Früheres französisches Staatsoberhaupt wurde 94 Jahre alt

Giscard d'Estaing ist tot: Ein Präsident und die Abtreibungsfrage

  • Der ehemalige französische Präsident Valery Giscard d'Estaing ist tot.
  • Der Katholik lehnte Abtreibungen ab - trotzdem wurde die Rechtslage in seiner Präsidentschaft liberalisiert.
  • Zwei Päpsten hat Giscard erklärt, wieso er so handelte.

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Valery Giscard d'Estaing ist tot. Der ehemalige französische Präsident starb im Alter von 94 Jahren in Authon. Von 1974 bis 1981 stand er an der Spitze des Staates; zusammen mit dem damaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) gilt Giscard d'Estaing als Gründervater der späteren gemeinsamen europäischen Währung.

Geboren am 2. Februar 1926 in Koblenz – sein Vater diente in der französischen Besatzungsarmee im Rheinland – erlebte der spätere Spitzenpolitiker im Zweiten Weltkrieg 1944 als Resistance-Kämpfer die Befreiung von Paris mit. Seine parlamentarische Laufbahn begann Giscard d'Estaing 1956 als Abgeordneter des Departements Puy-de-Dome; 1962 übernahm er erstmals ein Ministeramt.

 

Das Problem der Fristenregelung

 

Auch nach seiner Zeit als Präsident blieb Giscard d'Estaing der Europapolitik verbunden. Als Präsident des Europäischen Konvents war er 2002/03 an der Erarbeitung eines Vertrags zu einer Verfassung für Europa beteiligt. Die EU-Staaten konnten sich gleichwohl nicht einigen, ihn in Kraft zu setzen. Einzelne Regelungen finden sich in späteren EU-Verträgen.

Heftig umstritten in Frankreich unter Präsident Giscard d'Estaing war die Einführung einer Fristenregelung für Abtreibungen. Ein Schritt, mit dem sich der Katholik schwer tat, wie er in seinen Erinnerungen „Macht und Leben“ einräumt.

 

Kirchliche Vorgaben und ein Gesetz für alle

 

Sein Dilemma in dieser Frage fasste er gegenüber den Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. so zusammen: Er teile den Standpunkt der Kirche und halte es für rechtmäßig, „dass die Kirche von jenen, die ihren Glauben teilen, die Einhaltung bestimmter Gebote fordert. Aber das Gesetz kann das nicht durch Strafmaßnahmen erzwingen, die die Gesamtheit des sozialen Gefüges treffen.“

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