„Der Junge muss an die frische Luft“ neu im Kino

Hape Kerkelings Lieblingstante war Schwester Mafaldis

Im neuen Kino-Film „Der Junge muss an die frische Luft“ über das Leben Hape Kerkelings spielt auch seine Großtante eine Rolle. Sie war Clemensschwester in Münster.

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Sie war seine Lieblingstante, sagt er. Und zählt in seinem Buch „Der Junge muss an die frische Luft – meine Kindheit und ich“ gleich eine ganze Reihe ihrer Eingenschaften auf, die dafür verantwortlich waren. „Schön, klug, gewitzt, patent, versöhnlich, geduldig, lebensnah- und froh“ sei Schwester Mafaldis gewesen. Jene Großtante, die als Clemensschwester lange Zeit im Mutterhaus in Münster lebte, bevor sie im Vinzenz-Hospital in Duisburg und später in Maria-Ludwig-Stift in Dülmen tätig war. Für Hape Kerkeling aber blieb sie immer „Tante Lisbeth“ – die Schwester seiner Großmutter, die ihn an einigen Punkten seiner tragischen Kinder- und Jugendzeit beeindruckte und ihm half.

Im Film, der Ende Dezember in die Kinos kommt, bekommt deshalb auch sie eine Rolle. Keine Hauptrolle, aber schon eine wichtige. So wichtig wie sie sie in seinem Leben spielte. Kerkeling erlebte als Grundschulkind schwere Erkrankungen seiner Mutter, ihre Depressionen und ihre Selbsttötung. Seinen anschließenden Weg zum gefeierten Komiker, Moderator und Autor beschreibt er in die Tiefe gehend, aber auch humorvoll in seiner Biografie. Die wurde zur Vorlage für das Drehbuch des jetzigen Films. Und so hat die Ordensfrau auch im Film ihren Platz, etwa beim Federballspiel mit dem kleinen Hape oder bei seinen kindlichen Shows in der heimatlichen Küche.

 

Sein Wunsch: Sie einmal ohne Haube sehen

 

Da gab es zum Beispiel jene Zeit, in der sich Tante Lisbeth um Kerkeling und seinen älteren Bruder in Recklinghausen kümmerte, wo die Familie lebte. Die kranke Mutter konnte damals den Alltag nicht mehr bewältigen. „Die ausgeglichene und patente Ordensfrau“ übernahm für einige Zeit „auf äußerst angenehme Weise das häusliche Regiment“, schreibt Kerkeling. Dank ihrer Hilfe sei er in jener traurigen Zeit endlich mal wieder in der Lage gewesen, befreit zu lachen. Was auch an ihren zahlreichen Anekdoten gelegen habe, die sie von ihren Pilgerreisen mitgebracht hatte.

Hape Kerkeling
Kerkeling wurde 2015 mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet. | Foto: Reuters

Es gibt einige Episoden, in der in Kerkelings Buch die besondere Beziehung zur Ordensschwester deutlich werden. Etwa im Gespräch über den Glaubenshintergrund seiner „wirklich feinen und spirituell aufgeräumten“ Tante. Bei der Beerdigung seiner Mutter, als die Ordensfrau ihn beiseite nahm und ihm Mut zusprach. Oder bei der heimlichen Erfüllung seines kindlichen Wunsches, sie einmal ohne Haube sehen zu dürfen. „Du siehst toll aus“, sagte er damals.

 

Sie war aufrecht und nie bollerig

 

Die Ausstrahlung von Schwester Mafaldis wirkte auch auf andere. „Liebevoll, ruhig und korrekt.“ So wird sie im Nachruf ihrer Mitschwestern im August 2005 beschrieben. 93 Jahre war sie alt geworden. Viele können sich heute noch an sie erinnern, haben sie noch persönlich kennengelernt.  Als 21-Jährige begegnete Schwester Charlotte ihr das erste Mal, das war 1969. „Eine aufrechte Person – deutlich, aber nie bollerig.“ Schwester Mafaldis war damals medizinisch-technische Assistentin in der Röntgenabteilung der Rafaelsklinik in Münster. „Film und Fotografie interessierte sie auch in ihrer Freizeit.“

Und so war sie auch zur Stelle, als die später selig gesprochen Schwester Euthymia nach deren Tod in die Kapelle des Mutterhauses überführt wurde. Schwester Charlotte erinnert sich an diese Anekdote: „Schwester Mafaldis sah die lange Prozession und wusste sofort, dass dort etwas Besonderes passierte – sie wollte unbedingt ein Foto machen.“ Sie schloss sich kurzerhand mit einer Leiter in der engen Hauskapelle ein und lichtete die dort aufgebahrte Schwester Euthymia ab. „Das ist das Schwarzweiß-Bild, das wir heute alle kennen.“

 

Im Kloster gab es Kerkeling-Fans

 

Im Kloster wussten alle von dem besonderen Großneffen ihrer Mitschwester, sagt Schwester Charlotte. „Viele waren Fans von seinen Sendungen – ich auch.“ An seine Moderation der Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest in den 1990er Jahren kann sie sich gut erinnern. Damals sprach sie seine Großtante einmal darauf an. „Jaja, der Hans-Peter“, habe sie geantwortet. „Das ist ein ganz besonderer und lieber Junge.“

Schwester Mafaldis
Schwester Mafaldis wurd 1911 in Recklinghausen geboren. | Foto: privat

Kerkeling hielt all die Jahre den Kontakt zu Schwester Mafaldis. Auch mit seinem Lebensgefährten habe sie sich gut verstanden. Bei einer Gala zum 40. Geburtstag des Medienstars war sie eingeladen. „In einem Film beglückwünschten ihn damals seine Weggefährten“, erinnert sich Schwester Charlotte. Die Wünsche seiner Großtante wurden in einem extra hergerichteten Zimmer im Maria-Ludwig-Stift in Dülmen gedreht. „Ein Riesenaufwand mit Umbau, Technik und vielen Leuten.“ Gesendet wurde schließlich ein kurzer Gruß für Kerkeling. „Natürlich wünschte sie ihm auch Gottes Segen.“

 

Sie blieb seine Favoritin

 

Das Buch haben viele Clemens-Schwestern mittlerweile gelesen. Sie sind sich einig, dass die Berichte über ihre Mitschwestern darin authentisch sind. „Da ist nichts erfunden“, sagt Schwester Charlotte. „Da erkennst du sie wieder.“ Im Film wird das ähnlich sein. Schwester Mafaldis wird dort wieder zu Tante Lisbeth. Jener Ordensfrau, die der kleine Hape am Kaffeetisch seiner Erstkommunionfeier bewusst neben sich platzierte. „Lisbeths gotterfüllte Herzlichkeit soll mich durch den Festtag begleiten“, schreibt er. „Sie ist nun mal meine Favoritin, mit ihr kann ich mich vernünftig unterhalten.“

Hape Kerkeling wurde 1964 in Recklinghausen geboren. Einschneidendes Erlebnis in seiner Kindheit war der Suizid seiner Mutter 1973. Mit 17 Jahren begann er seine Fernsehkarriere als Komiker und Moderator, in der er mehrfach ausgezeichnet wurde, unter anderem mit dem Bambi, der goldenen Kamera und dem Grimme-Preis. Bekannt wurde er zudem als Autor des Buchs „Ich bin dann mal weg“ und für seine Biografie „Der Junge muss an die frische Luft“. Dies diente als Vorlage für den Film, der am 25. Dezember in die Kinos kommt.

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