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Eine aktuelle bundesweite Umfrage ergab, Gewalt gegen Klinik-Personal nehme zu. Kirche+Leben fragt nach bei katholischen Krankenhausträgern im Bistum Münster.
Angriffe auf das Personal scheinen in katholischen Krankenhäusern im Bistum Münster noch kein großes Problem – gepöbelt wird allerdings. Das ergab eine Kirche+Leben-Anfrage bei drei Krankenhausträgern.
Verena Gölkel, Sprecherin der St.-Franziskus-Stiftung in Münster, sagt, übergriffiges Verhalten, von dem die Stiftung wisse, geschehe meist verbal. Dabei werde der Ton tendenziell schärfer. Die Stiftung trägt zehn Krankenhäuser allein im westfälischen Teil des Bistums Münster.
Angriff in einem Berliner Krankenhaus
Hendrik Nordholt, Co-Geschäftsführer der katholischen KERN-Krankenhausgruppe mit Häusern im nördlichen Ruhrgebiet in den Bistümern Münster und Essen, berichtet von allgemein zunehmender Ungeduld der Patienten. Das münde mitunter „in Ausfälligkeiten“.
„Vorkommnisse wie in der Silvesternacht in Berlin, als drei Brüder Ärzte und Pfleger attackiert und verletzt haben, gab es bei uns zum Glück noch nicht“, sagt Nordholt. Darum sei einstweilen kein Sicherheitsdienst in den Krankenhäusern im Einsatz.
Immer mehr Übergriffe auf Klinik-Personal
Das ist bundesweit oft anders. Laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) nehmen in drei von vier Krankenhäusern gewalttätige Übergriffe auf das Personal zu. 28 Prozent der Kliniken setzen inzwischen auf Security-Kräfte.
Die Hälfte der von Übergriffen betroffenen Kliniken berichtet der DKG von einer mäßigen Zunahme in den vergangenen fünf Jahren, 20 Prozent beobachten eine deutliche Steigerung. 80 Prozent der Kliniken geben an, überwiegend würden Pflegekräfte angegriffen, vor allem in der Notaufnahme. Häufig setzen die Häuser auf Video-Überwachung zur Abschreckung.
Klinik-Übergriffe: Die Lage im Bistum Münster
Als Hauptursache für körperliche und verbale Übergriffe nennen 73 Prozent der Kliniken Respektverlust gegenüber dem Personal. Auf lange Wartezeiten führen sie 40 Prozent der Übergriffe zurück. Zudem gebe es Gründe im Zustand der Patientinnen und Patienten wie Alkohol, Schmerzen oder Krankheiten, wegen derer Menschen die Kontrolle verlieren – zum Beispiel Demenz.
Verena Gölkel beobachtet in den Häusern der St.-Franziskus-Stiftung dagegen „keine quantitative Zunahme“ von Übergriffen. Die Stiftung sei im Vergleich „unterdurchschnittlich betroffen“. Bertine Pienkos-Sandmann, Sprecherin des Pius-Hospitals in Oldenburg, berichtet sogar, in der dortigen Klinik für interdisziplinäre Notfallmedizin gebe es „bislang glücklicherweise keine“ Gewalterfahrungen.
Gewalt: So bereiten sich Krankenhäuser vor
Die Häuser sind aber vorbereitet, jeder Übergriff soll gemeldet werden. Ein Meldesystem auf der Internetseite der St.-Franziskus-Stiftung lasse auch anonyme Hinweise zu. Zudem gibt es Räume, in die Angegriffene im Notfällen flüchten können, da die Tür nicht von außen zu öffnen ist. Auch Alarmknöpfe gibt es an verschiedenen Orten.
Die St.-Franziskus-Stiftung schule das Klinik-Personal regelmäßig auch zur Deeskalation, sagt die Sprecherin. Oft entspanne sich die Lage bereits, wenn Mitarbeitende wertschätzend erläuterten, warum zum Beispiel Wartezeiten entstehen.
Was gewalttätige Angriffe verhindern soll
Präventiv wirken sollen auch Fremdsprachen-Computer in der Notaufnahme, so Gölkel. Denn Kommunikationsprobleme aufgrund von Sprachbarrieren könnten zu einer Eskalation führen.
Auch die KERN-Häuser im Ruhrgebiet setzen auf Deeskalations-Training. Und Chef Nordholt betont: Wenn Mitarbeitende ohne formales Hausrecht Menschen aus dem Krankenhaus verweisen, die sich aggressiv verhalten, hätten sie „immer die Rückendeckung der Geschäftsführung“.