„Entflechtung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche“

Grüne in NRW wollen Staatsleistungen an Kirchen beenden

Die Grünen in Nordrhein-Westfalen wollen die Staatsleistungen an die Kirchen aufkündigen. Die vertraglich vereinbarten Zahlungen sind historisch begründet. Die katholische Kirche hat mehrfach Gesprächsbereitschaft signalisiert.

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Die Grünen in Nordrhein-Westfalen wollen die Staatsleistungen des Landes an die beiden großen Kirchen aufkündigen. Einen entsprechenden Antrag brachte die Fraktion am Dienstag in den Landtag ein. Darin fordert sie die Landesregierung auf, mit den Kirchen über die Staatsleistungen in NRW zu verhandeln. Dabei handelt es sich um einen Betrag von etwa 25 Millionen Euro pro Jahr. Die Zahlungen an die jüdischen Gemeinschaften in Höhe von etwa zehn Millionen Euro sollten davon unberührt bleiben.

In ihrem Antrag kritisieren die Grünen, dass dem ins Grundgesetz aufgenommenen „Ablösegebot“ der Staatsleistungen an die Kirchen bis heute nicht nachgekommen worden sei. Das aus der Weimarer Reichsverfassung von 1919 stammende Ablösegebot sei 1949 in das Grundgesetz übernommen worden. Die Aufkündigung der Staatsleitunen sei notwendig, „um eine überfällige weitere Entflechtung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche voranzutreiben“, so die Grünen.

 

Warum es die Staatsleistungen gibt

 

Sigrid Bee„Wir müssen nicht auf den Bund warten“, sagte die religionspolitische Sprecherin der Grünen, Sigrid Beer, über die Kündigung der Staatsleistungen an die Kirchen. | Foto: Grüne Landtagsfraktion NRW

Anders als die Kirchensteuer, die im Auftrag der Kirchen vom Staat erhoben und weitergeleitet wird, sind die Staatsleistungen direkte Zuwendungen aus Steuermitteln. Es handelt sich dabei um vertraglich vereinbarte Zahlungen der Bundesländer, die historisch begründet sind. Meist gehen sie auf die Enteignung kirchlicher Güter während der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Nach Artikel 140 des Grundgesetzes ist der Bund verpflichtet, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, nach der die einzelnen 16 Bundesländer Gesetze zur Ablösung der Staatsleistungen erlassen müssen.

„Wir müssen nicht auf den Bund warten“, sagte die religionspolitische Sprecherin der Grünen, Sigrid Beer, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Nach 100 Jahren Weimarer Reichsverfassung und nach 70 Jahren Grundgesetz sei es an der Zeit, die Staatsleistungen endlich abzulösen. Das Land müsse jetzt auf die Kirchen zugehen. Diese seien offen für Verhandlungen zur kompletten Ablösung der Staatsleistungen, sagte Beer, die selbst der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Westfalen und der EKD-Synode angehört.

 

Kitas und Pflegeeinrichtungen nicht betroffen

 

Die Grünen stellen klar, dass es bei der Aufkündigung der Staatsleistungen nicht um Landesmittel an die Kirchen für deren Kindergärten oder Kranken- und Altenpflegeeinrichtungen gehe. Zudem seien Mittel für gemeinsame Aufgaben von Staat und Kirche, etwa für den Religionsunterricht oder die Polizei- und Gefängnisseelsorge, von dem Antrag nicht betroffen. Auch die Kirchensteuern blieben davon unberührt.

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