„Nicht auf das letzte Komma aus Rom warten“

Glück: Bischöfe sollen bei Reformen mit Mut vorangehen

Um Wirkung und Nachhaltigkeit des Dialogprozesses zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland geht es am Donnerstag und Freitag (01./02.09.2016) bei einer Tagung in Mülheim an der Ruhr.

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Um Wirkung und Nachhaltigkeit des Dialogprozesses zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland geht es am Donnerstag und Freitag (01./02.09.2016) bei einer Tagung in Mülheim an der Ruhr. Der Prozess selbst ging vor einem Jahr mit einem Gesprächsforum in Würzburg zu Ende. Alois Glück, ehemaliger Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, hat den Gesprächsprozess über die gesamte Zeit mitgestaltet. kirchensite.de hat ihn nach seiner Einschätzung gefragt.

kirchensite.de: Wie bewerten Sie die Entwicklung des Dialogprozesses?

Alois Glück: Die Fähigkeit, angstfrei miteinander zu reden, ist im Lauf des Dialogprozesses deutlich gewachsen. Damit bin ich sehr zufrieden. Beim ersten Gesprächsforum 2011 in Mannheim habe ich noch Vorbehalte, Misstrauen und Unsicherheiten bei den damals wenigen anwesenden Bischöfen und den Laien wahrgenommen. In Würzburg 2015 wurde das Abschlussdokument des Gesprächsprozesses schon gemeinsam vorbereitet. Auch waren in Würzburg nach meiner Erinnerung gut 20 Diözesanbischöfe dabei. Das zeigt eine positive Entwicklung.

kirchensite.de: So gut es ist, miteinander zu reden – müsste das nicht selbstverständlich sein? Ist das als Fortschritt nicht zu wenig?

Glück: Schon, aber wir müssen uns die bittere Ausgangssituation vor Augen führen: Es gab den „Traum“ der Laien, angstfrei und offen die wichtigen Themen anzusprechen. Die schwere Vertrauenskrise der Kirche nach der Aufdeckung der Fälle von sexuellem Missbrauch hat den Gesprächsprozess und die neue Kommunikation erst möglich gemacht.

kirchensite.de: Welche Fortschritte sehen Sie noch?

Glück: Ich denke, auch Papst Franziskus hat einen Schub gegeben. Die Entwicklung hätte allein aus der deutschen Kirche heraus so vielleicht nicht stattgefunden. Nehmen Sie zum Beispiel die Diözesansynode in Trier. Wir können heute in Deutschland unbefangener über die Synodalität der Kirche und über das Mitwirken von Laien bei Entscheidungen reden.

kirchensite.de: Wie muss es nun weitergehen?

Glück: Es braucht jetzt dringend eine Entwicklung zu mehr Verbindlichkeit. Bischöfe und Laien in Deutschland sollten gemeinsam Projekte vorantreiben. Wir müssen Antworten finden auf den Priestermangel, auf die Frage der Zukunft der Seelsorge und der Struktur der Gemeinden – und auf die Frage nach dem Diakonat der Frau.

kirchensite.de: Welche Chancen geben Sie denn gemeinsamen Projekten von Bischöfen und Laien in Deutschland?

Glück: Aus Rom sind zuletzt Signale gekommen, den Ortskirchen mehr Freiheiten zu geben. Deshalb wünsche ich mir auch von der Deutschen Bischofskonferenz den Mut, voranzugehen und nicht auf das letzte Komma aus Rom zu warten. An den Laien wird das sicherlich nicht scheitern.

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