Trauer über „Wunde von Halle“ und Erleichterung über „Wunder von Halle“

Halle gedenkt der Opfer des Anschlags mit einem Gottesdienst

Hunderte Menschen haben bei einem Gottesdienst der Opfer des Anschlags in Halle gedacht: „Die Tür der Synagoge hat gehalten, das ist das Wunder von Halle. Aber zwei Menschen mussten sterben, das ist die Wunde von Halle.“

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Hunderte Menschen haben am Montagabend bei einem ökumenischen Gottesdienst der Opfer des Terroranschlags in Halle gedacht. „Die Tür der Synagoge hat gehalten, das ist das Wunder von Halle. Aber zwei Menschen mussten sterben, das ist die Wunde von Halle, die nicht leicht verheilen wird“, sagte der evangelische Landesbischof Friedrich Kramer in der Hallenser Marktkirche. Der Attentäter sei „völlig verblendet, völlig asozial auf Abwegen“ gewesen. „Es gibt nichts Feigeres und Unmännlicheres, als eine Waffe zu nehmen und auf betende Menschen zu schießen.“

Kramer betonte: „Dass es ein Einzeltäter war, stimmt nicht, denn dahinter stehen nationale und internationale Netzwerke, die sich gegenseitig im Hass befeuern.“ Zugleich räumte er ein, dass auch die Kirchen über Jahrhunderte „die Türen aufgemacht haben für Judenhass“. Doch inzwischen hätten die Kirchen den Antisemitismus „vor die Tür gesetzt“ und stünden an der Seite der Juden. Ebenso müsse es in der gesamten Gesellschaft geschehen: „Das ist ein schwerer und langer Weg, und wir brauchen einander, um ihn zu gehen.“

 

Katholischer Bischof Feige: Viele Hemmungen sind gefallen

 

Der Vorsteher der jüdischen Gemeinde Halle, Max Privorozki, dankte für die große Solidarität: „Wir haben nach den schrecklichen Ereignissen wirklich verstanden, wie viele Freunde wir in Halle und in ganz Deutschland haben.“ Zeitgleich zum Gottesdienst feierte die jüdische Gemeinde in ihrer Synagoge das Laubhüttenfest.

Der katholische Bischof von Magdeburg, Gerhard Feige, sagte im Anschluss: „Bis vor einiger Zeit war es mir nicht verständlich, wie es im Deutschen Reich zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, zum Zweiten Weltkrieg und zur Vernichtung der Juden kommen konnte. Inzwischen ahne ich, dass so etwas auch heute nicht absolut unmöglich erscheint.“ Viele Hemmungen seien gefallen, unverschämtes Verhalten greife um sich.

 

„Irrationale Hasslawinen“

 

Gerade in den sozialen Medien würden „zunehmend irrationale Empörungs- und Hasslawinen“ ausgelöst, durch Verschwörungstheorien, Rassismus und Antisemitismus, so Feige. Wachsamkeit und konsequentes Handeln seien vonnöten. „Als Christen fühlen wir uns dabei besonders herausgefordert mit allen Menschen guten Willens für Solidarität, Weltoffenheit und ein friedliches Miteinander einzutreten.“

Neben ranghohen Vertretern aus Politik, Kirche und Gesellschaft hatten zahlreiche örtliche Vereine Abordnungen geschickt. Zudem wurde der Gottesdienst live auf den Marktplatz übertragen, wo sich rund 1.500 Teilnehmer um einen Gedenkort für die Opfer mit Kerzen und Blumen versammelten.

 

Die Tat von Halle

 

Bei dem Terroranschlag vergangenen Mittwoch hatte ein schwer bewaffneter 27-Jähriger versucht, in die Synagoge einzudringen, als sich dort aus Anlass des höchsten jüdischen Feiertags Jom Kippur etwa 50 Gläubige versammelt hatten. Nachdem das Eindringen misslang, erschoss der Täter eine 40-jährige Passantin und einen 20-jährigen Mann in einem nah gelegenen Dönerladen. Auf der Flucht verletzte er zwei weitere Menschen mit Schüssen. Inzwischen ist der aus Sachsen-Anhalt stammende Mann inhaftiert und hat gestanden, die Tat aus rechtsextremen und antisemitischen Motiven begangen zu haben.

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