Themenwoche „Bistumspartnerschaften in der Diözese Münster“ – Teil 2

Grenzenloser Zusammenhalt: Wie Landjugendliche Brasilien erleben

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Weltkirche konkret: Seit vielen Jahren schon pflegt das Bistum Münster Partnerschaften mit Diözesen in der ganzen Welt – von Lateinamerika über Afrika bis Osteuropa. In dieser Themenwoche stellt „Kirche-und-Leben.de“ diese internationalen Netzwerke vor – und die Menschen, Gemeinden und Verbände, die sie mit viel Engagement lebendig halten. Wir haben zwei Menschen – einem aus dem Partnerland und einem aus dem Bistum Münster – dieselben Fragen gestellt. Heute stellen wir die Partnerschaft zwischen dem KLJB-Diözesanverband Münster und 1.600 Kleinbauern im Bundesstaat Paraiba vor. Daraus ist zwischen Guido Grote und Danielle Maria do Nascimiento eine Beziehung erwachsen.

Was hat Sie an der Kirche/Gemeinde/Dorfgemeinschaft überrascht? Was hat Sie begeistert?

Guido Grote: Der Zusammenhalt unter den Menschen kannte keine Grenzen. Immer dann, wenn Unterstützung für die gemeinsamen Projekte benötigt wurde, haben alle ihre Tagesplanung über den Haufen geworfen und sich auf das gemeinsame Ziel konzentriert.

Danielle Maria do Nascimento: Die Ernsthaftigkeit und das soziale Engagement junger Deutscher. Neben dem Spaß ist es das Engagement, Geld zu verdienen, um mit Spenden soziale Projekte sowohl in Deutschland als auch in Brasilien zu unterstützen.

Gibt es etwas, das die Kirche/Gemeinde/Gemeinschaft im eigenen Land von der Kirche/Gemeinde/Gemeinschaft im anderen Land lernen kann?

Guido Grote: Ganz eindeutig die Gastfreundschaft. Ich war in Brasilien immer willkommen, spontan zum Mittagessen zu kommen oder ein paar Tage in der Familie zu verbringen. Der Empfang war immer unglaublich warm und herzlich. In unserem durchgetakteten Alltag nehmen wir uns leider zu wenig Zeit, um anderen Menschen so zu begegnen. 

Danielle Maria do Nascimento: Organisation ist ein entscheidender Punkt für das Wachstum einer Gemeinschaft oder Gruppe. Die Art und Weise, wie die KLJB organisiert ist, zum Beispiel mit Vorständen, in denen eine oder mehrere Personen für jede Funktion verantwortlich sind, erleichtert die Verwaltung der Gruppe und die Durchführung der von ihnen geplanten Projekte und Veranstaltungen erheblich. Außerdem ist die deutsche Pünktlichkeit etwas, was der Entwicklung unserer Jugendgruppe sehr guttun würde.

Welche Probleme und Themen des anderen Landes sind Ihnen eher fremd?

Zu den Interview-Partnern: Guido Grote aus der KLJB-Ortsgruppe Wadersloh und Danielle Maria do Nascimento aus Brasilien haben sich 2017 auf der Brasilien-Reise der KLJB Münster kennengelernt. Nach einigen Jahren Fernbeziehung wohnen sie heute zusammen in Soest.

Guido Grote: An vielen Orten und in vielen Situationen fehlt es an Sicherheit. Die Aufmerksamkeit, die man in der Stadt und im Straßenverkehr an den Tag legen muss, um sich nicht zu gefährden, kenne ich so von keinem Ort in Europa.

Danielle Maria do Nascimento: Ich glaube nicht, dass es ein spezifisches Problem gibt, das mir noch nicht aufgefallen ist. Meine Eingewöhnung in diesem Land war schnell, ich habe es geschafft, in zwei Jahren viel zu lernen, sowohl über die Kultur, die Sprache als auch über die Beziehung zu den Menschen. Trotz der Pandemie habe ich es geschafft, viele Leute kennenzulernen, aber ich vermisse es, dauerhafte Freundschaften zu schließen. Ich habe das Gefühl, dass die Menschen hier in der Kindheit Freunde finden und neue nur Bekannte sind, während es in Brasilien für einen neuen Bekannten sehr einfach ist, in kurzer Zeit ein Freund zu werden, einfach eine gute Harmonie und gute Gefühle zu haben.

Erzählen Sie uns Ihr eindrucksvollstes Erlebnis mit den Menschen aus dem Partnerland!

Guido Grote: Einen Tag und eine Nacht unserer Gruppenreise haben wir getrennt voneinander in Familien auf dem Land verbracht. Einen Tag lang sind wir in eine andere Lebenswirklichkeit eingetaucht und konnten nur mit Händen und Füßen kommunizieren. Es war äußerst eindrucksvoll, die eigene Komfortzone zu verlassen und sich vollkommen auf diese Erfahrung einzulassen. An diesem Tag habe ich gelernt, dass Menschsein tatsächlich keine Ländergrenzen kennt.

Danielle Maria do Nascimento: Im Sommer 2014 war ich zum ersten Mal in Deutschland, es war eine unglaubliche Gelegenheit, ein anderes Land, eine andere Kultur, andere Geschichten und neue Menschen kennenzulernen. Obwohl wir uns nicht auf Deutsch verständigen konnten, war das Verständnis der Menschen und die Freude, unsere Reisegruppe hier zu empfangen, unglaublich. Wir präsentierten unseren regionalen Tanz „Forró“, und es war schön zu sehen, wie die Leute unsere Kultur bewunderten und mit uns Spaß hatten. Ich finde diesen kulturellen Austausch sehr wichtig und glaube, dass junge Menschen in Brasilien viel von jungen Menschen in Deutschland lernen können und umgekehrt.

Zum Projekt der Katholischen Landjugend
Die KLJB im Bistum Münster unterhält seit 2012 eine Partnerschaft zu 1.600 Kleinbauern und Kleinbäuerinnen und ihren Jugendlichen im Bundesstaat Paraiba. Sie werden unterstützt und gefördert von der Pastoralkommission der Bischofskonferenz (CPT – commissao pastoral da terra). Das Bildungszentrum der CPT in der Stadt Cajazeiras ist mithilfe der KLJB-Gruppen aus Deutschland wieder aufgebaut und erweitert worden. Das alles begann im Jahr 2012. Es folgten die Begegnungen 2013, 2014 (in Deutschland), 2016, 2017, 2018 (Deutschland, Katholikentag) und 2019. Pandemiebedingt hat es danach noch keine weitere Begegnung gegeben; im November 2022 wird sich die KLJB wieder auf den Weg machen. Bei allen ländlichen Themen, Siedlungsbau, Landwirtschaft, Stimme der Jugend, Partizipation spielen auch immer lebensbiografische Ereignisse eine Rolle: 2017 war eine Erwachsenentaufe und 2019 war eine Hochzeit der Anlass dieser Jugendbegegnung. (pd)

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