76 Jahre alte KFDlerin erhält Paulus-Plakette des Bistums Münster

Gertrud Roth, die Castor-Transporte und 40 Jahre Ehrenamt

  • Gertrud Roth engagiert sich seit Jahren für das KFD-Trauercafé in Ahaus, aber nicht nur dort.
  • Die Aufzählung ihrer Ehrenämter füllt eine ganze Seite, unter anderem organisierte sie „Notruf für das Leben“-Wortgottesdienste vor den Demonstrationen gegen Castor-Transporte in Ahaus, sie engagiert sich als Geistliche Leiterin der KFD Borken, ist im Netzwerk „Diakonat der Frau“ aktiv und sammelt Spenden für „Solwodi – Frauen in Not“.
  • Dafür wird der 76-Jährigen aus Stadtlohn nun die Paulus-Plakette für besondere Verdienste des Bistums Münster verliehen.

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Gertrud Roth hat eine leise Stimme und lächelt viel. Sie ist keine Person, die „hier“ schreit, wenn es um Titel geht. Sie trägt viel Verantwortung im Ehrenamt, hat unzählige Initiativen angestoßen und ist immer noch aktiv in der KFD. Warum? „Eigentlich haben wir die Sachen im Team erreicht. Außerdem gibt es so viel zu tun!“ Die 76-Jährige aus Stadtlohn ist KFD-Frau durch und durch: „Die Frauengemeinschaft ist mein Ort in der Kirche“, sagt sie.

Der Verband „Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands“ ist wie ein Netz für sie, das sie trägt, aber das Gertrud Roth auch aktiv zusammenhält, in Gremien auf Bundesebene wie vor Ort und und im Bistum: „Ich bleibe dran an den Themen. Und es ist ja nicht so, dass sich der Nachwuchs drängelt um Angebote und Verantwortung zu übernehmen.“ Und so macht Gertrud Roth eben weiter, mit Besinnungswochen, Wortgottesdiensten für Frauen, im Diözesankomitee, dem KFD-Trauercafé „Lichtblicke“ in Ahaus, im Kreisdekanatsteam der KFD Borken – „immer im Team“, das ist ihr wichtig zu betonen.

Unter anderem organisierte sie „Notruf für das Leben“-Wortgottesdienste vor Demonstrationen der Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“. Gertrud Roth erinnert sich besonders an drei große Castor-Transporte 2003: „Immer nachts kamen die angefahren. Im Kreisdekanat der KFD haben wir uns dann damit befasst. Wir haben uns informiert und diskutiert. Ab April 2004 haben wir dann Gottesdienste gestaltet, einmal im Monat zum Thema Schöpfungsbewahrung.“ Die kleine Ammelner Kapelle in Schöppingen wurde zu ihrem Ort der Hoffnung auf eine nachhaltige Welt. Beharrlich und stetig Zeichen setzen, das ist eine Stärke von Gertrud Roth.

 

Gemeinsam die Dinge angehen

 

Seit Mitte der 1970er Jahre ist die gelernte Industriekauffrau Mitglied der KFD. In Stadtlohn war sie in der Erstkommunionvorbereitung und dem Familienliturgiekreis in St. Otger tätig. 1990 kam der Büchereidienst dazu – bis heute. Weiter half sie - neben Haushalt und drei Kindern - im Kindergarten aus und arbeitete dann in der kirchlichen Verwaltung: „Da konnte ich mir meine Zeit gut einteilen.“

Das war wichtig, denn parallel dazu lief die KFD-Arbeit. Erwachsenenbildung, Frauenspiritualität oder das Netzwerk „Diakonat der Frau“ – in vielen Themenbereichen fühlt sie sich zuhause. Sie selbst sehe sich nicht als Diakonin, „aber die Botschaft dahinter ist mir wichtig.“ Die Forderungen nach der Weihe für Frauen seien nicht neu, aber durch die Bewegung Maria 2.0 hätten sie neuen Schwung bekommen. „Frauen müssen gehört werden, Entscheidungen mittreffen, aber nicht gegen die Männer, sondern wir müssen die Dinge gemeinsam angehen.“ Die Missbrauchsaufarbeitung spiele dabei eine große Rolle. Vertuschung sei so schlimm wie der Missbrauch selbst, fasst sie zusammen. Unlängst habe die KFD auf Bundesebene die Aufarbeitung des Themas innerhalb des Verbandes betont.

 

Nach Corona-Einbruch Neubeginn mit dem Trauercafé

 

Auf Bistumsebene liegt ihr besonders die Arbeit im „Trauercafé“, einem offenen Angebot der KFD Borken, am Herzen. Dazu kam es über eine Veranstaltung auf der Jugendburg Gemen, bei der Gertrud Roth die Anmerkung einer Teilnehmerin auffiel: „Wenn die Beerdigung vorbei ist, alle Formalien erledigt, da fällt man in ein Loch. Da braucht man Beistand.“ Gertrud Roth erkannte die Notwendigkeit und organisiert mit einer erfahrenen Trauerbegleiterin und zwei KFD-Mitstreiterinnen seit 2003 einen monatlichen Treff für trauernde Menschen in Ahaus – mit breitem, überregionalem Zulauf, bis die Pandemie eintrat: „Corona hat leider viel kaputt gemacht“, bedauert sie. „Wir fangen im Prinzip wieder von vorne an.“

Aber Gertrud Roth bleibt dran, beharrlich, diskret und geduldig, wie sie es immer getan hat, bestärkt durch Mentorinnen wie Ria Zimmermann. Deren Inspiration begleitete Gertrud Roth 2010 bis zur ehrenamtlichen Geistlichen Begleiterin der KFD Vreden.

 

Dankbar für Gesundheit

 

Im Kreisdekanatsteam der KFD Borken hatten sich die Frauen Gedanken gemacht und sich die Frage gestellt: „Was tun wir, wenn es keinen Präses mehr gibt? Wenn wir keinen Priester mehr finden, der uns geistlich begleiten kann?“ So nahm Gertrud Roth von 2004 bis 2006 an einem Vorbereitungskurs „Geistliche Begleitung“ mit der Pastoralpsychologin und Theologin Margret Nemann teil, die unter anderem an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen lehrt. „Mit diesem Kurs treffe ich mich noch heute regelmäßig.“

Rückblickend ist sie dankbar für die viele Unterstützung, die sie in ihren Weiterbildungen erfahren hat, und auch für die Gesundheit ihres Mannes, ihrer Familie und Enkelkinder. Das erlaubt ihr weiterhin, aktiv zu sein, zum Beispiel im Leiten der Besinnungswochen: „So schlimm kann es ja nicht sein, was ich da anbiete, sonst würden viele Frauen sich ja nicht immer anmelden“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Um eines hat sie „ihre“ Frauen aber gebeten: „Wenn ich irgendwann altersstarsinnig werde, sagt mir Bescheid, dann höre ich auf.“

Bis dahin kann jeder sie regelmäßig treffen, im Ahauser Trauercafé, im Gertrudisstift Rheine oder im Haus Meeresstern auf Wangerooge. Bis 2023 stehen ihre Termine dafür jedenfalls bereits fest im Kalender.

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