, sagte Bischof Genn im Festgottesdienst in der Cappenberger Stiftskirche.

Diesen „schmerzlichen Prozess auch im Bistum Münster“ bezeichnete der Bischof als eine „Zeit heilsamer Reinigung“. Und dennoch gelte es, in diesem Prozess des kirchlichen Umbruchs die Offenheit für die Erneuerung zu suchen: „Es gibt Kräfte innerhalb der Kirche, die sich abgrenzen wollen und die gute alte Zeit beschwören. Wir dürfen aber keine Grenze ziehen, sondern wir müssen die Weite suchen und im Dialog mit dem Menschen bleiben“.

Kirchliche Umbruchsituationen

Die heutige Kirchenkrise stelle die Gläubigen vor die Herausforderung, offen zu sein und mit einem Blick der Weite für eine Erneuerung der Kirche einzutreten. Mut dazu gebe auch der Blick in die Kirchengeschichte, als vor 900 Jahren ein Machtkampf zwischen Papst und Kaiser die Kirche vor schwierige Situationen stellte und selbst Bischof Dietrich von Münster in den Konflikt hineingeriet, als die Stadt Münster belagert wurde.

In dieser Zeit des Konflikts übertrugen im Jahr 1122 die Grafen Gottfried und Otto von Cappenberg, so der historische Vergleich, ihre Burg und ihre Besitzungen dem charismatischen Ordensgründer Norbert von Xanten, der 1121 im französischen Prémontré den Orden der Prämonstratenser ins Leben gerufen hatte. Die beiden Brüder stifteten so das erste Kloster dieser neuen Chorherren- und Chorfrauengemeinschaft auf deutschem Boden.

Orden wollte Reformen

„Diese historische Gründung zeigt, wie sehr es auf die innere Bekehrung von Menschen ankommt, Neues zu schaffen. Es ging nicht um die Macht der Kirche, um den Streit. Es ging darum, den Idealen des Ordensgründers Norbert von Xanten zu folgen“, zog Bischof Genn den Vergleich. Die Prämonstratenser wollten Kirchenreformen und ein Leben nach dem Urchristentum.

Nach dem Festgottesdienst, in dem der Chor St. Johannes aus Werne die „Krönungsmesse“ von Mozart und Teile aus Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ sang, feierten Hunderte von Teilnehmenden im Schatten der Stiftskirche einen mehrstündigen Bistumstag. Er erinnerte daran, dass am 15. August 1122 Bischof Dietrich von Münster den Grundstein für die Stiftskirche legte.

Ordensmann fordert mehr demokratische Strukturen

Neben Kirchenführungen durch das vor einiger Zeit umfänglich renovierte Gotteshaus, Konzerten und einer Buchpräsentation des Bilderbuchs „Gottfried von Cappenberg“ standen Kirchenvertreter und Gemeindevertreter in Gesprächsrunden Rede und Antwort, wie Glaube heute gelebt und verkündet werden kann.

Pater Clemens Dölken wünschte sich in der Kirche mehr demokratische und rechtsstaatliche Verfahren: „Diese sind gut und haben sich bewährt. Die Kirche tut gut daran, mehr demokratische Strukturen zu schaffen.“

Plädoyer für dialogfähige Kirche

Der Verwaltungsdirektor des Bistums Münster, Ralf Hammecke, hob hervor, die Grundfragen des Menschen stärker in den Blick zu nehmen. „Die Kirche muss dialogfähig sein für die, die nach einem Sinn suchen und Lebensorientierung wünschen.“

Die Gesamtveranstaltung in Cappenberg wurde durch das Bistum Münster im Rahmen des Projekts „Pastorale Experimente wagen“ unterstützt. Die musikalische Gestaltung finanzierte die Stiftung „Musica Sacra Westfalica“.

Cappenberg begeistert Besuchende

Zum Schluss des Tages sagte Pater Joachim Hagel, der seit 18 Monaten Gemeindeseelsorger in Cappenberg ist: „Unser historischer Ort zieht viele Besucherinnen und Besucher an. Sie besuchen unsere Kirche, sie schätzen den Ort. Mit unseren Feiern im Jubiläumsjahr setzen wir Höhepunkte, die hoffentlich viele Menschen begeistern.“

Warum Cappenberg einen „Bistumstag“ feiert
Im Jahr 1122 übertrugen die Grafen Gottfried und Otto von Cappenberg ihre Burg dem charismatischen Ordensgründer Norbert von Xanten, der am Weihnachtstag des Jahres 1121 in Prémontré den Orden der Prämonstratenser-Chorherren ins Leben gerufen hatte. Die beiden Brüder stifteten so das erste Kloster dieser neuen Chorherren- und Chorfrauengemeinschaft auf deutschem Boden. Das 900-jährige Jubiläum dieses Ereignisses feiert die Kirchengemeinde St. Johannes Evangelist mit einer Reihe von Veranstaltungen. Mit einem „Bistumstag“ am 21. August gedachte sie der Weihe der Burg Cappenberg zum ersten deutschen Stift des Prämonstratenserordens durch den Bischof Dietrich von Münster am 15. August 1122.

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